Wetter und Pilze im Raum Nordwestmecklenburg
Tagebuch Wetter/Pilze im Oktober 2021
Freitag, 01. Oktober – Um 14.00 Uhr öffnete sich die Pforte unserer diesjährigen Großpilzausstellung im Mykologischen Informationszentrum Steinpilz – Wismar, in der ABC Straße 21. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich 157 Arten in der Auslage. Bis heute Abend stieg die Zahl der ausgestellten Pilzarten auf 201. Weitere werden am Wochenende hinzu kommen. Die Ausstellung ist morgen und am Sonntag zwischen 10.00 und 18.00 Uhr zu besichtigen. Am Montag noch von 09.00 – 12.00 und 14.00 – 18.00 Uhr. Dazu wird es morgen und am Sonntag unseren traditionellen Imbiss geben. Die fleißigen Vereinsfreundinnen und Freunde waren heute unter Anleitung von Irena bereits schwer am Wirken, um für das leibliche Wohl unserer möglichen Gäste zu sorgen. Neben herzhafter Pilzpfanne (Hallimasch, Körnchen – Röhrlinge, Maipilze) gibt es auch wieder frische Waffeln und manches mehr.
Hoffen wir, dass das Wetter durchhält. Auf jeden Fall wird es wieder wärmer und trotz bedecktem Himmel kann es am Sonntag teils über 20 Grad warm werden. Der Regen soll sich zwar in Grenzen halten, aber der Wind könnte am Sonntag kräftig auffrischen. Witterungsunabhängig ist jedoch die Pilzausstellung im inneren. Sie wird von mir ständig weiter entwickelt und auch frisch gehalten, in dem ich die Exponate zwischendurch mit einen Pflanzenbesprüher vor dem vertrocknen bewahre. Anders die Pilzschauen, die unter freiem Himmel abgehalten werden. Beispielsweise im Botanischen Garten in Rostock am vergangenen Wochenende. Da wird es am letzten Tag schon schwierig, die Pilze in aller Frische zu zeigen. Sonne und Wind setzen ihnen doch deutlich zu.
Sonnabend, 02. Oktober – 2. Tag der 28. Großpilzausstellung in der Hansestadt Wismar. Heute mit einem umfangreichen Speisenangebot. Es gab unsere herzhafte Pilzpfanne oder auch Schwefelporlings – Frikassee. Das Hühner – Frikassee für Vegetarier. Frische Waffeln, Pflaumenkuchen wie von Muttern und vieles mehr. Der Andrang war groß, viel größer als der zur Besichtigung unserer Ausstellung. Die Corona – Krise lässt grüßen, da sich jeder Besucher mit Namen und Anschrift registrieren lassen muss oder aber die sogenannte Luca – App nutzen kann. Diese hat unser Vereinsmitglied Christian heute extra für den Steinpilz – Wismar installiert. Wie dem auch sei, morgen geht es in die 3. Runde. Nochmals gibt es unser Imbiss – Angebot und in unserer Ausstellung sind inzwischen 265 Großpilzarten aus heimischer Natur für 2 € zu besichtigen. Unter anderem auch die exotischen Tintenfischpilze. Jedenfalls in Form von Hexeneiern, die morgen hoffentlich auch ihre etwas gewöhnungsbedürftige Schönheit entfalten werden. Auch der seltene Satans – Röhrling ist mit dabei. An dieser Stelle allen aktiven Helferinnen und Helfer, ob Vereinsmitglied oder nicht, ganz herzlichen Dank. Es war unglaublich, was ihr heute auf die Beine gestellt habt! Insbesondere auch Irena mit ihren tollen Ideen und ihrem umsichtigen und praktischen Fleiß.
Sonntag, 03. Oktober (Tag der deutschen Einheit) – Sonn- und Feiertag steht heute auf dem Kalender. Wir haben uns weder in sonntäglicher Gemütlichkeit gesonnt, noch haben wir Zeit zum Feiern gehabt. Arbeiten war angesagt, und zwar volles Programm! Die 28. Großpilzausstellung ging in die dritte Runde. Wieder gab es ein umfangreiches Imbissangebot und auch die Frischpilzausstellung konnte weiterhin in Augenschein genommen werden. Ich hatte noch Pilze im Kühlschrank und tauschte weniger schöne Exemplare gegen frischere aus. Auch kamen weitere Arten hinzu, so dass wir schließlich auf eine Gesamtzahl von 285 gezeigten Großpilzen aus heimischer Feld, Wald und Flur kamen. Ein Ergebnis, dass sich durchaus sehen lassen kann. Da sage noch einer, derzeit wachsen kaum Pilze!
Natürlich wurde auch wieder die Pilzberatung in Anspruch genommen. Hier werden mir zunehmend junge, frische Maronen – Röhrlinge und Derbe Rotfüßchen vorgelegt.
Montag, 04. Oktober – Letzter Tag der diesjährigen Großpilzschau in der Hansestadt Wismar. Heute ohne Imbissangebot. Trotz dem war die Ausstellung recht gut besucht. Immer wieder sind die Menschen beeindruckt, welche Fülle an verschiedenen Pilzarten in unseren Wäldern wachsen. Natürlich sind die Exponate hier komprimiert und aus unterschiedlichen Wäldern und anderen Lebensräumen zusammen getragen. Aber auch die 285 verschiedenen Arten stellen nur einen Bruchteil der einheimischen Pilzflora dar.
Am Abend räumte ich die Ausstellung schweren Herzens ab und die Pilze landeten in der Bio – Tonne. Ein weiteres mal haben wir unseren Höhepunkt des Pilzjahres hinter uns gebracht. Wir haben einigen Menschen die Wunderwelt der Großpilze etwas näher gebracht und sicher auch einen bleibenden Eindruck bei vielen hinterlassen.
Dienstag, 05. Oktober – Nach turbulenten Tagen im Zuge unserer Großpilzausstellung kehrt allmählich wieder Normalität ein. So war bei mir, wie jeden ersten Dienstag im Monat, am Vormittag Haushaltstag angesagt, danach privater Einkauf und schließlich öffnete ich am Nachmittag wieder das Info – Zentrum. Heute blieb es ruhig und nur wenige Besucher fanden den Weg durch die Tür. Bis auf die ständige Ausstellung, waren die Moosflächen verweist. Schön grün, aber ohne die bunte Vielfalt von fast 300 Frischpilzarten. In den nächsten Tagen wird ein Teil wieder zurück gebaut, insbesondere die große Mittelfläche. Eine reduzierte Frischpilzschau wird es aber weiterhin geben. Mal sehen, was mich morgen im 3. Quadranten des Messtischblattes Schwerin – Süd erwartet. Ich bin schon gespannt, nach einer Woche Waldabstinenz.
Heute war es komplett verregnet. Ein richtiger und flächendeckender Landregen. Mit 13 Litern bis 18.00 Uhr in meinem Messbecher zwar nicht die ganz große Menge, aber zu der fortgeschrittenen Jahreszeit ein durchaus gutes Ergebnis. Das sollte die Initialzündung für den Spätherbst – Aspekt sein. Dieser wird auch größtenteils von Streubewohnern gebildet und diese Streu wurde nun wirklich gut gewässert. Natürlich dürfte auch Hallimasch und Co. davon profitieren, auch wenn diese nicht unbedingt auf stärkere Regenfälle angewiesen sind. Und auch die mittelfristige Witterung stellt sich wohl immer mehr auf Vollherbst um. In den nächsten Tagen soll es weitgehend trocken bleiben und immer sonniger werden. Vorübergehend stellt sich ruhiges und angenehmes Herbstwetter ein. Der Wind soll fast vollständig einschlafen und in klaren Nächten kann die Temperatur ordentlich in den Keller rauschen. Die ersten Bodenfröste könnten sich zumindest im tieferen Binnenland einstellen. Das dürfte den Spätherbstaspekt zusätzlich begünstigen und so beliebte Arten wie Frostschnecklinge aus der Reserve locken. In der nächsten Woche könnte die Strömung auf Nord drehen und ungemütlich kaltes Schauerwetter bringen. Ja, der Sommer ist vorbei und es wird immer herbstlicher!
Mittwoch, 06. Oktober – Der Regen hat sich verzogen und heute herrschte bestes Exkursionswetter. So brach ich zu meiner obligatorischen Mittwochsexkursion auf. Ziel war der dritte Quadrant des Messtischblattes 2434 = Schwerin – Süd. Sandige Waldflächen östlich Holthusen und nördlich von Sülstorf. Ich fuhr wieder, wie bereits vor wenigen Jahren, als dieses Revier schon einmal Mittwochs an der Reihe war, bis zur Ortschaft Boldela. Auch hier weisen viele Warnschilder auf Munitionsverseuchtes Gelände hin und das Betreten geschieht auf eigene Gefahr. Diesen Umstand in Betracht ziehend, verblieb ich größtenteils auf den Waldwegen. Wirklich viel zur tatsächlichen Belastung der Wälder und Brachflächen um das ehemalige Armee – Objekt Stern – Buchholz ist auf die Schnelle im Netzt nicht zu erfahren. Nur soviel, dass hier möglicherweise die Rote Armee auch Giftgasgranaten „entsorgt“ haben soll. Wie dem auch sei, ich bin nicht in die Luft geflogen und auch der Vergasung entkommen.
Mehr als 3 Stunden zog ich hier meine Kreise, immer auf den Wegen verbleibend. Überwiegend Fichten und Kiefernforst. Klassisches Revier für Sonntagssammler. Diese hätten heute aber zu tun gehabt, überhaupt eine Mahlzeit zusammen zu bekommen. Von den Klassikern waren alleine nur Butterpilze in nennenswerter Individuenzahl vertreten. Wenn die Schnecken nicht schneller waren, auch in meist guter, junger Qualität. Auch der eine oder andere Birkenpilz war dabei. Weitere Röhrlinge waren kaum vertreten. Es reichte gerade mal um die Marone, den Steinpilz, den Pfeffer – Röhrling und die Ziegenlippe zu notieren. Schließlich war ich ja zur Bestandsaufnahme (Kartierung) hier. Überhaupt ließ das allgemeine Frischpilzaufkommen sehr zu Wünschen übrig. Für Anfang Oktober fast schon beschämend!
Auf der Heimfahrt machte ich einen kleinen Umweg über Jülchendorf/Schönlage. Auch hier sah es recht traurig aus, so dass ich kleine Kiefernzapfen zum Adventsbasteln einsammelte.
Donnerstag, der 07. Oktober – Am kommenden Montag , dem 11. Oktober 2021, ist Anmeldeschluss zu unserem diesjährigen Herbstseminar in der Internationalen Freizeit- und Bildungsstätte lüttpütt bei Parchim. Hier habe ich einen gemütlichen Seminarraum für max. 15 Personen und mit integrierter Küche für uns angemietet. Das Objekt liegt inmitten eines umfangreichen Waldgebietes, in das auch die Pfifferlingstannen und das Wockertal eingebunden sind. Auch gibt es bei Kiekindemark den ältesten, imposantesten und massenreichsten Douglasien – Bestand Mitteleuropas. Bis knapp 60 Meter reichen die höchsten Baumriesen in den Himmel und sind somit höher als die Parchimer Kirchturmspitzen. Noch sind Plätze frei. Wer also Lust zu einem pilzigen Wochenende im Herzen Mecklenburgs hat, sollte sich schnell noch anmelden. Siehe unter „Termine“.
