Wetter und Pilzwachstum in Mecklenburg
Tagebuch Wetter und Pilze Oktober 2022
Sonnabend, 01. Oktober – Das obige Bild habe ich gestern Morgen von meinem Wohnungsfenster aus aufgenommen, als die Sonne so schön die herbstliche Laubfärbung hervor hob. Es soll auf den Oktober einstimmen und in der nächsten Woche könnten vorübergehend einige goldene und trockene Oktobertage mit etwas höheren Temperauren anstehen. Heute war es jedoch ziemlich regnerisch und suboptimal für unser Imbissgeschäft im Zuge der Großpilzausstellung. Hoffen wir auf Besserung morgen. Die Ausstellung als solches war jedoch gut besucht. Mit derzeit 271 Arten auch sehr vielfältig. Besonders Phillip Müller brachte heute noch einiges an Material aus Wald und Flur mit, welches wir an den Vortagen nicht finden konnten. Viele fleißige Hände waren gefragt, um alles auf die Reihe zu bekommen. Es wurden ständig Frischpilze ausgewechselt und hinzu gefügt. In der Küche wurde geschmort, gebacken und gekocht und auch schon der Imbiss für morgen vorbereitet. Die Pilzberatung wurde rege in Anspruch genommen, so dass wir eine durchaus positive Bilanz der bisherigen Ausstellung ziehen können. Von Ratsuchenden oder auch Besuchern wird immer wieder von reichhaltigen Pilzfunden berichtet, aber auch, dass es immer noch Wälder oder Teilbereiche derselben gibt, die wenig Erfolg bringen. Waren es an den Vortagen zumeist die schwach giftigen Karbol – Champignons, so überwog heute schon eine etwas buntere Mischung.
Sonntag, 02. Oktober – Viel Arbeit stand heute auch wieder für die aktiven Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft Wismar e.V. auf dem Programm. Natürlich auch für die Mitgliederinnen, die eigentlich in der Erwähnung vorne stehen müssten. Zunächst sah es jedoch nicht gut aus. Es regnete wieder, aber die Schauer verzogen sich schließlich. Auch in der Ausstellung blieb es bis zum Mittag recht entspannt. Aber dann wurde es doch wieder voll. Mit etwa 280 Großpilzarten haben wir fast die Grenzen unserer Kapazitäten erreicht. Auch die Pilzberatung wurde gut in Anspruch genommen. Besonders Filz – und Schmierröhrlinge wurden vorgelegt. Dazwischen auch immer mal ganz wunderbare, knackige und frische Steinpilze wie man sie nur selten findet. Auch Riesenschirmpilze und natürlich Champignons waren häufig dabei. Es gab Pilzpfanne und Suppe aus Wildpilzen, Kürbissuppe und frischen Waffeln. Auch morgen ist die Ausstellung noch ganztätig zu besichtigen.
Montag, 03. Oktober (Tag der deutschen Einheit) – Die 29. Großpilzausstellung ging heute in ihre letzte Runde. Wieder war sie ganztätig zu besichtigen. Imbiss gab es heute aber nicht mehr. Dennoch war wieder großer Andrang, sowohl was die Besichtigung der Ausstellung anbelangt, wie auch in der Pilzberatung. Pünktlich um 18.00 Uhr begann ich mit dem Abräumen der meisten Pilzarten. Insgesamt gelangten 292 Großpilze aus der Region zur Auslage. Das heißt natürlich Arten und nicht Einzelfruchtkörper. Ich denke, damit können wir zufrieden sein. Mehr als zwei arbeitsreiche Wochen liegen nun hinter mir und den Pilzfreundinnen und Freunden der Gemeinnützigen Gesellschaft Wismar e.V. Und es war knapp, denn der Regen Mitte September kam gerade noch rechtzeitig und war ergiebig genug, um die Frischpilze endlich teils im Überfluss aus dem Wald – und Wiesenboden zu locken. Das betrifft sowohl die Speisepilze für unseren Imbiss, wie auch die Ausstellungsexponate.
Der Wachstumsschub hat sich allgemein herum gesprochen und viele Pilzsucherinnen und Sucher in heimische Wälder gelockt. Immer wieder kommen Menschen voller Begeisterung in das Info – Zentrum und können den Pilzreichtum, den sie gesehen haben, kaum fassen. Steinpilze werden von manchen fast bis zum Bandscheiben – Vorfall eingesammelt. Aber immer noch gibt es Waldbereiche oder auch Wälder, die sich recht bedeckt halten. Hier dürfte es in den nächsten Tagen oder Wochen noch richtig los gehen. Sehr schön, dass es differenziert ist, so haben wir länger die Chancen auf gute Erfolge. Das Wetter spielt auch mit. Am Wochenende hat es überall geregnet und nun wird es sogar noch warm. Auch der Mittelfristtrend von heute Abend sieht pilzfreundliche Verhältnis bis zur Monatsmitte. Überwiegend eine milde West – bis Südwestlage mit Sonne, aber auch Regenfronten. Nachtfrost ist höchstens weit im Binnenland kurzeitig mal am Boden möglich. Weniger in M-V, als über Mittel- oder Süddeutschland.
