Unsere Großpilze im Wandel der Jahreszeiten
Der Vorfrühling
(Ende März – Anfang Mai)
Dieser Zeitabschnitt ist ein ganz besonderer im laufe eines Pilzjahres, denn die charakteristischen, aspektbestimmenden Arten treten nur jetzt auf und im weiteren Verlauf des Jahres sind sie nicht mehr anzutreffen.
Wenn die Buschwindröschen (Anemonen) ihre Blütenteppiche im noch lichtdurchfluteten Wald ausbreiten, ist in ihrer Nähe nicht selten ein kleiner, schüsselförmiger Pilz zu finden, der an ihnen schmarotzt: der Anemonenbecherling (Sclerotinia tuberosa). Im Laubwald gibt es essbare Frühlingsmürblinge (Psathyrella spadiceogrisea), im Nadelwald giftige Frühlingsrötlinge (Entoloma vernum).
Die wichtigsten Pilze sind aber die mehr oder weniger giftigen Frühjahrslorcheln (Gyromitra esculenta), mit ihren kaffeebraunen, hirnartig gewundenen Hüten, die mitunter in größeren Megen in sandigen Nadelwäldern wachsen, sowie die wertvollen, in Form und Farbe sehr veränderlichen Morcheln. Sie treten gleich in mehreren Arten auf und haben im Gegensatz zu den Lorcheln bienenwabenartig strukturierte Hüte. Diese können rundlich, oval oder auch spitzkegelg sein. Sie sind echte Delikatessen und erzielen oft einen hohen Marktwert. Die wertvollste unter ihnen, die Speisemorchel (Morchella esculenta), hat ihren Wachstumsschub genau zu der Zeit, wenn der Löwenzahn mit seinen leuchtend gelben Blüten unsere Wiesen verzaubert.
Weitere, typische Pilzarten für diesen Aspekt sind:
Lärchentrichterling (Clitocybe rhizophora) – kleinere, ziemlich seltene Blätterpilze, die meist bei Lärchen zu finden sind. Essbar
Schildförmige Scheiben – Lorchel (Discina perlata) – ziemlich große, essbare, becherlingsähnliche Pilze auf bemoostem Nadelholz, besonders Fichte.
Morchelbecherling (Disciotes venosa) – große, sehr wohlschmeckende Becherlinge mit Chlorgeruch, auf guter Erde in Gärten und an Morchelstellen.
Schwarzweiße Becherlorchel (Paxina leucomelaena) – schwarzweiß oder graubraun gefärbte, pokalförmige Becherlinge unter Kiefern auf grobsandigen Böden. Mitunter Massenpilz. Nicht empfehlenswert.
Frühlings – Weichritterling (Melanoleuca cognata) – stattliche, congnacfarbene Blätterpilze die meist im Nadelwald zu finden sind. Gilt als guter Speisepilz. Er kann auch im Herbst wachsen!
Bei entsprechender Witterung können an klimatisch begünstigten Standorten schon Pilze auftauchen, die im allgemeinen erst später im Jahr zu erwarten wären: Zweisporiger Champignon (Agaricus bisporus), Tonfalber Schüppling (Pholiota lenta) – eigentlich ein typischer Herbstpilz!, genauso wie Fleischbrauner Rötelritterling (Lepista sordida) und Violetter Rötelritterling (Lepista nuda). In Kieferwäldern können vereinzelt schon Graue Erdritterlinge (Tricholoma terreum) und sogar Butterpilze (Suillus luteus) auftreten. Gute Ernten liefert manchmal auch schon das Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabilis). Ab Ende April deutet sich dann allmählich schon mit ersten Frühlings – Ackerlingen (Agrocybe praecox), Maipilzen (Calocybe gambosa) sowie Schuppigen Porlingen (Polyporus squamosus) und Schwefelporlingen (Laetiporus sulphureus) der nächste Aspekt an.