Das Wetter war heute in Mecklenburg traumhaft schön. Das war nicht überall der Fall, aber am freundlichsten war es größtenteils nordöstlich der Elbe. Kein Wunder, war es doch in früheren Zeiten ein Feiertag in der ehemaligen DDR. Da hätten sich die Genossen vor Freude die Hände gerieben, bei solch strahlendem Sonnenwetter. Morgen dürfte es wohl trüber werden. Hochnebelartige Bewölkung soll sich zäher halten können. Aber am Wochenende steht wieder eitel Sonnenschein auf dem Programm. Danach wird es wechselhafter und von Norden her auch frischer, mit gelegentlichem Regen oder Schauern. Tagsüber wird es spürbar abkühlen, aber die Nächte werden wieder milder. Zuvor müssen wir weiterhin mit Bodenfrösten rechnen. Diese dürften aber kaum dramatische Auswirkungen auf unser herbstliches, ja zunehmend spätherbstliches Pilzaufkommen haben. Sie werden eher positive Effekte für einige kälteliebende Arten haben. Die Zeit der wärmeliebenden Sommerpilze ist ohnehin abgelaufen.
Pilzfreund Phillip berichtete mir heute von seiner Stippvisite im Radebachtal. Er war ganz verwundert, dass ich gestern von eher bescheidenen Verhältnissen im Wald bei Boldela berichtete. Dieses konnte er für das Radebachtal nicht bestätigen. Dort geht ganz ordentlich die Post ab. Wohlgemerkt, was die Artenvielfalt und nicht die dicken Steinpilze betrifft! Aber auch diesbezüglich, allerdings keine Steinpilze, sondern Maronen – Röhrlinge, hatte Phillipp die Tage auch reichlich. Einen ganzen, ansehnlichen Korb voller junger und fester Maronen in allerbester Qualität!
Freitag, 08. Oktober – Von obigen Rötelritterlingen hatte ich gestern noch einen Hut zum Sporenabwurf auf ein Blatt weißes Papier gelegt und ein Schälchen darüber gestülpt. Wie vermutet hellrosa Sporenpulver, aber nicht so intensiv pinkrosa, wie beispielsweise in einer Beschreibung von Kriegelsteiner erwähnt.
Heute habe ich kurz in den Pilzticker geschaut, um mir einen flüchtigen Überblick über die Situation in den anderen Bundesländern zu verschaffen. Es scheint in den letzten Wochen, ähnlich wie auch bei uns, nicht sehr viel an der Frischpilzfront los gewesen zu sein. Aber dennoch waren einige Pilzsucher erfolgreich. Herbsttrompeten, Pfifferlinge, Hallimasch und stellenweise, besonders in den letzten Tagen auch wieder zahlreiche und junge Maronen – Röhrlinge. Natürlich auch immer mal wieder den einen oder anderen Steinpilz. Die Saison schaukelt sich jetzt wohl noch ein letztes mal etwas höher.
Unterdessen erreichte mich ein Lebenszeichen unseres Pilzfreundes Christopher Engelhardt. Seit genau einem Monat Tourt er mit Lebensgefährtin Andrea durch den hohen Norden (Schweden/Lappland). Chris schreibt: „Die Wälder stehen hier teilweise so rappelvoll mit Pilzen, so etwas habe ich bei uns noch nicht gesehen.“ – Ja, dass muss für uns ein Paradies sein. Oft noch unberührte Weiten und endlose Wälder. Aber wer soll schon so viele Pilze verspeisen. Hier dürfen auch so beliebte Arten wie Rotkappen, Pfifferlinge oder Steinpilze oft ungestört ihrer natürlichen Aufgabe nachkommen, ohne das sogleich der nächste Pilzfreund mit gewetztem Messer vor ihnen steht. Ich kenne derartiges aus Norwegen. Einfach Traumhaft. Wir sollten vielleicht in Zukunft unsere Herbstseminare nach Skandinavien verlegen? Wäre das nicht eine tolle Idee? Eine Woche in einer Gemeinschaftshütte oder Unterkunft in mitten von nahezu unberührter Natur in den Wäldern Baden und in Pilzen Schwimmen? Man darf ja wohl noch Träumen! Aber warum nicht! Falls sich einige Mittstreiter finden würden, könnte man derartiges tatsächlich auch mal in Angriff nehmen.
Sonnabend, 09. Oktober – Ein wunderbar goldener Sonnenaufgang leitete heute morgen einen traumhaft schönen Herbsttag ein. Kaum ein Wölkchen trübte den blauen Himmel und auch der Wind spielte keine große Rolle. Allerdings kühlte es in der trockenen Kontinentalluft unter wolkenlosem Himmel in der Nacht stark aus und stellenweise dürfte geringer Bodenfrost in ungünstigen Lagen aufgetreten sein. Ähnliches wird sich in der kommenden Nacht wiederholen. Die fröstelnden Bodentemperaturen könnten die ersten Frostschnecklinge zu ihrem Saisonstart aus dem Sandboden unter Kiefern hervor Kitzeln. Ansonsten spielen die recht kalten Nächte kaum eine Rolle. Die noch grünen und damit dicht belaubten Laubwälder, insbesondere die Buchenstandorte, schirmen gut ab.
Ab Montag stellt sich die Wetterlage um. Die Anströmung dreht auf Nord und führt kalte und feuchte Polarluft heran. Da auch Höhenkaltluft mit dabei ist, kann sich über dem warmen Wasser von Nord- und Ostsee kräftige Konvektion aufbauen und für Aprilwetter mit Schauern und Gewittern sorgen. Die Nächte werden wieder milder und die geringe Frostgefahr ist zunächst gebannt. Der 14 – tägige Lauf für Mittelfristprognosen des amerikanischen GFS – Modells rechnet im Verlauf wieder mit zunehmendem Hochdruckeinfluss. Gleichzeitig sollen die atlantischen Tiefdruckgebiete stärker werden und das Hoch über den britischen Inseln, das im Zusammenspiel mit einem Skandinavien – Tief für die Nord – Anströmung zuständig ist, verdrängen. Gleichzeitig kann tiefer Luftdruck über dem Ostatlantik weit nach Süden Austrogen und damit würde der Weg frei für deutlich wärmere Luftmassen subtropischen Ursprungs. Derartiges wird schon seit Tagen immer wieder angedeutet und wollen wir hoffen, dass es auch tatsächlich in diese Richtung geht.
Bei dem traumhaft schönen Wetter führte heute eine öffentliche Lehrwanderung in Richtung Dobbertiner Seenlandschaft, zwischen dem Mildenitztal und den Belower Tannen. Weitläufige Wälder und Forste auf meist sandigen Böden. Ein Paradies für Kochtopfmykologen und Sonntagssammler. Nun, heute war zwar erst Sonnabend, aber die 17 Teilnehmer der heutigen Wanderung konnten ganz zufrieden sein. Neben Klassikern wie Maronen – Röhrlingen, Pfifferlingen oder wenigen Steinpilzen wurde uns doch ein recht ordentliches Frischpilzaufkommen geboten. Der Lehreffekt einer solchen Veranstaltung konnte voll und ganz erfüllt werden und teils füllten sich die Körbe zumindest ansatzweise mit allerlei Köstlichkeiten. Neben erwähnten Klassikern waren Violette Lacktrichterlinge, Riesenschirmpilze, Perlpilze, Scheidenstreiflinge, Eselsohren, einige Täublinge und Milchlinge sowie einiges mehr dabei.
Sonntag, 10. Oktober – Heute hatte ich unsere diesjährige Hundewanderung mit der DOGS – Hundeschule Martin Rütter Schwerin, bei Weberin, in der Planung. Die Veranstaltung wurde allerdings mangels Interesse kurzfristig abgesagt. So hatte ich heute sozusagen unverhofft frei. Das Wetter war bestens und ich überlegte, wo ich auf die Pirsch gehen könnte. Da fiel mir das Sophienholz ein. Vor etwa einem Jahr im Oktober ging hier richtig die Post ab, bezüglich der Artenvielfalt. Auch gab es damals viele Hallimasch und Stockschwämmchen korbfüllend zu Ernten. Das es heute sicher etwas bescheidener zugehen dürfte, war mir vorher bereits klar. Kein Vergleich zum letzten Jahr. Die Vielfalt war deutlich zurückhaltender, aber ich konnte zumindest einige Speisepilze für den Dörrautomaten mitnehmen. Das waren Trompeten – Pfifferlinge und wunderbar frische Stockschwämmchen.
Als 2. Revier hatte ich die grobsandigen Kiefern/Fichten/Zitterpappelgebiete um Perniek im Hinterkopf. Mich interessierte hier besonders das märchenhafte Fichten – Areal, das mich im letzten Herbst voll auf begeisterte. Hier tobte auch heute der Bär! Unter und zwischen den teils locker stehenden Fichteninseln tummelten sich unzählige Fruchtkörper aus verschiedenen Gattungen. Insbesondere Fichten – Reizker und die tollen Marzipan – Schnecklinge bedeckten den Waldboden zu tausenden.
Es ist schon sehr lange her, dass ich solche Massen von Fichten – Reizkern sah. Das war in den 1980er Jahren in einer Fichtenschonung bei Wendorf/Weberin. Damals gab es einen heftigen Schub von Fichten – Steinpilzen und ich schaute mich gezielt in verschiedenen Wäldern nach Steinpilzträchtigen Schonungen im entsprechenden Alter um. So machte ich auch hier eine Stippvisite, konnte aber nicht die Spur eines Steinpilzes finden. Dafür Fichtenreizker in schier unglaublichen Mengen. In der Tat hätte man hier mit der Sichel durchgehen können und den Gemüsestand eines Supermarktes beliefern. Die Fichtenschonung stand auf Kalkboden und das ist nichts für den saure Böden bevorzugenden Steinpilz. Damals hatte ich in der Wendorfer Fichtenschonung eine etwa 20 köpfige, individuelle Wanderung mit Mitarbeitern eines Ärztehauses am alten Hafen in Wismar. Hier praktiziert jetzt mein Zahnarzt. Damals war auch eine ältere Dame mit dabei, die aus Thüringen stammte und derartiges nur aus ihrer Heimat kannte. Alle sammelten so viel sie essen und verarbeiten konnten. Man glaubt es kaum, aber wir hatten die Massen von Reizkern nur etwas ausgedünnt. Das Waldstück stand auch nach unserem Besuch noch rappelvoll.
Nun, ganz so schlimm war es heute bei weitem nicht, aber es war schon beeindruckend. Überhaupt hat hier wieder ein massives Pilzwachstum eingesetzt. Immer wieder Halbkreise und Ringe von Fälblingen, Feinschuppigen- oder Weißbraunen Ritterlingen. Viele Rißpilze, Stäublinge, Lorcheln und vieles mehr. In den Kiefern gab es natürlich auch die wertvolleren Edel – Reizker. Ich füllte meinen großen Weidenkorb also bis an seine Kapazitätsgrenze mit edlen Reizkern. Die werden getrocknet und zu Pilzwürzpulver verarbeitete.
Noch kurz zum Wetter. Gestern deutete der mittelfriste, 14 tägige Lauf des amerikanischen GFS – Models eventuell im weiteren Verlauf sehr milde, subtropische Luftmassen an. Heute ist das Gegenteil der Fall. Übernächste Woche fast frühwinterlich kalte Luft mit Nachtfrösten! Es ist also noch alles offen.