Wir bedanken uns auch bei den Medien für entsprechende Hinweise auf unsere Pilzschau. So beispielsweise beim NDR 1 Radio M-V, der Ostsee – Zeitung und der Schweriner Volkszeitung!
Dienstag, 04. Oktober – Heute morgen hatte ich Termin mit der Schule am Rietberg in Steinhausen – Neuburg. Seit vielen Jahren steht hier im Herbst mit den Schülern der vierten Klassen eine Pilzwanderung auf dem Stundenplan. In diesem Jahr sind es wieder 2 vierte Klassen und heute war die erste von ihnen an der Reihe. Nach kurzer Begrüßung starteten wir in die Ortsnahe Forst Farpen. Den Wallberg hinauf, umrundeten wir den Ort zu Hälfte durch vielseitigen Mischwaldbestand. Es gab allerhand zu entdecken für die Kinder, die in diesem Alter noch voller Begeisterung dabei sind. Schwindlinge, die nach Knoblauch riechen, Rüblinge, die Freunde des Waldes sind. Rötelritterlinge, die nach Veilchenwurzel duften und andere, fast unwirklich grüne, die einen intensiven Anis – Duft ab gaben, sowie ein Schnitzling, der nach frischen Gurken roch. Milchlinge, die teils einen scharfen Saft absonderten, der die Zunge fast taub machte. Die Kinder waren mit allen Sinnen dabei. Es gab gelb anlaufende Gift – Champignons und grünhütige Knollenblätterpilze, die gefährlichsten überhaupt! Natürlich stellte ich letzteren ausführlich vor.
Nach der Schulspeisung folgte noch eine Unterrichtsstunde im Klassenzimmer. Die Schülerinnen und Schüler breiteten ihre Pilze auf den Tischen aus, und wir besprachen nochmals die Fundstücke. Essbare Pilze durften auch mit nach Hause genommen werden. Am Nachmittag öffnete ich das Info – Zentrum zur regulären Sprechzeit und am Abend fuhr ich noch zu einem Lokaltermin nach Tollow. Einem kleinen, verträumten Ort, in hügeliger Wiesen und Waldlandschaft, unweit des Züsower Forstes. Auf der grundstückseigenen Wiese wuchsen verschiedene Pilzarten, die ich begutachten sollte: Wiesen – Champignons, Nelkenschwindlinge, Glimmer- und Schopftintlinge waren es. Nun, es ist nicht unbedingt üblich, dass ich hinaus in die Weltgeschichte fahre, um eine Beratung durchzuführen. Aber es bot sich an, da mir im nahen Neukloster noch ein Korb voller Steinpilze übergeben werden sollte. Die landeten schließlich zusammen mit noch wunderbar frischen und knackigen Herrenpilzen aus dem Kühlschrank, die noch von unserem Auswechselmaterial zur Großpilzausstellung übrig geblieben waren, auf dem Trockner. So erfüllt sich während des Schreibens dieser Zeilen das Info – Zentrum mit dem wunderbaren Duft trocknender Steinpilze.
Mittwoch, 05. Oktober – Da keine Anmeldungen vorlagen, habe ich heute meine eigene Veranstaltung geschwänzt. Im Zuge der Mittwochsexkursionen wäre der letzte Quadrant des MTB Mestlin an der Reihe gewesen. Nicht das ich nicht im Kartierungsgebiet gewesen wäre, aber anstatt einer Inventur der Natur im entsprechenden Quadranten, legte ich heute den Fokus auf Fresspilze, vornehmer ausgedrückt, auf Speisepilze für den Trockner und den Tiefkühlschrank. Die kürzlich erst gesammelten Speisepilze gingen mehrheitlich am Wochenende unter die Leute. Der Gefrierschrank ist also fast schon wieder leer. So stehen inzwischen noch zwei Mittwochsexkursion im Messtischblatt Mestlin aus, die ich in den kommenden Wochen versuchen werde nachzuholen.
So besuchte ich heute zunächst das Hegholz und das Paradies. Teils in den letzten Jahren stark ausgelichtete Altbuchenbereiche. Hier waren einige Steinpilze für das Dörrgerät im Angebot. Anschließend fuhr ich in Richtung Mestlin. Ich besuchte das Große Holz, welches kürzlich regulär zur Mittwochsexkursion angesagt war. Damals gab es kaum Frischpilze, heute war es selbstredend eine ganz andere Geschichte. Hier fand ein Schopf – Tintlings – Stockschwämmchen – Aspekt statt. Die Waldwege waren garniert mit unzähligen der schnell in Autolyse übergehenden Spargelpilze. Diese zarten Speisepilze waren für meine Zwecke jedoch ungeeignet und ich stürzte ich mich auf die üppig mit Stockschwämmchen besetzten Buchenstubben. Es kamen einige Kilo dieser vorzüglichen Gourmet – Pilze zusammen. Nebenbei auch noch einige Steinpilze, aber ansonsten war das Angebot an hochwertigen Speisepilzen eher begrenzt.