Montag, 11. Oktober – In der Pilzberatung herrscht ungewöhnliche Ruhe für diese Jahreszeit. Der Wald steht nicht dicht an dicht mit Rotfüßchen, Maronen, Steinpilzen oder Hallimasch voll. Viele der Sonntagssammler haben auch den Hauptschub einfach verpasst, da auf dem Kalender noch nicht Mitte oder Ende September stand. Und nun denken viele, es wäre für Speisepilze einfach schon zu kalt. Wer regelmäßiger Leser dieses Tagebuches ist, sollte im Bilde gewesen sein und dem entsprechend auch nichts versäumt haben. Wer nun nicht mehr geht, versäumt natürlich auch weiterhin einiges. Siehe das Ergebnis von gestern. Natürlich ist ein wenig Fachwissen von Nöten. Aber auch wer nur Röhrlinge sammelt, kann weiterhin fündig werden. Man muss nur ein wenig mehr Zeit ans Bein binden und die gehörige Portion Glück gebucht haben.
Was allerdings allmählich Auffällt ist, dass sich die Stubbenpilze und einige Streubewohner immer noch ziemlich zurück halten. Stockschwämmchen sind ja ganzjährig zu finden und haben bereits mehrere Wachstumsschübe hinter sich. Ein weiterer scheint gerade in Gange zu kommen. Aber was macht der Hallimasch in diesem Jahr? Er spannt uns allmählich doch ganz schön auf die Folter. Zwar ist er seit Wochen aktiv, aber so richtig in Gange kommt er nicht. Wir dürfen gespannt sein, was er in diesem Herbst noch vor hat. Vielleicht herrscht gerade die Ruhe vor dem Sturm oder er hat beschlossen, es ausnahmsweise mal etwas ruhiger angehen zu lassen. Ich kann mich besonders an ein Jahr in meiner Jugend erinnern, da startete er erst gegen Ende November durch. Etwas öfter war aber auch zu beobachten, dass er erst ab Ende Oktober bis weit in den November seinen großen Auftritt erlebte. Wie dem auch sei, die Saison dürfte noch ein Weilchen gehen und somit haben wir durchaus noch Erwartungspotenzial.
Zum Wetter. Heute Nacht zog die angekündigte Kaltfront mit etwas Regen durch. Danach wurde es rasch wieder freundlicher. Am Nachmittag erreichte uns allerdings ein erster Schwall Höhenkaltluft, was zu örtlichen Schauern führte. Der Zustrom dieser labilen Kaltluft verstärkt sich in den nächsten Tagen noch und Schauer werden verbreiteter auftreten. Allerdings könnte ein recht schmaler Streifen von der Föhnwirkung des Norwegischen Gebirges profitieren. Wolkenauflösung und somit recht freundliches, teils sonniges Wetter wäre die Folge. Am ehesten würde dieses Ostholstein und Mecklenburg betreffen.
Dienstag, 12. Oktober – Heute war ich gegen 08.00 Uhr mit Schülern verabredet. Seit vielen Jahren fahre ich deshalb in die Ortschaft Steinhausen – Neuburg, unweit der Hansestadt Wismar. Die jeweils 4. Klassen der Schule am Rietberg behandeln das Thema Pilze im Unterricht und da die Forst Farpen direkt vor der Haustür liegt, bietet sich ein naturnaher Unterricht bestens an. Heute war es wieder soweit. Mit 15 Schulkindern und ihrer sehr netten Lehrerin ging es nach kurzer Begrüßung zu einer knapp 3 stündigen Wanderung in den Wald. Wie immer waren die Kinder in diesem Alter noch voll begeistert und freuten sich über jeden noch so kleinen oder großen Hutträger. Nirgends höre ich meinen Namen häufiger und am besten hätte ich mich in 15 Teile teilen müssen, um jedem Kind bei seinen Entdeckungen sogleich zur Seite stehen zu können. Und hier spielt es keine große Rolle ob es ein dicker Steinpilz ist oder ein winzig kleines Mäuseschwänzchen. Da kann sich so mancher Erwachsener eine Scheibe abschneiden.
Und natürlich darf und soll auch jeder Pilz angefasst und begutachtet werden. Immer wieder höre ich von besorgten Eltern, keinen unbekannten Pilz anzufassen und geschweige denn, ohne die Hände gewaschen zu haben, eine Frühstücksstulle in die Hand zu nehmen und zum Munde zu führen. Kein Pilz ist so giftig, das man ihn nicht gefahrlos anfassen könnte. Ich brauche ja nicht gleich in ihn hinein zu beißen und er würde uns ohnehin nicht beißen. Es ist also sehr wichtig, den Schülern die Berührungsängste zu nehmen, die sie von zu hause möglicherweise mit auf den Weg bekommen haben. Ansonsten war mir auch heute wichtig, den Kindern die große Bedeutung der Pilze im Haushalt der Natur zu vermitteln. Aber ich muss sagen, im Unterricht wurde bereits einiges, was wichtig ist, besprochen. So wurde beispielsweise gewusst, dass Pilze eine Symbiose mit Bäumen eingehen können. Die Schüler lernten einige Müllwerker des Waldes kennen, lernten neben Röhren- und Blätterpilzen auch stäubende Bauchpilze und krause Schlauchpilze kennen.
Vom Wetter her hatten wir wirklich Glück. Am morgen schauerte es noch etwas, aber schnell verzogen sich die dunklen Quellwolken und machten der Sonne platz. Dem Skandinavischen Gebirge sei dank! Die Wolkenfreie Zone wird allerdings auch dafür sorgen, dass es heute Nacht stark auskühlen und besonders in Westmecklenburg sogar leichten Luftfrost geben kann. Die Zeichen haben sich jedoch verdichtet, dass es in der nächsten Woche deutlich milder werden könnte, vielleicht sogar spätsommerlich warm.
Mittwoch, 13. Oktober – Der 4. Quadrant der Topographischen Karte 2434 = Schwerin – Süd stand heute im Rahmen einer weiteren Mittwochsexkursion auf dem Programm. Dazu traf ich mich gegen 10.00 Uhr am Mykologischen Info – Zentrum mit Vereinsmitglied Christian und wir fuhren gemeinsam in seinem PKW in Richtung des Exkursionsgebietes, die Forstreviere in der Nähe von Hasenhäge. Hier erwarteten uns Michael und Timur aus Schwerin und Hamburg. Das Wetter war zwar recht frisch, aber dafür sonnig und schwach windig. Nahezu ideales Exkursionswetter. Das Gebiet gehört im wesentlichen noch zum Einzugsgebiet des ehemaligen Militär – Standortes Stern – Buchholz. Heute warnte uns allerdings keinerlei Beschilderung vor möglicher Gefahr durch eventuelle Kampfmittel, die uns hätten gefährlich werden können. So durften wir mit einem besseren Gefühl die sandigen Nadel- und Birken – Mischwälder, auf der Suche nach allen möglichen, im Feld ansprechbaren Großpilzen, durchstreifen.
Was uns heute geboten wurde, war meist zwar nicht Spektakulär, aber dennoch recht vielseitig und vor allen kurzweilig für meine Begleiter, die etwas lernen und ihren Horizont erweitern wollten. Auch Timur aus Hamburg, der ursprünglich aus der Ukraine stammt, war sehr wissbegierig und interessiert bei der Sache. Der durchschnittliche Kochtopfmykologe hätte durchaus zu tun gehabt, eine zufriedenstellende Mahlzeit zusammen zu bekommen. Am häufigsten gab es noch Maronen – Röhrlinge in allen Qualitäts – Stufen. Aber auch einige schöne Pfifferlinge, mal eine Ziegenlippe, verschiedene Vertreter aus der Gattung der Riesenschirmpilze, Täublinge und Milchlinge waren mit dabei. Insgesamt konnte ich knapp 60 Arten notieren und einige auch fotografieren. Nach etwa dreieinhalb Stunden hatten wir unsere Runde abgeschlossen und unsere Wege trennten sich wieder.
Auf der Rückfahrt statteten Christian und meine Wenigkeit noch zwei Edel – Reizker Stellen einen Besuch ab. Christian kannte diesen delikaten Speisepilz noch nicht und lernte ihn heute ausgiebig kennen. Dabei hatten wir auch die Ehre, dem Pilz des Jahres 2021 in zahlreichen Exemplaren zu begegnen. Christian war begeistert, über diesen wunderschönen Ritterling.
Noch kurz zur Wetterentwicklung: am Nachmittag zogen immer mehr Wolken auf und verdichteten sich. Sie gehören zu einer Warmfront, die im Verlauf etwas Regen brachte. Vor allem aber etwas mildere Luft, so dass wir in der kommenden Nacht weit entfernt von negativen Temperaturen sein werden. Inzwischen scheint auch gesichert zu sein, dass es in der kommenden Woche mit den Temperaturen deutlich bergauf gehen soll.
Donnerstag, 14. Oktober – Am Dienstag Abend erreichte mich eine traurige Nachricht. Die langjährige Bezirks- und Landespilzsachverständige, Frau Dr. Ingeborg Schmidt, ist am vergangenen Wochenende im Alter von 91 Jahren im Kreise ihrer Familie in Stralsund verstorben. Ingeborg Schmidt promovierte zum Thema Marine Pilze, kommt also eher über die wissenschaftliche Schiene zur volkstümlichen Pilzberatung und Aufklärung. Marine Pilze sind offensichtlich ein äußerst interessantes Gebiet der Naturwissenschaften und gelten in der blauen Biotechnologie als besondere Perle. In unseren Weltmeeren soll es mehrere Millionen Arten von „Wasserpilzen“ geben. Sie haben bereits eine große Rolle in der medizinischen Forschung (Arzneimittel) gespielt und werden in Zukunft wohl noch eine größere Bedeutung erlangen. Frau Dr. Schmidt war in der Vorwendezeit die Bezirks – Pilzsachverständige an der Ostsee, also im damaligen Bezirk Rostock. Nach der Wende, als das DDR – System der Pilzberatung- und Aufklärung, wie so vieles im Osten, abgewickelt wurde, setzte sie sich energisch bei den neuen Landesbediensteten für den Erhalt b. z. w. dem Neuaufbau in unserem Bundesland ein. Im Jahre 1994 trugen ihre Bemühungen Früchte und die Pilzberatung ist seit dem wieder als öffentliche Gesundheitsaufgabe in Form von ehrenamtlicher Tätigkeit im Sozialministerium verankert. Übrigens als einziges Bundesland! Sie ist dem Landesgesundheitsamt (LaGus) angegliedert. Zusammen mit Frau Brigitte Schurig bekam sie eine Planstelle als Landespilzsachverständige, die alle Aufgaben und Belange der Pilzberater in unserem Bundesland koordinierten. Für ihre Verdienste erhielt sie aus den Händen unseres früheren Ministerpräsidenten Harald Ringsdorf das Bundesverdienstkreuz. Als der Steinpilz Wismar im Jahre 2003 an den Start ging, besuchte Sie uns wenig später im Rahmen einer unserer Weihnachtsfeiern zusammen mit ihrem Mann. Sehr gerne erinnere ich mich an viele gemeinsame Tagungen und Exkursionen, an die Weiterbildungen zu DDR – Zeiten oder auch nach der Wende. Das es den Steinpilz – Wismar überhaupt geben konnte, ist schließlich auch ihrem Engagement zu danken.
Der Steinpilz – Wismar wird ihr Gedenken in Ehren halten!
Freitag, 15. Oktober – Das war sehr unpraktisch, was das Wetter heute mit uns vor hatte. Es schickte von Nordwesten eine Kaltfront nach Norddeutschland. Dazu gehörig ein kräftiges Regenband, das Mecklenburg am Vormittag überquerte. Genau während der Zeit, als ich zu einer weiteren Pilzwanderung mit Schülern einer 4. Klasse der Schule am Rietberg in Steinhausen – Neuburg unterwegs war. Kaum betraten wir den Wald, öffnete der Himmel seine Schleusen. Kaum hatten wir am späten Vormittag das Schulgebäude erreicht, drehte er seine Duschvorrichtung wieder ab. Das war dann mal Waldbaden pur! Aber nicht der Erholungsaspekt sollte heute im Vordergrund stehen, sondern es war lernen in freier Natur angesagt. Unterricht einmal anders. Macht auch viel mehr Spaß, als nur auf der Schulbank im Klassenzimmer zu sitzen. Und diesen Mehrwert konnte selbst der Regen kaum stören. Die Schüler waren trotz allem mit Begeisterung dabei. „Herr Krakow, was habe ich hier? Ist der essbar oder giftig?, ertönte es fast im Sekundentakt und aus allen Richtungen des Waldes. Viele Pilze durchaus essbar, aber ungenießbare und leicht giftige Arten waren auch immer wieder mit dabei. Am häufigsten landeten Süßliche Milchlinge, Horngraue Rüblinge und Zitronen – Täublinge in den Körben der Kinder. Aber auch die eine oder andere Marone war dabei. Am beeindruckensten waren Pilze mit ganz besonderen Düften. So der Langstielige Knoblauchschwindling, der Gurkenschnitzling, der Mehlpilz oder der Grüne Anis – Trichterling. Ich demonstrierte das Küken einer Stinkmorchel in seinem Hexenei oder die „Puffpilze“ mit ihren Sporenwolken.
Nach dem Mittag breiteten alle Schüler ihre Fundstücke auf den jeweiligen Sitzplätzen vor sich aus und ich erläuterte nochmals die wichtigsten Arten und wies natürlich auch auf die Bedeutung der Pilze im Gefüge der Natur hin. Sehr wichtig, auch schon im jungen Alter darüber nachzudecken und über den Tellerrand hinaus zu blicken.
Noch kurz zur Wetterentwicklung. Am Wochenende beruhigt sich das Wetter unter Zwischenhocheinfluss. Schön im Sinne von sonnig wird es bei uns im Norden allerdings nicht. Tiefausläufer streifen uns immer wieder mit etwas Regen. Sie führen im laufe der kommenden Woche immer mildere Luftmassen heran, so dass es am Mittwoch tatsächlich noch mal zwischen 15 und 20 Grad warm werden könnte. Dann dreht aber der Atlantik so richtig auf und selbst ein ausgewachsener Herbststurm könnte uns blühen. Dabei kann zeitweise auch wieder deutlich kältere Luft herum geholt werden. Je nach dem, wie stark die Tiefs tatsächlich werden können, sind dann selbst im Flachland schon mal erste nasse Schneeflocken möglich.
Sonnabend, 16. Oktober – Heute Mittag wurde der Monat geteilt. Wir haben den halben Oktober hinter uns. Was hat er uns bisher gebracht? Frischpilzwachstum auf Sparflamme. Der Herbstaspekt endet nun endgültig und wir gehen in den Spätherbst. Dieser schleicht sich allmählich immer mehr ein. Nebelkappen sind inzwischen recht zahlreich vertreten Fuchsige Röteltrichterlinge gibt es bereits seit Wochen in Massen. Violette Rötel – Ritterlinge habe ich noch keine gesehen. Hallimasch dümpelt weiterhin lustlos vor sich hin. Röhrlinge werden nun ohnehin seltener und artenärmer. Dadurch, dass es bereits zum Ende des Hochsommers richtig loslegte, durch die immer häufigeren Regenfälle, hat sich Gelassenheit an der Pilzfront breit gemacht.
An diesem Wochenende standen eigentlich die Tage der Pilze in Rehna auf dem Programm. Der Pilzverein Heinrich Sternberg e. V. entschloss sich jedoch wegen der immer noch angespannten Corona – Lage und den damit verbundenen Auflagen diese Veranstaltung ein weiteres mal abzusagen. So habe oder hätte ich dieses Wochenende eigentlich frei. Frei machte ich mich heute tatsächlich von der Anwesenheit im Info – Zentrum. Es gab also nicht die obligatorische Sprechstunde eines jeden Sonnabends zwischen 16.00 und 18.00 Uhr. So konnte ich ohne Zeitdruck zu einer Exkursion in den Wald fahren. Und da ich mir das allgemeine Gedümpel in den meisten Wäldern nicht antun wollte, entschloss ich mich, mich nochmals in ein märchenhaftes Pilzparadies zu begeben. Spezielle Bereiche um den Kiestagebau bei Perniek. Fichten und Kiefern auf grobsandigen Kalkböden.
Was mir hier auch heute wieder geboten wurde, sucht man im allgemeinen vergebens außerhalb der natürlichen Fichtenvorkommen der Bergregionen. Hier bedaure ich zu tiefst, dass ich kein wirklicher Mykologe bin, sondern doch eher nur ein simpler Pilzberater. Aber dennoch versuche ich ein klein wenig von dem zu bestimmen, was hier in unglaublicher Menge und Vielfalt den Waldboden bedeckt. Anders kann man es wirklich nicht ausdrücken. Immer wenn ich mich hinkniete oder oft auch hinlegte, um Bilder für diese Homepage zu machen, entdeckte ich erst, was hier eigentlich abgeht. Es ist wirklich kaum mal ein Zentimeter Waldboden pilzfrei. Vom winzigsten Helmling bis hin zu den üppigen und überall herum stehenden Reizkern, mit denen ich auch heute wieder meinen großen Weidenkorb füllte.
Und natürlich viele, viele andere Arten! Ein echter Mykologe könnte hier von morgens bis abends und Tag täglich neues und interessantes entdecken. Und dabei am besten auf allen Vieren kriechend das Revier erforschend. Kein Wunder, dass mir mitleidige Gedanken an die meisten Pilzsucher kommen, die nur ein Blick für langweilige Butterpilze haben. Unglaublich auch, wie viele Arten sich hier den Lebensraum teilen. Und endlich auch, nach dem ich es bereits seit dem letzten Jahr vermutet habe, zeigte sich heute auch mal der Chef. Der Chef, so heißt der Steinpilz für mich seit meiner Jugend. Eben der Herrenpilz! Rote Fliegenpilze und Pfefferröhrlinge ließen es erwarten. Nun ist dieses Gebiet aber keineswegs ein Revier, um auf Steinpilz – Suche zu gehen. Fichtennadelstreu lässt zwar den Oberboden versauern, aber der Steinpilz wird auf diesem basischen Untergrund immer die Ausnahme bleiben. Es war ein Fest! Ich weilte im Paradies!
Sonntag, 17. Oktober – Heute war ich mit einem Familienverband + Freundeskreis zu einer individuellen Pilzwanderung verabredet. In einem etwas kleineren Rahmen waren wir bereits im letzten Herbst gemeinsam unterwegs. Gegen 11.00 Uhr trafen wir uns auf dem Parkplatz am Luisenhof, an dem der Holmer Wald als unser Zielgebiet grenzt. Da die Pilzinteressierten aus Lübeck anreisten, bietet sich dieses sandige Wald- und Forstrevier auf halber Strecke zwischen unseren beiden Hansestädten bestens an. Nach kurzer Begrüßung und einigen einführenden Worten meinerseits, starteten wir zu einer gut 3 – stündigen Lehrwanderung. Vom Baby bis fast schon Greisenalter (ich) war es heute ein Generationsübergreifendes Unternehmen.
Das es im Holmer Wald an Frischpilzen mangelte kann man wirklich nicht behaupten. Aber wie gut, dass ein Fachmann dabei war, denn etwa 80 % der am Ende in den Körben befindlichen Ausbeute wäre garantiert im Wald geblieben. Die restlichen 20 % setzten sich aus teils wunderbar frischen Maronen – Röhrlingen und wenigen Ziegenlippen und Rotfüßchen zusammen. Der Überwiegende Teil bestand aus Fuchsigen Rötel – Trichterlingen, Horngrauen Rüblingen, Rehbraunen Dachpilzen, verschiedenen, braunen Milchlingen, einigen milden Täublingen und sehr schönen Frost – Raslingen zusammen. Natürlich auch noch einigen anderen Arten, wie beispielsweise junge Flaschen – Stäublinge. Zusammen mit den Klassikern ergab das Ganze am Ende hoffentlich für jede Familie ein herzhaftes Abendbrot unter dem Motto „Aus deutschen Wäldern frisch auf den Tisch“.
Das Wetter zeigte sich jedoch nicht gerade von seiner freundlichsten Seite. Gelegentlich regnete es sogar ein wenig. Regen wird auch in der kommenden Woche fast der tägliche Begleiter sein. Zunächst nur gelegentlich und auch nicht die großen Mengen, aber zum Donnerstag kann es doch kräftiger Schütten. Und nicht nur das, es kann auch sehr windig werden. Selbst ein ausgewachsener Herbststurm ist möglich. Auf der Vorderseite des stürmischen Tiefdruck – Komplexes über dem Atlantik und Skandinavien wird bis Mitte der Woche immer mildere, am Mittwoch sogar warme Luft ins Land geweht. Auf der Rückseite flutet dann eine ganz andere Luftmasse das Land. Polarluft aus dem hohen Norden. Ausgerechnet am kommenden Wochenende erleben wir den Tiefpunkt der Temperaturen und des Nachts kann es sogar leicht frostig werden. In starken Schauern kann dann auch schon mal ein einzelnes Schneeflöckchen, Weißröckchen oder etwas Graupel dabei sein. Wir müssen uns also zum Pilzwochenende in den Pfifferlingstannen warm anziehen.
Montag, 18. Oktober – 92 Arten liegen aktuell auf meiner Dauerausstellung, und das, obwohl ich mir derzeit wirklich keine große Mühe gebe, um die Pilzschau möglichst umfänglich zu präsentieren. In der letzten Woche waren es sogar über 100 Pilzarten. Bis Ende Oktober dauern die Herbstferien noch in einigen Bundesländern an, so dass reichlich Urlauber an der Küsten weilen und es sich durchaus lohnt, die Ausstellung am Leben zu erhalten. Ab Anfang November baue ich dann wieder auf Winterniveau zurück. Und das, obwohl auch der November noch einiges zu bieten hat. Aber ich muss mich dann allmählich auf das Advents – Geschäft konzentrieren, denn der 1. Advent ist schon reichlich früh in diesem Jahr und sobald die Urlauber fort sind, interessiert sich kaum noch jemand für eine Frischpilzausstellung.