Schließlich interessierte es mich, was in den sandigen Kiefernforsten der Schwinzer Heide so los ist. Ich spekulierte auf Maronen – Röhrlinge. Das Fazit war aber ernüchternd. Es gibt sie natürlich, aber zumindest in dem Bereich, in dem ich heute unterwegs war, eher in bescheidenen Mengen. Ich denke, hier sollten im Laufe der kommenden Wochen noch Reserven mobilisiert werden. Das war noch nix!
Donnerstag, 06. Oktober – Die Pilzberatung läuft derzeit auf Hochtouren. Die Ratsuchenden geben sich fast die Türklinke in die Hand, jedenfalls sinnbildlich geschrieben. Die Eingangstür ist nämlich offen. Ganz überwiegend waren es heute wieder die leicht giftigen Karbol – Champignons, die für lange Gesichter sorgten. Diese werden meist aus Zufall entdeckt oder sie wachsen plötzlich im eigenen Garten oder auf dem Grundstück. Aber auch echte Pilzsucherinnen und Sucher waren durchaus erfolgreich. So musste ich beispielsweise einen großen Korb voller Röhrlinge durchsehen, um eine mögliche, bittere Überraschung, auszuschließen. Eigentlich sollte ich nur kurz einen Blick rauf werfen, aber sicher ist sicher und die glückliche Finderin war am Ende froh, dass ich darauf bestand, das gesamte Röhrlings – Sammelgut in Augenschein zu nehmen. Es waren ganz überwiegend Maronen – Röhrlinge und Steinpilze. Aber, als hätte ich es geahnt, zwei knackige Gallen – Röhrlinge hatten sich doch eingeschlichen. Das wäre bitter geworden!
Wie der Zufall es wollte, ich hatte gerade Urlauber aus Süddeutschland zu Gast, die vor einigen Jahren schon mal auf einer Pilzwanderung dabei waren. Einer von ihnen, daran konnte ich mich noch erinnern, schmeckt die ziemlich extremen Bitterstoffe des Gallen – Röhrlings nicht heraus. Wir testeten es auf der damaligen Wanderung und auch heute wieder. Die Sammlerin musste nach einer Kostprobe auf die Straße gehen und diese dort ausspucken. Besagter Urlauber schmeckte keine Bitterkeit. Im Prinzip könnte er diesen übel schmeckenden Burschen essen, aber ich denke, nach der Zubereitung dürfte das Aroma noch intensiver rüber kommen. Ich weiß nicht, ob das wirklich eine gute Idee wäre.
Und noch ein Hinweis in eigener Sache. Vom 21. – 23. Oktober 2022 soll unser diesjähriges Herbstseminar zum Thema Großpilze im Warnowtal bei Karnin stattfinden. Dafür habe ich das Haus der Natur gebucht. Im Frühling waren wir schon einmal hier zu Gast. Die Örtlichkeit liegt ruhig und Idyllisch im tief eingeschnittenen Durchbruchstal der Warnow. Wir haben das Haus also ganz für uns allein, müssen uns aber selbst verpflegen. Küche ist vorhanden und reichlich Wald auch. Wer Lust hat ein Pilzwochenende in Mecklenburg zu verbringen, kann sich gerne noch anmelden und im Haus der Natur einbuchen. Auch Pensionen in der Nähe wären als Unterkunft denkbar, denn es sind dort meist Mehrbettzimmer auf dem Niveau einer Jugendherberge vorhanden. Ich habe den Anmeldeschluss auf den 15. Oktober 2022 festgelegt. Sie unter Termine!
Freitag, 07. Oktober – Eine individuell gebuchte Pilzwanderung stand heute in meinem Termin – Planer. Die Wanderung war ein Geburtstagsgeschenk an eine junge, pilzbegeisterte Frau. Eltern und Bekannte begleiteten sie. Ziel sollte ein Waldgebiet zwischen Schwerin und Wismar sein. Ich suchte die Haushalt Forst zwischen Zickhusen und Drispeth aus. Das Waldgebiet gehört zu unseren artenreichsten Buchenwäldern und ist besonders bei Raritäten – Freunde zum Pilgerort geworden. Nun, diesbezüglich sah es leider, wie erwartet, trübe aus. Überhaupt ein für dieses Revier sehr dürftiges Angebot. Aber das war ohnehin nicht unbedingt das Ziel der heutigen Wanderung. Vielmehr ging es um Speisepilze und vielleicht einige neue dazu kennen zu lernen.
So konnte das Wissen über Stockschwämmchen und seinem stark giftigen Gegenspieler, dem Gifthäubling, vertieft werden. Beide Arten konnten gegenüber gestellt werden. Es ging um das Erkennen der verschiedenen Hallimasch – Arten und dessen Abgrenzung zu ähnlichen Schüpplingen, wie dem Pinsel – Schüppling. Die Unterschiede zwischen essbaren Lacktrichterlingen und ähnlichen, leicht giftigen Rettich – Helmlingen konnten heraus gearbeitet werden. Auch der deutliche Unterschied zwischen dem sehr leckeren Rosablättrigen Helmling und dem giftigen Rosa – Helmling war Thema der heutigen Wanderung. Ansonsten füllten Klassiker wie Steinpilze und Flockenstielige Hexen – Röhrlinge die Körbe. Rotfuß – Röhrlinge, sowohl das Derbe, wie auch das Gemeine, fungierten über weite Strecken als Bodendecker. So waren die Körbe zum Ende gut gefüllt und alle waren zufrieden, außer ich, der sich doch ein wenig mehr Vielfalt gewünscht hätte. Das windige Wetter der letzten Tage hat allerdings bereits an vielen Frischpilzen seine Spuren hinterlassen. Auch gab es in der Haushalt – Forst Bereiche, die nur wenige Frischpilze enthielten. Es ist immer noch differenziert. Von Himmel hoch jubelnd bis traurig betrübt.
Sonnabend, 08. Oktober – Nach einer etwas längeren Pause stand heute wieder eine öffentliche Lehrwanderung auf dem Programm. Ziel waren die Forste bei Dabel. Geplant waren eigentlich die Kukuksbuchen. Durch einen Fahrfehler meinerseits, landeten wir jedoch in den nahen Seetannen, in denen wir im Sommer schon einmal unterwegs waren. Damals gab es bis auf wenige Täublinge kaum weitere Frischpilze. Grund war nicht nur die relativ frühe Jahreszeit, sondern vielmehr die Trockenheit. Heute befanden wir uns nicht nur in der Hauptsaison, es ist nun glücklicherweise auch feuchter geworden und seit Ende September läuft auch die Pilzsaison im westlichen Mecklenburg auf Hochtouren. Die Seetannen sind ein Mischwaldrevier mit Nadelholz – Dominanz. Kiefern und Fichten, aber es gibt natürlich auch Laubholz, vor allem Buchen, Eichen und Birken.
Die Artenvielfalt war zwar nicht überbordend, so wie anderswo auch, aber Frischpilze, vor allem Röhrlinge, gab es in größeren Mengen. So füllten sich, neben lehrreichen Erläuterungen der drei anwesenden Pilzsachverständigen aus Renzow, Hamburg und Wismar, die Körbe der meisten Teilnehmer nicht nur mit volkstümlichen Klassikern wie Rotfuß – Röhrlingen, Maronen, Sandpilzen, Steinpilzen und Krausen Glucken, sondern auch mit Perlpilzen, Scheidenstreiflingen, Riesenschirmpilzen, essbaren Täublingen und manchem mehr. Mit gut 25 Teilnehmern war die Wanderung heute sehr gut besucht.
Das Wetter war nahezu ideal, bevor am Nachmittag, nach Beendigung der Lehrwanderung, auch mal kräftige Regengüsse, teils mit Blitz und Donner durchzogen. In Sternberg schüttete es kurzzeitig wie aus Kübeln. In Wismar fand ich allerdings nur 1,5 Liter in meinem Messbecher. Die Witterung in der Mittelfrist soll pilzfreundlich weiter gehen. Wir verbleiben weiterhin in einer südwestlichen Anströmung und daher in recht milden Luftmassen. Erst zum kommenden Wochenende könnte es ungemütlicher mit Regenfällen und Wind werden. Ein Kaltlufteinbruch ist jedoch nicht auszumachen.
Sonntag, 09. Oktober – Mit der Gemeinschaft Leben in Bützow war ich heute im Rahmen einer individuellen Wanderung am Fernsehturm Schlemmin verabredet. Bei goldenem Oktoberwetter vom feinsten, durchstreiften wir einen kleinen Bereich der Schlemminer Staatsforst auf der Suche nach Speisepilzen, aber vor allem auch, um Wissen über Speisepilze zu vermitteln, die im allgemeinen von vielen Pilzsucherinnen und Suchern stehen gelassen werden. Im Anschluss der Wanderung sollten die gesammelten Werke in Gemeinschaft zubereitet und verzehrt werden.