So nutzte ich den heutigen langen Tag im Infozentrum nicht nur für die Erneuerung der Ausstellung, sondern auch mit der Beschäftigung und Nachbestimmung interessanter Arten aus dem Fichtenareal bei Perniek. So ein außergewöhnlicher Standort ruft schließlich auch außergewöhnliche Pilzarten auf den Plan, die ich nicht unbedingt immer gleich auf dem Sender habe. Insbesondere einige Cortinarien (Haarschleierlinge) bereiteten mir Kopfzerbrechen. Immerhin die Königsklasse der Großpilze und oft auch eine Herausforderung für echte Mykologen. Und bei so einem Standort muss man eben damit rechnen, dass es hier Pilzarten gibt, die eigentlich nicht in unsere planare Gegend passen. Ich kann Sagen, meine Bemühungen dürften nicht umsonst gewesen sein. So konnte ich den Rostbraunen Dickfuß bestimmen, den ich schon in die Sektion der Anomali eingeordnet hatte. Er ähnelt also den in Laubwäldern nicht seltenen Graubräunlichen Dickfüßen. Nur das die Pilze hier viel größer und üppiger erscheinen. Die Art fand ich in früheren Jahren auch schon bei Weberin/Wendorf und wohl auch bei Jesendorf.
Sehr interessant, klein, fast filigran und hübsch waren die Spitzbuckligen Wasserköpfe, die mir keine Ruhe ließen und der ganz große Knüller waren dann wohl eine wunderschöne Gruppe von Sägeblättrigen Klumpfüßen. War das ein wunderbarer Anblick und zu dem sehen sie auch noch richtig lecker aus, so wie man sich braunhütige Speisepilze eigentlich vorstellt. Geprägt vom Unterbewusstsein durch die braunkappigen Röhrlinge. Und essbar soll diese extrem seltene Art tatsächlich sein. Extrem selten zumindest im Verbreitungsatlas der DGfM. Demnach fehlt der schöne Haarschleierling komplett in der Nordhälfte Deutschlands. Einzig in einigen Gebirgsregionen in Süddeutschland (Schwarzwald/Alpenraum), gibt es ganz wenige Nachweise. Die Farbreaktion mit KOH soll auf der Huthaut purpurbraun ausfallen. Nun, ob das als purpurbraun zu bezeichnen ist, siehe oben, weiß ich nicht. Auf jeden Fall aber eine deutlich braune Reaktion.
Dienstag, 19. Oktober – Heute Abend waren die Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft Wismar e.V. zu einer Mitgliederversammlung in das Technologie- und Gewerbezentrum e.V., Schwerin/Wismar, am alten Holzhafen eingeladen. Unser Vorsitzende, Dr. Björn Berg, moderierte den Abend. Im Mittelpunkt stand die Entwicklung unseres Vereinslebens in den letzten 2 Jahren und angedachte Planungen für das Jahr 2022. Unter dem Dach der Gemeinnützigen Gesellschaft befinden sich inzwischen drei Gruppen mit insgesamt 74 Mitgliedern. Die Mitgliederstärkste und auch aktivste Gruppe sind die Pilzfreunde, gefolgt von der Plattdüütschrund und der Puppenbühne Firni. Unsere Schatzmeisterin Sabine legte die Finanzen offen, Frau Baum erläuterte die zurück liegenden Aktivitäten der Plattdeutschen und Hans Peter Firnis stellte sein Projekt Puppenbühne vor. Als ehemaliger Verkehrspolizist geht es hier mitunter um spielerische Verkehrserziehung für die Kleinsten und für die älteren Semester stehen natürlich auch ganz andere Themen auf dem Spielplan. Schließlich verlor ich einige Worte zu den Aktivitäten der Pilzfreunde und zur Beratungstätigkeit der Wismarer Pilzberatungsstelle.
Zum Wetter: Heute war es bewölkt und besonders am Abend regnete es auch. Der Regen führt immer mildere Luft heran, so dass wir morgen noch einmal einen sehr angenehm temperierten Tag erleben dürfen. Dabei wird der Wind aber immer weiter zulegen und dafür sorgen, dass die Temperaturen trotz bewölkter Verhältnisse in die Höhe schießen können. Aber dann wird es turbulent, denn ab der Nacht auf Donnerstag nähern sich Hendrik und Ignatz. Zwei kleine Tiefdruckgebiete am Rande eines großen, hochreichenden Tiefkomplexes, der sich zunehmend nach Skandinavien verlagert. Diese Randtiefs entwickeln eine beachtliche Dynamik, so dass verbreitet mit einer schweren Sturmlage gerechnet werden muss. Hendrik wird vor allem die mittleren Landesteile in der Nacht zum Donnerstag ordentlich durchpusten. Derweil bleibt es bei uns an der Küste noch ruhig. Erst wenn ab Donnerstag früh Ignatz aufzieht, wird es auch in M-V gefährlich. Er hat heftige Schauer und Gewitter im Gepäck und besonders in diesen kann der Höhenwind bis runter gemischt werden. Die Gewitter und schauerartigen Regenfälle können auch recht ordentliche Regenmengen abladen. Es droht ein schwerer Herbststurm! Also am Donnerstag lieber die Wälder meiden!
Mittwoch, 20. Oktober – Eine reguläre Mittwochsexkursion hatte ich heute nicht im Programm. Ich nutzte den Tag zur Vorbereitung unseres Pilzwochenendes im Herzen Mecklenburgs vom 22. – 24. Oktober bei Parchim. Wir sind in der Freizeit und Bildungsstätte „lüttpütt“ zu Gast. Ein ehemaliges Armee – Objekt, das auch für Seminare in kleinem, wie im größeren Stil genutzt werden kann. Auch die Pilzberater Mecklenburg – Vorpommerns waren hier schon zu einer Herbsttagung zu Gast. Das Objekt liegt mitten in einem Waldgebiet mit dem verheißungsvollen Namen Pfifferlingstannen. Natürlich ist die große Zeit der Eierschwämme schon vorbei, aber dennoch kann man sie auch im Spätherbst noch entdecken. Aber es geht nicht darum die Körbe mit Pfifferlingen, Maronen oder Steinpilzen zu füllen. Das kann jeder zu gegebener Zeit für sich alleine tun.
Wir wollen hier die Vielfalt der Großpilze in allen ihren Erscheinungsformen studieren, bestimmen und kennen lernen. Nun können wir gut und gerne gleich vom Objekt aus durch das recht umfangreiche Waldgebiet los Stiefeln, welches wir auch machen werden, aber trotzdem habe ich heute zwei Bereiche für mich neu erkundet, in denen ich bisher noch nicht unterwegs war und zumindest eines dieser Waldgebiete ist eigentlich ein Muss für eine solche Pilzveranstaltung, nämlich die Wälder bei Kiekindemark. Das heißt so viel wie ins Land hinein blicken. Dort, wo kein Wald den Ausblick versperrt, ist das in gewisser Weise auch möglich, denn der Ort liegt auf einem Höhenzug. Aber warum nun ein Muss für uns Pilzfreunde? Ganz einfach! Jeder informierte Hobby – Mykologe Mecklenburgs kennt natürlich den Florist und Heimatforscher Walter Dahnke. Ich zumindest seit meiner Kindheit durch seine zahlreichen Veröffentlichungen, beispielsweise in den Mykologischen Mitteilungsblättern von Mila Hermann. Der Fachzeitschrift für Pilzberater und Mykologen in der ehemaligen DDR. Viele davon befinden sich heute noch in meinem Besitz.
Am Rande des Ortes Kiekindemark findet sich die Walter Dahnke – Eiche mit einer Erinnerungstafel an diesen verdienten Pilzfreund und Heimatforscher. 1 600 Pilzarten hat er bei seinen Erkundungen rund um Parchim entdeckt und beschrieben, so ist es auf dieser Tafel zu lesen. Ich denke, es wird höchste Zeit, dass ihm auch der Steinpilz – Wismar mal die Ehre erweist und da bietet sich eine solche Veranstaltung bestens an. Hier gibt es auch einen sehenswerten Forstgarten mit reichlich Frischpilzen, wie ich heute feststellen konnte. Außerdem befindet sich hier das Naturschutzgebiet Sonnenberg und das Revier der starken Douglasie. Mitteleuropas ältester und massigster Douglasien – Bestand! Auf jeden Fall wechselt das Bild des Waldbestandes ungewöhnlich oft und es ist auch sehr vielschichtig. Eines der schönsten Wälder Mecklenburgs würde ich zumindest auf den ersten Blick behaupten.
Schließlich besuchte ich noch einen Sonderstandort an einem Kiestagebau. Auch dieser Bereich sieht sehr interessant aus, aber Hinweisschilder verbieten leider aus Sicherheitsgründen das Betreten des Geländes. So gab ich mich damit zufrieden, einem Blaufichtenbestand am Rande des Tagebaus und unweit des berühmten Fangelturms einen Besuch abzustatten. Ich denke, er ist ursprünglich als Weihnachtsbaum – Plantage angelegt worden. Pilze gab es auch hier reichlich und auch durchaus interessante Arten. Perniek kann dieses Revier jedoch nicht das Wasser reichen. Für Kochtopf – Mykologen nur soviel. Es gibt hier Rote Fliegenpilze und Pfefferröhrlinge! Auch entdeckte ich hier die für mich ersten Violetten – Rötel – Ritterlinge der Saison. Und zwar in einer ansehnlichen Anzahl und im Bestzustand. Ich ließ sie stehen mit dem Hintergedanken, eventuell während unseres Seminars hier noch einmal vorbei zu schauen. Es wuchsen hier, so wie auch bei Perniek, Rostbraune Dickfüße, einiges an Hautköpfen und vor allem mehrere Arten von Schirmlingen. Also für eine mykologische Bestandsaufnahme trotz allem ein lohnendes Revier.
Noch kurz zum Wetter. Es pustete bereits heute recht ordentlich, dafür war es ausgesprochen mild. Jetzt am Abend ziehen erste, kräftige Schauer und Gewitter über Mecklenburg hinweg. Ausgangs der Nacht kommt dann Ignatz mit Pauken und Trompeten! Er wird uns bis Freitag in Schach halten. Neuerlich kommen starke Schauer und Gewitter auf. Bei hoher Windscherung besteht in diesen sogar ein gewisses Tornado – Risiko! Schwere Sturmböen sind uns sicher. Das Hauptwindfeld könnte aber südlich von M-V bleiben.
Donnerstag, 21. Oktober – Ignatz hat uns an der Küste heute mit dem Schlimmsten verschont. Am heftigsten tobte der Sturm in Mitteldeutschland, aber auch im Süden der Republik. In Dresden wurde eine Spitzenböe von 119 Km/h gemessen. Das ist volle Orkanstärke! Es gab natürlich entsprechende Schäden in den windigsten Regionen. Auch Tornados wurden gesichtet. Bei uns zogen dagegen kräftige Regenfälle und Gewitter durch (24 Liter in meinem Messbecher!). In den stärksten Gewittern gab es sicher auch recht ordentliche Windspitzen. Das Schauerwetter soll noch bis morgen Abend anhalten und sich im laufe der Nacht und besonders morgen Vormittag nochmals verstärken. Wieder kann es heftig schütten und sogar Graupel mit Blitz und Donner können dabei sein. Denkbar schlechte Bedingungen, um mit meinem Dienstroller morgen bis nach Parchim zu fahren. Im Fall, der Fälle würde ich ansonsten mit unserem Vereinsmitglied Christian im Auto mitfahren. Da er vormittags noch arbeiten muss, könnte meine Ankunft in Parchim etwas später werden. Geplant war 12.30 Uhr. Das werde ich dann nicht ganz schaffen. Aber uns drängelt ja keiner. Dann starten wir eben ein Stündchen später mit unserem Theorieteil.