Unter fachkundiger Führung wanderten nun Pilze in die Sammelbehältnisse, die sonst sicher nicht für eine besonders bunte Mischung gesorgt hätten. Gleich zu Beginn stellte ich das Stockschwämmchen vor. Niemand hätte gedacht, das diese Stubbenpilze zu den leckersten gehören, die unsere Wälder zu bieten haben. Sogleich etliche Büschel des Hallimasch. Auch dieser Holzbewohner war eigentlich nur vom Namen her ein Begriff. Dazwischen Violette Rötel – Ritterlinge. Erstaunen, dass auch dieser ein Speisepilz sein soll, trotzt seiner markanten Färbung und den Lamellen unter dem Hut. Derweil wurden natürlich allerhand im Überfluss stehende Rotfuß – Röhrlinge eingesammelt, die meist für Maronen gehalten wurden. Richtig kriminell wurde es, als wir Flockenstieligen Hexen – Röhrlingen begegneten. Aus der Gruppe heraus wurde eindringlich vor diesem Pilz, der Satanspilz genannt wurde, gewarnt. Ungläubiges Staunen, als ich erklärte, dass dieser so giftig aussehende Pilz einer unserer besten Speisepilze sein soll. Keinem der Teilnehmer wäre jemals in den Sinn gekommen, so ein buntes Zeug, dass zudem noch so intensiv blau anläuft, in den Korb zu legen, geschweige denn auf den Teller zu bringen.
Als dann die erste Gruppe von Steinpilzen auftauchte, war natürlich Begeisterung angesagt. Ein weiterer, sehr guter und wichtiger Speisepilze war der Frauen – Täubling. Ich stellte den Perlpilz vor und die leicht giftigen Gelben Knollenblätterpilze. Zwischen ihnen dann aber ein deutlich grünhütiges Exemplar, über das besonders ich hoch erfreut war. Ein Grüner Knollenblätterpilz! Der wurde natürlich ganz besonders gewürdigt und vorgestellt.
Nach dem wir uns verabschiedet hatten, sammelte ich noch Hallimasch zum Einfrieren für einen zukünftigen Pilz – Imbiss ein. Ich wollte gerade nach Wismar fahren, als mich Catrin von zu Hause anrief. Sie wohnt gleich um die Ecke und sie fragte mich, ob ich noch weiteren Hallimasch gebrauchen könnte. Auch Steinpilze und Flockenstielige Hexenröhrlinge zum Trocknen hätte sie noch im Angebot. Natürlich, nehme ich dir gerne ab und so trafen wir uns auf dem Parkplatz am Fernsehturm. Ich bedanke mich ganz herzlich! So habe ich wieder bis in die Nacht hinein zu tun, die gesammelten Werke zu verarbeiten.
Montag, 10. Oktober – Volles Programm auch an diesem Montag wieder in der Pilzberatungsstelle in Wismar. Die Hochsaison läuft weiterhin auf vollen Touren. Allerdings geht der Trend allmählich weg von den giftigen Karbol – Champignons, hin zu gesammelten Waldpilzen. Während die Karbol – Champignons auf Zufallsfunde oder plötzlichen Auftretens in Gärten oder auf Grundstücken beruhen, ist nun gezieltes Pilze Suchen in Wald und Flur und die damit verbundenen Unsicherheiten der Anlass eine Pilzberatung in Anspruch zu nehmen. Das heißt aber nicht, dass diese Egerlinge nicht mehr vorgelegt werden. Es sind nun meist aber bereits ältere Semester und weniger junge Pilze. Das verdeutlicht das Abflauen des heftigsten Wachstumsschubes dieses Jahres. Insbesondere von Champignons und den obligatorischen Röhrlingen, insbesondere Schmierröhrlingen und Steinpilzen. Für den Mondtheoretiker ohnehin klar. Wir hatten gestern Vollmond. Er nimmt nun wieder ab und mit ihm auch das Pilzwachstum, so ihre Theorie. Das allgemeine Pilzaufkommen wird sich dessen unbeeindruckt zeigen.
Es wird auch in den nächsten Tagen und Wochen viele Pilze in Wald und Flur gegen. Nur dass sich die Artenzusammensetzung allmählich mehr und mehr in Richtung Spätherbst ausrichtet. Immer dominanter werden nun Hallimasch, Rötelritterlinge, Nebelkappen und Arten, die es kühler mögen, so wie die wunderbaren Rauchblättrigen Schwefelköpfe. Auch das Heer der echten Ritterlinge wird zulegen und auch Milchlinge lieben den späteren Herbst. Allen voran die delikaten Edel – Reizker. Ohne Unterlass bilden derzeit aber die Herbst – Rotfüße in trauter Eintracht mit den Gemeinen Rotfüßchen Massenbestände in Laub- und Nadelwäldern aus. Auch Maronen – Röhrlinge könnten noch stärker zulegen.
Ob die Kälte liebenden Arten wir Frost – Schnecklinge bereits Lust auf Wachsen haben, gilt zu beobachten. Die mittelfristige Wetterentwicklung sollte ihnen nicht gerade entgegen kommen. Es bleibt mild und in der nächsten Woche könnte sogar der Spätsommer noch einmal ein Gastspiel liefern. Die Südwestströmung soll immer mehr auf steilen und sehr warme Subtropikluft könnte Deutschland fluten. Glaubt man der Mond – Theorie, kann dann vielleicht zum nächsten Neumond, ab 25. Oktober, nochmals ein Schub von Champignons und Steinpilzen aus dem Boden gekitzelt werden. Gerade Steinpilze haben an manchen Standorten, die bis jetzt noch zu trocken waren, ein gewisses Potenzial. Ob es genutzt wird, bleibt abzuwarten.
Dienstag, 11. Oktober – Dienstag und Freitag ist bei mir immer etwas Haushalt angesagt. Wäsche in die Maschine, eine CD eingeordnet in meine sehr umfangreiche Sammlung, etwas Bad reinigen und dann aber los. Kurz in das Info – Zentrum, Korb und vorbereitete Exkursionstasche geschnappt und ab auf den Leichtkraftroller. Ich musste mich sputen, denn es war bereits halb 10 und um 14.00 Uhr sollte ich wegen regulärer Sprechzeiten, zu der sich bereits Ratsuchende angemeldet haben, wieder im Steinpilz – Wismar sein. Ich hatte ein ehrgeiziges Ziel, denn ich wollte heute noch schnell eine der noch ausstehenden Mittwochsexkursionen im Messtischblatt Mestlin nachholen. Im MTB 2437/3 findet sich nur wenig Wald. Zwei kleine Reviere nur. Ich wählte eines bei Grebbin aus. In Grebbin entspringt übrigens ein Fluss, der bei Warnemünde als breiter Strom in die Ostsee mündet. Die Warnow, versteht sich. Aber das nur am Rande.
Ich war gegen 11.00 Uhr dort und hatte nur wenig Zeit, denn gegen 12.30 Uhr sollte ich wieder aufbrechen. Das nur wenige ha große Waldgebiet stellt um diese Jahreszeit für ein solches Unterfangen in so kurzer Zeit trotz dem eine Herausforderung dar, denn Pilze überdeckten den gesamten Waldboden. Mit fotografieren und notieren dauert es doch etwas und die Zeit lief mir davon. Immerhin schaffte ich gut 50 Arten, welches um diese Jahreszeit keine sonderlich große Leistung ist. Fichtenforst, etwas krautreicher Kiefernwald und Buchenbestand mit einer schönen Sonnenkannte. Derbe Rotfüßchen in Massen, Täublinge und viele frische und mastige Perlpilze waren hier neben Kahlen Kremplingen und Gelben Knollenblätterpilzen dominant. Die Steinpilze waren hier wohl schon durch oder werden etwas später starten. Aber vielleicht geht in dieses Wäldchen auch mal der eine oder andere Anwohner nach dem Rechten schauen.
Bemerkenswert waren für mich heute die ersten, herrlichen Graublättrigen Schwefelköpfe an Fichtenstubben und eine Pilzart, die seit meiner Jugend auf meiner Wunschliste stand. Das ich sie je einmal zu Gesicht bekommen werde, die Hoffnung hatte ich schon lange begraben, obwohl ich immer wieder mal an den Pilz dachte. Neben den Schwefelköpfen ein Büschel ungewöhnlich aussehender, mir fremd erscheinender Pilze. Ich löste ein Exemplar vorsichtig aus dem Verband und sofort war mir klar, dass es sich um einen Mürbling handelte. Wie üblich und reflexartig mal drann riechen. Ein starker, süßlicher Duft (ähnlich Hebeloma sacchariolens) schien die Bestimmung leicht und für mich eindeutig zu machen. Ich notierte Psathyrella suavissima, den Süßriechenden Mürbling, den ich vor etlichen Jahren schon einmal fand. Eine sehr seltene Art! Ich war glücklich und der lange Anfahrtsweg, mit kurzer Exkursionszeit, hat sich für mich gelohnt.
Am Abend wertete ich die Bilder aus und musste meine Bestimmung noch am Fundmaterial nachprüfen. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass ich auf dem Holzweg war. Es gibt noch einen weiteren Mürbling, der diesen süßlichen Duft absondern kann. Die Betonung liegt auf kann, denn im allgemeinen kommt der Verdächtige eher geruchlos daher oder soll gasartig riechen. Die Informationen entnahm ich dem Pilzkompendium von Erhard Ludwig, Bd. 2. Er zeigt hier auch eine Kollektion, die diesen typischen Duft aufgewiesen haben soll. Ich verglich sogfältig und kam zu dem Entschluss, es kann sich nur um das Medusenhaupt handeln. Meine Freude darüber kann ich kaum in Worte fassen. Ein Leben lang wünscht man sich, diesem Pilz einmal zu begegnen und dann erkennt man ihn noch nicht einmal im Feld! Schuld war der starke süßliche Duft, den ich so nur beim Süßriechenden Mürbling verortet hätte. Das aber das Medusenhaupt auch so duften kann, hatte ich nicht auf dem Sender. Man lernt nie aus!