Am Dienstag war unser Vereinsmitglied Andreas Herchenbach nochmals erfolgreich in die Pilze. Röhrlinge waren Fehlanzeige, schreibt er mir, aber dafür reichlich Trompeten – Pfifferlinge, Herbsttrompeten, Edel – Reizker und manches mehr. Er konnte zufrieden sein. Schön, dass auch Andreas auf Röhrlinge durchaus verzichten kann, denn Speisepilze gibt es derzeit trotz Röhrlingsmangel zur Genüge. Der Spätherbst gewinnt immer weiter an Fahrt. Hoffen wir, dass es der Hallimasch auch endlich mit bekommt, denn er dümpelt bis dato weiter vor sich hin.
Eine ganz tolle Entdeckung konnte unsere Berliner Pilzfreundin Johanna tätigen. Bei einer Exkursion in der Uckermark stieß sie auf einen Hexenring von Schweinsohren mit mehreren Metern im Durchmesser! Der Steinpilz – Wismar gratuliert ganz neidisch, aber sehr herzlich! Das Schweinsohr gehört in die monotypische Gattung Gomphus und war der Pilz des Jahres 1998. Ich erinnere mich noch gerne daran, wie ich damals eine schöne Schautafel des Schweinsohrs für mein Schaufenster anfertigte, die auch heute noch existiert. Mein Leben lang hoffe ich bereits, diesem Pilz mal zu begegnen. Gefunden wurde er jedenfalls auch in M-V schon. So am Woseriner See und ganz im Nordwesten von Mecklenburg. Auch an der Grenze zu Brandenburg gibt es einzelne Fundmeldungen. In Schleswig – Holstein wurde es mehrfach gesichtet. Ansonsten ist dieser kalkliebende Waldpilz, den wir unter Fichten, Tannen und Rotbuchen finden können, auf weite Strecken selten. Eine Fundhäufung gibt es im Schwarzwald. Dort scheint dieser sehr gute Speisepilz nicht selten zu sein.
Noch ein Nachtrag zur Wetterentwicklung. Auf der Rückseite von Sturm Ignatz fließt nun zwar hochreichende Polarluft ein und sorgt für unterkühlte Verhältnisse. Aber alles halb so wild. Die Temperaturen haben jetzt die für Ende Oktober durchschnittlichen Werte erreicht. Bodenfrost kann es zwar in den kommenden Nächten stellenweise geben, aber das war es dann auch schon. Für längere Zeit soll sich bis zum Monatswechsel eine immer stärker werdende Südwestströmung aufbauen und die Luftmassen, die dann wieder mit viel Wind zu uns geführt werden, werden von Tag zu Tag milder. Ende Oktober/Anfang November können dann sogar wieder an die 20 Grad auf dem Thermometer stehen. Zumindest im Südwesten Deutschlands. Aber bei 15 Grad und mehr wird auch bei uns im Norden kein frieren angesagt sein. Für unsere Spätherbstpilze fast schon zu viel des Guten. Nicht das dadurch noch einmal Steinpilz und Co. zu einen finalen Schlag animiert werden?
Freitag, 22. Oktober – Auch heute war das Wetter sehr unbeständig. Ein neuer Schub höhenkalter und labil geschichteter Polarluft zog im Tagesverlauf durch und brachte erneut intensive Regenfälle mit. In meinem Messbecher in der Altstadt von Wismar fanden sich nochmal 11 Liter ein. Freue ich mich in der Regel doch sehr über ergiebige Niederschläge, so kam das heutige Regen – Ereignis doch höchst ungelegen, denn ich wollte mit meinem Dienstroller am Mittag nach Parchim fahren. Der zeitweise starke Regen und heftiger Wind hätten dieses bei zusätzlich sehr frischen Temperaturen zu einem höchst ungemütlichen Unterfangen werden lassen. Dort angekommen wäre ich bis auf die Knochen durchgeweicht und zusätzlich unterkühlt, so dass ich mich wohl erst einmal eine Weile unter die heiße Dusche begeben hätte, um wieder Betriebstemperatur zu erlangen. Da dieses Wetter aber absehbar war, holte mich unser Pilzfreund und Vereinsmitglied Christian mit seinem Auto ab. Schließlich hatte er sich auch zu unserem „Pilzwochenende in Mecklenburg“ angemeldet.
Unser Seminar fand in diesem Herbst in der Freizeit und Bildungsstätte lüttpütt bei Parchim statt. Mitten in den Pfifferlingstannen gelegen. Leider hatten sich nicht viele Interessenten angemeldet, so dass wir mit 8 Leuten am Nachmittag starteten. Heute war Theorietag angesagt. Das heißt, Beamer – Vorträge zu bestimmten Themen. Zunächst ging es um Täublinge und Milchlinge. Diesen Vortrag hatte ich bereits im September für unser Seminar in Drei Eichen vorbereitet, aber dann doch zugunsten von Frischpilzen fallen gelassen. Des weiteren stellte ich einige Gattungen mit dem wissenschaftlichen Anfangsbuchstaben A in kommentierten Bildern vor. Schwerpunkt waren hier Wulstlinge und Champignons. Nach dem Abendbrot und dem 2. Vortrag gingen wir zum gemütlichen Teil mit Pils und Wein über. Wir legten dabei den Exkursionsplan für Sonnabend und Sonntag fest. Am Sonnabend Vormittag soll es in die Pfifferlingstannen gehen. Nach dem Mittag haben wir eine Kartierung auf dem weitläufigen Gelände dieser ehemaligen Kaserne geplant und am Sonntag soll es zu den großen Douglasien bei Kiekindemark gehen.
Sonnabend, 23. Oktober – Der 2. Tag unseres kleinen, volkstümlichen Pilzseminars bei Parchim, stand ganz im Zeichen von Exkursionen. Am Vormittag ging es in die ehemals militärisch genutzten Flächen in den Pfifferlingstannen. Durch Plattenwege und sonstige, ehemalige Bauten, gelangte reichlich Kalk in die ursprünglich sauer – sandigen Böden. Abseits davon herrschten meist saure Verhältnisse. Die große Artenexplosion fand hier schon Ende August statt. Unsere diesjährige Nachtwanderung war damals entsprechend Pilzreich. Daher war es heute recht ausgedünnt. Trotz dem gab es Frischpilze fast auf Schritt und Tritt. Vor allem saprophytische Arten, aber auch Mykorrhiza – Pilze. Das Gebiet war zum Teil von Pioniergehölzen wie Kiefern, Birken, Espen oder auch Weiden bestanden. So gab es hier viele Erdritterlinge und unter den Espen Pappel – Ritterlinge. Ansonsten viele Helmlinge und Fälblinge. Auch Röhrlinge waren hin und wieder dabei. Dominant waren Maronen – Röhrlinge und einige Ziegenlippen. Nach dem Mittag im Objekt lüttpütt wurden die Fundstücke in unserem Seminarraum schon mal auf Pappteller artenrein sortiert.
Am Nachmittag entschlossen wir uns zu einer Kartierungsaktion auf dem Gelände der Freizeit- und Bildungsstätte. Parkartiges Gelände mit verschiedenen Gehölzen wie Buchen, Eichen, Fichten, Kiefern, Lärchen und Birken. Teils kurzgrasig b. z. w. mit flachen Moospolstern überzogen, teils aber auch am Übergang zum umliegenden Wald humusreicher. Hier ging es nun in die Vollen. Es wurde entdeckt, fotografiert und dokumentiert. Wie immer hatte ich mein Kartierungsbüchlein mit und Phillip bat darum, ein erstes mal die Schriftführung auf einer Kartierungsexkursion zu übernehmen.
Und den 8 Augenpaaren entging kaum etwas. Es ging Schlag auf Schlag und wurde nie monoton. Immer wieder neue Überraschungen. Es war ein wahres Pilzparadies! Die beste Entscheidung, dir wir treffen konnten. Geballte Ladung auf dem Objekt! Beeindruckend waren große Inseln von Schnee – Ellerlingen, die einen Trockenrasen in unzähligen Exemplaren bevölkerten. Noch nie habe ich auch nur annähernd so viele von diesen Wachsblättlern auf einmal gesehen. Es waren hunderte, ja ich möchte behaupten, ihre Zahl ging in den vierstelligen Bereich. Bin ich doch sonst froh, wenn ich die nicht häufige Art mal in wenigen Einzelstücken antreffe. Die Rasenfläche wirkte wie mit Gänseblümchen bestanden.
Außerdem waren neben vielen anderen Arten und Gattungen zahlreiche Fälblinge, Rißpilze, Ritterlinge, Milchlinge, Schirmlinge, Keulen und Korallenpilze, verschiedene Bauchpilze bis hin zu mehreren Erdstern – Arten vertreten. Stellenweise Braune- und Unmengen von Weißen Raslingen. Haarschleierlinge gab es in mehreren Arten. Unter Lärchen Gold – Röhrlinge. Wo sich der Rote Fliegenpilz zeigte, waren auch Mehlpilze, Pfeffer – Röhrlinge und natürlich auch der Steinpilz nicht fern. Flockenstielige Hexen – Röhrlinge inklusive. Im Waldbereich beeindruckte ein bemerkenswert fetter Hexenring von Nebelkappen und alles überragend standen schließlich auch noch imposante, noch geschlossene Riesen – Schirmpilze. Am Ende kamen auf dem Objektgelände 113 Arten zusammen. Da auch die Pfifferlingstannen im gleichen Quadranten (2537/1) liegen, schrieb ich noch einige vom Vormittag hinzu, so dass wir auf insgesamt 157 makroskopisch ansprechbare Großpilze kamen.
Nach dem Abendbrot, (es gab auch wieder eine Pilzverkostung) ging es dann an die Auswertung unserer Fundstücke. Dabei hatte Phillip die Idee, alle Teilnehmer daran aktiv zu beteiligen. Er legte beschriftete Zettel der wichtigsten Gattungen verteilt auf einen lehren Tisch und alle Teilnehmer durften sich dann aus der Fülle der Arten etwas heraus suchen, kurz vorstellen und beschreiben, um sie schließlich zu den entsprechenden Gattungszetteln zu stellen. Die anspruchsvolleren Pilzarten wurden dann von Phillip und meiner Wenigkeit erläutert.
Sonntag, 24. Oktober – Nach frischer Nacht erwartete uns ein strahlender Oktobertag, wie er schöner kaum sein konnte. Das ganze Gegenteil vom Beginn des Seminars am Freitag, wo es Bindfäden regnete. Aber genau so muss es sein. Erst Regen zur Auffrischung und dann Kaiserwetter zu den Exkursionen. Nach dem wir unser Quartier geräumt hatten fuhren wir dem Örtchen Kiekindemark entgegen.
Von Kiekindemark aus ging es durch das NSG Sonnenberg zunächst zur 52 Meter hohen starken Douglasie und schließlich zum angeblich größten Douglasien – Bestand Mitteleuropas. Der Sonnenberg ist eine Endmoräne mit tertiärem Kern, schreibt Kiekindemarks Revierförster i. R. Fritz Hackert. Das Gebiet liegt im Revier Spornitz auf einem Höhenzug, dem Langen Berg. Die höchste Erhebung beträgt 126 m. Hier steht ein uraltes Waldgebiet in dem Rotbuchen, Hainbuchen, Stiel-, Trauben- und Roteichen, Eschen, Erlen, Ahorn, Birke, Ulme, Fichte, Lärche, Douglasie, Weymouhtskiefer, Weißtanne, Küstentanne, Omorikafichte, Sitkafichte, Engelmannsfichte, Hemlocktanne und Riesenlebensbaum zu finden sind, so Fritz Hackert. Neben einer Douglasien – Versuchsfläche, die 1961 angelegt wurde und auf der Douglasien aus 26 Herkunftsgebieten (Oregon bis Britisch Columbia und vom Pazifik bis zu den Westabhängen der Kaskaden) gepflanzt wurden, finden sich gleich daneben die berühmten Parchimer Douglasien, die zu den besten und höchsten Mitteleuropas zählen. Bei einem Besuch des Waldes sollte man jedoch auf der hut sein, denn hier soll immer noch der Räuber Vieting sein Unwesen treiben oder zumindest in früheren Zeiten getrieben haben.