Mittwoch, 12. Oktober – Heute stand wieder eine reguläre Mittwochsexkursion auf dem Programm. Ein neues Messtischblatt wurde in Angriff genommen: 2033 = Boltenhagen. Bereits im letzten Jahr war diese Topographische Karte schon einmal mittwochs an der Reihe. Damals jedoch im Frühling. Heute ging es in den ersten Quadranten. Der Tarnewitzer Urwald zieht sich von Klütz/Boltenhagen bis Eulenkrug und verlängert sich noch etwas in südöstlicher Richtung. Schwerer, gehaltvoller Boden herrscht im Klützer Winkel vor. Ich war hier nicht allein unterwegs, sondern hatte wissbegierige Gäste aus Süddeutschland mit dabei. Vater, Mutter und Sohn. So suchten vier Augenpaare nach allem, was im Feld für mich bestimmbar scheint. Zielsetzung waren mindestens 50 Arten. Und diese magische Grenze war nach etwa 3 Stunden erreicht. Genau der Zeitrahmen, den die Urlauber für sich gesetzt hatten. Es wurde aber nicht nur allerhand Pilzkunde von mir vermittelt, auch ein herzhaftes Pilzgericht steht heute Abend in ihrer Ferienwohnung auf dem Tisch. Überwiegend von Hallimasch und zwei mastigen Fahlen Röhrlingen.
Nach der Verabschiedung drehte ich noch weiter meine Runden und füllte dabei auch meinen großen Weidenkorb reichlich mit Hallimasch vom feinsten. Er wandert in den Gefrierschrank. Am Ende kam ich schließlich noch auf 77 Arten. Wir finden im Tarnewitzer Urwald wirklich auch uralte Baumriesen von Rotbuchen, aber auch Hainbuchen, Eichen und Bruchwälder mit Erlen und Eschen. Etwas Fichtenforst ist auch dabei. Das Eschensterben schreitet auch hier voran und sorgt auch dafür das die hier beheimateten Holzkohlenpilze genug Nahrung vorfinden. Auch der Hallimasch macht sich dankbar über das viele Totholz her. An gestürzten Buchenstämmen leuchten etliche Stachelbärte. Überhaupt verdient dieses Gehölz die Bezeichnung Urwald zu recht. Über weite Strecken wäre hier schon ein Buschmesser angebracht, um sich den Weg zu bahnen. Das Wetter war dazu ein Traum. Viel Sonne und milde Temperaturen und dazu so gut wie kein Wind.
Donnerstag, 13. Oktober – Am Abend, wenn andere schon längst Feierabend haben, ist es für mich noch lange nicht soweit. Zumindest muss das Tagebuch noch aktualisiert werden. Dass die Konzentration dann meist nicht mehr die Beste ist, versteht sich von selbst. Daher, aber nicht nur, auch meiner wohl altersbedingten Zerstreutheit geschuldet, schleichen sich nicht selten Fehler ein. So auch gestern wieder, bei der wissenschaftlichen Bezeichnung meines Top – Fundes im Tarnewitzer Urwald. Natürlich ist es nicht Ossicaulis lignicola, sondern O. lignatilis. Der aufmerksame Tagebuchleser und natürlich auch die Leserinnen, werden es bemerkt haben. Ich bitte um Verzeihung! Dem echten Mykologen stehen angesichts meiner wissenschaftlichen Bezeichnungen ohnehin die Haare zu Berge, weil ich meist die veralteten Gattungs-, teils auch Artnamen verwende. Nicht weil ich mich nicht darum kümmere, sondern eher deswegen, weil ich keine Lust habe, mich täglich darüber zu informieren, wie die auf meinen Fotos gezeigten Pilzarten heute gerade mal wieder heißen. So wird der Maronen – Röhrling, um ein Beispiel anzuführen, bei mir weiterhin auf Xerocomus badius hören und nicht auf Imleria. Aber ein Mykologe, selbst der versierte Hobby – Mykologe, wird sich ohnehin nicht mit meiner volkstümlichen Pilzkunde beschäftigen. Der arbeitet auf einer höherer Stufe.
Die Inanspruchnahme der Pilzberatung hat sich inzwischen wieder auf ein für den Herbst durchschnittliches Niveau eingepegelt. Der große Andrang ist abgeflaut. So tauchte heute auch die Frage auf, was denn mit der großen Pilzschwämme sei, wie die Mundpropaganda es zelebriert und die Medien es verbreitet haben. Man muss doch ganz schön suchen, um eine Mahlzeit zusammen zu bekommen. Ich versuchte es der Ratsuchenden zu erläutern, worauf es in diesem Herbst ankommt und dass es sehr differenziert sein kann. So auch gestern im Tarnewitzer Urwald. In den vielversprechenden Buchenbereichen kaum mal ein Frischpilz. Dafür in den feuchteren Erlen – Eschenbereichen oder im moosigen und ebenfalls etwas feuchteren Fichtenstandort ein ganz anderes Bild. Pilze mitunter als Bodendecker. Die relative Trockenheit an vielen Standorten wird dafür sorgen, dass sich die Saison wohl noch bis in den Winter hinein ziehen wird, falls es nicht zu kalt, zu frostig werden sollte.