Trotz der anvisierten Sehenswürdigkeiten liefen wir nicht im Stechschritt, sondern im Exkursionstempo durch den Wald. Schließlich standen auch heute schwerpunktmäßig unsere Großpilze im Mittelpunkt. Und da es im Anschluss nach hause ging, fanden sich Speisepilze bei einigen durchaus ganz oben auf der Fahndungsliste wieder. Da war es recht praktisch, dass hier gerade die Derben Rotfüßchen durchstarteten. Fast unscheinbar schauten ihre fast schwarzen Köpfe dezent aus dem Buchenlaub heraus. Man brauchte gute Augen! Auch Maronen – Röhrlinge waren in teils guter Qualität unterwegs. Ansonsten interessierten uns natürlich alle Arten, die wir entdecken und bestimmen konnten. Im Nachhinein schrieb ich noch eine ansehnliche Artenliste in mein Exkursionsbüchlein. Es waren durchaus auch einige Raritäten dabei.
Schließlich erreichten wir unseren Parkplatz vor dem Forstgarten. Wanderhütten luden bei diesem wunderbaren Wetter noch kurz zum Verweilen ein. Schließlich galt es den Steinpilz – Kuchen, den Phillip für mich, seinem Lehrer, als Dankeschön gebacken hatte, vor dem überständig werden zu bewahren und zu verzehren.
Zum Abschlussfoto begaben wir uns schließlich zur Walter – Dahnke – Gedenkeiche. Als Biologie – Lehrer und Heimatforscher ist er weit über den Landkreis Parchim hinaus bekannt geworden und Kapazitäten wie Dr. Doll, Dr. Helms, Dr. Henker, Walter Kinzel und Dr. Ribbe gingen bei ihm in die Lehre. Er beschrieb 1 600 Pilzarten im Raum Parchim und kannte sich auch sonst in Flora und Fauna bestens aus. Nun, ein solches Niveau kann ich nicht bieten, aber immerhin hat es ausgereicht, das Nordwestmecklenburg um einen Pilzberater reicher geworden ist.
Montag, 25. Oktober – So wirklich viele Frischpilze hatte ich nicht von Parchim mitgebracht, so dass die Erneuerung der Ausstellung heute recht bescheiden ausfiel. Wir hatten zwar viele Arten zusammen bekommen, aber die meisten von ihnen hätten nicht mehr die Frische – Standards erfüllt, um noch drei Tage auf meinen Ausstellungsflächen zu verweilen. Außerdem war mein mitgeführter Weidenkorb mit Fachliteratur gefüllt.
Da es seit längerem im allgemeinen nur wenige Klassiker gibt, allen voran Röhrlinge, ist es zu den Sprechzeiten in der Pilzberatung vorzeitig sehr ruhig geworden. Ich weis nicht, ob sich das in den nächsten Wochen noch ändern wird, denn viele Menschen glauben, es wäre schon viel zu kalt für ihre Lieblinge. Das ist zwar nicht ganz falsch, denn wärmeliebende Sommerpilze sind bereits abgetreten. Wir haben ja auch schon Ende Oktober und befinden uns Mitten im Spätherbst. Die Arten, die für diese Jahreszeit typisch sind, kommen mit den kühleren Temperaturen bestens klar, ja diese tun ihnen sogar gut. Die Rötel – Ritterlinge sind nun voll in ihrem Element. Hallimasch tut sich nach wie vor schwer. Obwohl mir Phillip berichtete, dass er diesen beliebten Speisepilz auch schon in großen Mengen gesehen hat. Trotzdem hat er noch reichlich Reserve. Dafür scheinen zumindest im Süden Mecklenburgs die Derben Rotfüßchen verstärkt zu sprießen. Es kann gut sein, dass sie in diesen Tagen auch in anderen Wäldern zahlreich in Erscheinung treten könnten.
Dienstag, 26. Oktober – Heute morgen hatte ich richtig zu Leiden und die Nachwirkungen werde ich wohl noch einige Tage spüren. Eine Zahnwurzelbehandlung stand auf dem Programm. So sind bei mir im Wechsel immer mal die Augen, mal die Zähne zur Sanierung an der Reihe. Aber schön, was heut zu Tage alles möglich ist. Mit den Zähnen geht es im Dezember weiter und im Frühling ist dann das rechte Auge zum Lasern an der Reihe. Damit es hell und farbenfroh in die neue Saison gehen kann.
Noch befinden wir uns in der alten Saison und hier ist es inzwischen wieder interessanter geworden. Für mich war es zwar auch in den vergangenen Wochen an Sonderstandorten ausgesprochen toll, aber für den gemeinen Durchschnittssammler und Kochtopf – Mykologen, der nur Röhrlinge und vielleicht noch eine Krause Glucke in seinen Korb legt, war es teils recht bescheiden. Aber das ist nicht nur in M-V so, sondern in ganz Deutschland, wie man beim Durchblättern des Pilztickers feststellen kann. Hier findet sich auch ein Beitrag, der erklärt, warum Steinpilze und Co. meist Mangelware sind. Es liegt eben an den allgemein guten Wachstumsbedingungen, die ein permanentes und mehr oder weniger ausgeglichenes und oft artenreiches Frischpilzaufkommen zulassen. Der August war ein September. Keine Hitze und Trockenheit, sondern eher etwas unterkühlt und oft trübe. Gutes Pilzwetter also. So waren zwar die Erträge von Steinpilz und Co. im Sommer teils durchaus zufriedenstellend bis gut, flachten dann aber zusehends ab. Seit dem wachsen sie nur vereinzelt, ohne erkennbare Wachstumsschübe. Ausgeglichenheit und Gelassenheit hat sich unter ihnen breit gemacht.
Dafür gab es permanent Frischpilze und vor allem viele Pfifferlinge und Herbsttrompeten. Solche Jahre sind für mich gute Pilzjahre. Für heftige Steinpilz – Schübe hätte der Hochsommer knochentrocken und heiß sein müssen. Die entsprechend ergiebigen Niederschläge sollten dann rechtzeitig Ende August oder im September folgen. Eine Pilzexplosion ist dann sicher. Das ist zwar überaus beeindruckend, aber ein gutes Pilzjahr wird nicht von nur wenige Wochen anhaltenden Massenschüben geprägt, sondern durch kontinuierliches Wachstum von April bis November. Und das ist in dieser Saison der Fall und kommt leider viel zu selten vor. Immerhin wagen einige Röhrlinge, vor allem die Derben Rotfüßchen, gerade einen stärkeren Schub. Vielleicht zieht der Steinpilz auch ein letztes mal etwas deutlicher an. Wir lassen uns überraschen. Die Woche soll sehr mild weitergehen und dass sollte diese Entwicklung stützen.
Mittwoch, 27. Oktober – Mit drei Interessenten traf ich mich heute Vormittag gegen 10.00 Uhr in Hof Selmsdorf. Das waren Pilz- und Vereinsfreundin Monika und Vereinsmitglied Chris aus Lübeck und Timur aus Hamburg. Grund war eine weitere Mittwochsexkursion. Wir starteten in ein neues Messtischblatt, nämlich 2131 = Schönberg. Im ersten Quadranten finden wir reichlich Betätigungsfelder vor, so wie die recht umfangreichen Waldflächen unweit des Trave – Ufers oder das Heidenholz bei Hof Selmsdorf, wie auch das nicht weit davon entferntet Kirchenholz, dass zum umfangreicheren Waldkomplex südlich der Mülldeponie Schönberg gehört. Wir entschlossen uns für das Heidenholz, nicht zuletzt deshalb, weil wir ohnehin schon dort waren. Vor wenigen Jahren war es schon einmal Ziel einer Mittwochsexkursion. Auch eine ordentliche Pilzwanderung führte bereits in dieses relativ kleine, aber kompakte Gehölz. Ästige Stachelbärte aus dem Heidenholz bereicherten auch schon eine unserer Großpilzausstellungen. Auch heute waren sie wieder vertreten, aber ihr Zustand befand sich bereits jenseits von gut und böse.
Ansonsten erlebten wir eine recht interessante Exkursion durch diesen Laubwald, der im wesentlichen von Buchenbeständen und Feuchtbereichen geprägt ist. Mit knapp über 90 im Feld gefundenen und geschriebenen Großpilzarten konnte sich das Ergebnis am Ende durchaus sehen lassen. Die Zeit verlief wie im Fluge und nach 6 1/2 Stunden brachen wir hier ab, da wir noch kurz, mit dem letzten Tageslicht, in das Kirchenholz einen Blick werfen wollten. Ein hügeliges Buchenstück vom feinsten. Ein tolles Revier, dass sicher auch mal einen Besuch wert sein sollte. Auf jeden Fall konnten wir heute sehr zufrieden sein und auch Timur hatte einen großen Korb voller Speisepilze für sich und seine Freundin einsammeln können. Die gefundenen Steinpilze sind aber nichts für seine bessere Hälfte. Sie verträgt keine Steinpilze und würde Gefahr laufen, nach der Mahlzeit zu erkranken. Ja, auch der „Chef“ kann individuelle Unverträglichkeiten auslösen!
Das Wetter war heute ausgesprochen Exkursionsfreundlich. Dezentes Licht durch eine dichte Wolkendecke und dazu sehr mild, allerdings fast schon drückend und etwas Kreislauf – Belastend. Morgen soll es jedoch sehr sonnig und weiterhin für Ende Oktober ausgesprochen mild weitergehen.
Donnerstag, 28. Oktober – Die Streuzersetzer sind jetzt voll in ihrem Element. Überall in den Wäldern, teils auch auf Wiesen, sieht man jetzt oft mehr oder weniger große Hexenringe von Nebelkappen, Violetten- und Veilchen – Rötelritterlingen. Heute brachte mir jemand Veilchen – Rötelritterlinge in die Beratung und zeigte mir den Fundort auf seinem Handy. Ein riesiger Hexenring auf einer Wiese bei Neukloster. Da die Pilze gut essbar sind, darf er sich auf eine ergiebige Ernte freuen. Mönchsköpfe sind in Laubmischwäldern sehr auffallend, mit ihrem hohen, schlanken Habitus. Der große Laubfall hat begonnen und das ist die beste Zeit dieser saprophytisch lebenden Großpilze. Hallimasch war gestern im Heidenholz immer wieder zu finden. Zwar nicht die ganz großen Mengen, aber neben älteren Exemplaren auch immer wieder junge, meist kleinere Büschel.
Zum Wetter: es war heute ein strahlend goldener Oktobertag wie er im Buche steht. Ein echter Wohlfühltag, wie man ihn in dieser Reinheit selten erlebt. Die überaus milden Temperaturen waren dazu eine Wohltat. Die sehr milde Luft soll uns bis einschließlich Wochenende erhalten bleiben. Nur nehmen allmählich die Wolkenanteile wieder etwa zu und der Wind kann zum Wochenende deutlicher auffrischen. Dabei soll er noch mildere Luft heran wehen. Erst in der nächsten Woche greift die Westwinddrift wieder auf Deutschland über und bringt kühleres, windiges und regnerisches Wetter. Trotz der Abkühlung, frühwinterliche Impressionen sind aber auf den Wetterkarten nicht zu erkennen. Normales Novemberwetter und auch Nachtfrost dürfte kaum ein Thema sein. Die jetzige, überdurchschnittlich temperierte Luftmasse und die vergangenen, wie zukünftigen Niederschläge könnten vielleicht auch noch eine Zunahme von späten Röhrlingen zur Folge haben.
Freitag, 29. Oktober – Um 9.00 Uhr war heute Treffpunkt auf dem Parkplatz am Hotel Schäfereck in Groß Strömkendorf, dem Tor zur Insel Poel. Hier war ich mit Schülern, Lehrerpersonal und Elternvertretern der Regionalschule der Insel Poel in Kirchdorf, zu einer Pilzwanderung verabredet. An den Strömkendorfer Eichen entlang, steuerten wir die Redentiner Tannen an. Es ist mein Hauswald der Jugend. Zwar war ich damals hauptsächlich in dem nach Krusenhagen ausgerichteten Waldteil unterwegs, aber nicht selten auch hier, zwischen Hof Redentin und Groß Strömkendorf. In, b. z. w. an den Strömkendorfer Eichen gab es damals oft Leberpilze und am Fuße einer der alten Eichen wuchs gelegentlich ein monströser Klapperschwamm. Auch habe ich hier mitunter reichlich Hallimasch ernten können.
Heute ließen wir die Strömkendorfer Eichen aus Zeitmangel links liegen und strebten sofort den Redentiner Tannen zu. Der Wald ist im Vergleich zu früher kaum wieder zu erkennen. Über weite Strecken völlig verkrautet mit Himbeeren und Brombeeren. Teils eutrophierter Bewuchs mit Brennnesseln und anderen Kräutern. Nur in den dichten und dunkleren Nadelforsten konnte man einen unverkrauteten Blick hinein werfen, soll heißen, einigermaßen gut zu Fuß unterwegs sein. Allerdings war außer Horngrauen Rüblingen und Fuchsigen Trichterlingen sowie Graukappen wenig Abwechslung vorhanden. Schließlich begaben wir uns noch kurz an einen sonnigen Waldrand mit Buchen. Hier waren dann Milchlings – Klassiker wie Graugrüner Milchling und Süßlicher Milchling dominant. An Stubben Grünblättrige Schwefelköpfe und vereinzelt auch mal ein kleinerer Vertreter der Riesenschirmpilze. Schon hieß es umkehren, denn die Zeit drängte, da der Bus von einigen Schülern noch geschafft werden sollte.
Für mich war es eher ein Trauerspiel, den Wald in dieser Verfassung zu sehen. War er doch damals weit weniger Nähstoffbelastet und unter den Eichen, Buchen, Kiefern und Fichten, sowie Birken und Zitterpappeln waren einige Klassiker wie Pfifferlinge, Sommersteinpilze oder Birkenpilze nicht selten. Auch Espen – Rotkappen waren hier zu hause. Ich weiß noch wie heute, wie ich damals meine ersten drei Eichen – Rotkappen in diesem Revier fand. Der Waldrand zu Hof Redentin bietet besseren Boden und hier gab es herrliche Leder – Täublinge und sogar Wurzelnde Bitter – Röhrlinge.
Auf der Heimfahrt machte ich noch einen kleinen Umweg und schaute kurz in die Buchen der Rohlstorfer Tannen hinein. Ein relativ trockener, sauer – sandiger Buchenbestand, der in der Regel nichts aufregendes zu bieten hat, aber zumindest ein bekannter Standort von Pfifferlingen, Steinpilzen und Hexen – Röhrlingen ist. Von genannten Arten keine Spur, aber 08/15 Frischpilze bevölkerten in großer Zahl den Waldboden. Hier und dort auch mal ein Derbes Rotfüßchen.
Sonnabend, 30. Oktober – Das Wetter war schön und sehr mild. Gerade richtig um sich in die Natur und besonders auch in den herbstlichen Wald zu begeben. So startete heute morgen von Wismar aus wieder eine öffentliche Lehrwanderung. Ziel war die Palinger Heide, unweit der Hansestadt Lübeck. Hier verlief bis zur Wende die innerdeutsche Grenze. Ein Teil der Palinger Heide befindet sich daher in Mecklenburg – Vorpommern und der Andere in Schleswig – Holstein. 40 Jahre mehr oder weniger totales Sperrgebiet sind nun auch schon lange her und so ist dieses sandige Nadelwaldgebiet mit Heide – Charakter ein beliebtes Naherholungsgebiet der Lübecker geworden. Mit Hunden spazieren gehen, Joggen, Reiten oder auch Pilze suchen ist hier angesagt. So soll es zwei ältere Damen geben, die hier die sandigen Kiefernschneisen bereits früh morgens nach Steinpilzen absuchen und oft mit gefüllten Körben den Heimweg antreten, wenn andere Pilzsucher gerade ihren Frühstücks – Kaffee trinken. Ob sie wohl auch heute schon vor uns unterwegs waren? Nun, keiner sieht alles und so war uns doch der eine oder andere schöne Steinpilz holt.
Gegen 9.15 Uhr war Treff am Waldrand in Palingen. 16 Pilzliebhaberinnen und Liebhaber, einschließlich dreier Kinder begaben sich nach kurzer Begrüßung auf die Pirsch durch dieses wunderschöne, sehr sandige Revier. Das Frischpilzaufkommen war für Ende Oktober ausgesprochen reichhaltig und vielseitig. Die Palinger Heide hat noch einmal ihre Klasse bewiesen. Viele verschiedene Blätterpilze wie Rüblinge, Trichterlinge, Helmlinge, Rötlinge, Flämmlinge, Tintlinge, Rißpilze, verschiedene Haarschleierlinge, Täublinge und Milchlinge, aber auch Wulstlinge und Riesenschirmpilze, um nur einige zu nennen, bevölkerten in unterschiedlichen Anteilen den Wald – und Heideboden. Immer wieder auch Klassiker wie Maronen, Ziegenlippen, hier und da ein Butterpilz, auch mal ein Hexenröhrling und einzelne, teils wunderbar frische Steinpilze. Neben den Mykophagen kamen auch die Hobby – Mykologen durchaus auf ihre Kosten. Zum ersten mal in meinem Leben durfte ich die giftigen Brennenden Ritterlinge recht zahlreich im Kiefernwald bewundern. Sie ähneln sehr den Schärflichen Ritterlingen aus dem Kalkbuchenwald. Diese würden jedoch niemals im sandig – sauren Kiefernforst wachsen und der hier gefundene Art würde es keineswegs einfallen, unter Laubbäumen, und schon gar nicht auf basenreichen Böden aufzutreten. Ich war Happy!
Aber auch sonst immer wieder einige tolle Arten, die durchaus nicht alltäglich in Nordwestmecklenburger Wäldern sind. So gab es hier natürlich Grünlinge und welch ein Glück, sogar wunderbare Schneepilze = Schwarzfaseriger Ritterlinge. Einer der delikatesten Speisepilze! Uns erfreuten Habichtspilze, der Rosenrote Schmierling, größere Gruppen der schönen und eleganten Rötenden Gabeltrichterlinge und, welch ein Wunder, die ersten Frostschnecklinge der Saison!
Aufgrund des herrlichen Wetters, des wunderbaren Waldes und des vielseitigen Pilzaufkommens zog sich die heutige Wanderung bis deutlich in den Nachmittag hinein. Ich empfand sie als eine der schönsten Pilzwanderungen des Jahres! Ganz herzlich möchte ich an dieser Stelle auch Phillip Müller danken, der mich als frisch gebackener Pilzberater des Landes Mecklenburg – Vorpommern tatkräftig unterstützte. Da sage noch jemand, es gibt keinen Nachwuchs mehr! Und damit nicht genug. Auch ein sehr interessierter, etwa 10 jähriger Junge, war mit großer Begeisterung dabei und konnte viele der gefundenen Pilzarten bereits selbständig erkennen und benennen. Er hat sich Bilder aus Pilzbüchern eingeprägt, genauso wie ich in Kindetagen den Einstieg in die wunderbare Welt der einheimischen Großpilze fand. Es besteht also Hoffnung, das unser Wissen nicht verloren geht.
Sonntag, 31. Oktober (Reformationstag) – Der vorletzte Monat der diesjährigen Pilzsaison endet heute. In der Nacht wurden die Uhren auf Winterzeit zurück gestellt und nun wird es wieder früh dunkel. Ja, es geht mit großen Schritten in Richtung Winter. So hatte ich am Nachmittag nicht mehr viel Zeit zu Exkursionen. Immerhin war ich heute mal terminfrei und konnte alleine auf Tour gehen. Da der November zunehmend im Zeichen der Ende des Monats beginnenden Adventszeit steht, fuhr ich heute in den Raum Sternberg, um mich mit Rentierflechte und Blaugräser für unsere Gestecke einzudecken. Natürlich geht es dabei nicht ohne nach Pilzen zu schauen. Eine gute Adresse ist das sandige Gebiet der Oberen Seen auch für Frostschnecklinge. Sie wuchsen nun auch hier, aber nicht in gewohnter Menge. Vielleicht hätte es für ein Pilzsüppchen gereicht. Überhaupt war es in diesem armen Kieferngebiet pilzärmer als sonst zu dieser Jahreszeit üblich.
Zuvor besuchte ich kurz die Buchenwälder im Paradies b. z. w., was von ihnen noch übrig geblieben ist. Die einst so stolzen und mächtigen Buchen wurden in der jüngeren Zeit immer mehr ausgelichtet und ein gut 1 ha großer Bereich bereits vor ca. 15 Jahren komplett abgeholzt. Es handelt sich um Privatwald und hier rollt der Rubel auf Kosten unserer Natur seit Jahren mächtig in die Taschen seiner Besitzer. Im vergangenen Jahr wurde wieder großartig zu/eingeschlagen und heute musste ich feststellen, dass vor wenigen Tagen wieder die Kettensägen ratterten. Aus diesem Grunde wurde uns vor wenigen Jahren auch eine hier geplante Pilzwanderung untersagt. Das Astmaterial bleibt liegen und man hat Angst, dass sich jemand die Knochen bricht. Warum hier so viele Buchen fallen müssen, fragte ich im persönlichen Telefonat und in diesem Zusammenhang den Besitzer des Waldes: „In 100 Jahren sind die Bäume doch wieder nachgewachsen“!
Der Monat Oktober ist also Geschichte. Er war nach meiner Auffassung ein ausgeglichener Pilzmonat. Im Vergleich zu den Vorjahren jedoch deutlich unterdurchschnittlich. Das liegt u. a. daran, dass die Hochsaison bereits im August durchstartete. Meist war es in den Vorjahren zu dieser Zeit noch viel zu trocken, so dass sich das Jahresmaximum immer weiter nach hinten verschob. Hallimasch enttäuschte meist auf ganzer Linie, bis auf wenige Hottspotts. Zumindest wurde es ab Mitte des Monats wieder vielseitiger, da endlich auch die streuzersetzenden Arten an Fahrt aufnahmen.
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