Wettertechnisch wird es mittelfristig jedoch spannend. Subtropische Spätsommerluft und polare, teils sogar arktische Winterluft, versuchen in der kommenden Woche über Deutschland Fuß zu fassen. Zunächst gewinnt die Warmluft, aber dann könnte es mit den Temperaturen auf Talfahrt gehen. Nach einem warmen Montag, zieht zum Dienstag eine Kaltfront durch und es kühlt bei uns im Nordosten schon mal deutlich ab. Aber noch nichts großes. Zumindest könnte das Bodenfrost – Risiko etwas zunehmen. Zum übernächsten Wochenende wird es aber wirklich spannend. Der Abendlauf des amerikanischen GFS deutet einen massiven Kaltlufteinbruch mit ersten Schneeflocken und knackig kalten Nächten an! Andere Modelle lassen die sehr milden Luftmassen, subtropischen Ursprungs, eher wieder bis zu uns gelangen. Es wird also ein Luftmassengerangel geben und ob der Spätsommer oder der Frühwinter als Sieger hervor geht, steht in den Sternen.
Freitag, 14. Oktober – Heute Vormittag stand eine individuelle Pilzwanderung in meinem Termin – Planer. Ich traf mich um 09.00 Uhr auf dem Parkplatz Kopenhagener/Stockholmer Straße in Wismar, unweit des Omnibus – Bahnhofes, mit einem kleinen Familienverband, der mich gebucht hatte. Dort, wo auch morgen gegen 08.00 Uhr der Ersttreffpunkt zur Lehrwanderung durch die Barniner Tannen sein soll. Mit zwei Autos starteten wir in Richtung Warin. Über Graupenmühle und Weiße Krug ging es hinaus, bis in die sandig – sauren Nadelforste zwischen Labenz und Klein Görnow. Die moosigen Reviere mit Kiefern und Fichten in unterschiedlicher Altersstruktur sind bei vielen Pilzsuchern eine gute Adresse. Als ich hier vor knapp vier Wochen Moos für meine Ausstellungsflächen holte, herrschte hier bezüglich Frischpilzen noch tote Hose. Ein völlig anderes Bild offenbarte sich uns heute. Die Hochsaison tobt hier mit aller Macht und Fülle! Frischpilze praktisch als Bodendecker.
Helmlinge, Rüblinge, Trichterlinge, Schleierlinge Falsche Pfifferlinge und unzählige Milchlinge. So Rotbraune Milchlinge, Flatter – Milchlinge, Leberbraune Milchlinge, Bruchreizker mit ihrem intensiven Maggi – Duft und an den kalkhaltigen Wegrändern sogar Edel – Reizker. Wulstlinge vor allem in Form der leicht giftigen Gelben Knollenblätterpilze, aber auch essbare Perlpilze. An Stubben vor allem giftige Schwefelköpfe und bittere Flämmlinge. Kahle Kremplinge in größeren Mengen und, und, und… Natürlich auch der Pilz des Jahres in seiner roten und orangegelben Variante. Stellenweise Dunkle Hallimasch in bester Qualität und an volkstümlichen Klassikern Maronen – Röhrlinge praktisch überall und in allen Alterststadien. Mit etwas Glück auch mal ein Steinpilz dazwischen. Schade, dass ich kaum Zeit habe, um diese leckeren Speisepilze für meine Dörrgeräte in größeren Mengen zu sammeln. Einfach zu viele andere Termine. Aber für einen Trockner voll reichte es heute ganz nebenbei, denn auf einer Lehrwanderung muss ich mich schließlich um meine Begleiter kümmern, die nicht nur ihre Körbe füllen möchten, sondern auch etwas dazu lernen wollen.
Das Wetter war leider nicht ganz optimal. Es regnete zeitweise in unangenehmer Form. Bei milden Temperaturen aber Pilzwetter vom feinsten. Stichwort mild. Es wird in den nächsten Tagen noch milder und vor allem am Montag kann der Nordosten sogar die Wärmehochburg Deutschlands werden. Besonders in Sachsen – Anhalt und Berlin Brandenburg kann es sogar noch einen Sommertrag mit 25 Grad im Schatten geben. Wir an der Küste brauchen mit 20 Grad auch nicht gerade frieren. Danach kühlt es wieder etwas ab. Ob uns die seit Tagen angekündigte Kaltluft erreicht, steht noch nicht fest. Die Modelle haben zurück gerudert und die Zeichen stehen meist weiterhin auf milde Luft aus dem Süden. So kann es statt des massiven Kaltluftvorstoßes, welchen das GFS im gestrigen Abendlauf andeutete, eher nochmals einen kräftigen Warmluftvorstoß aus dem Mittelmeerraum geben. Aber das letzte Wort scheint hier noch nicht gesprochen. Nordöstlich der Elbe ist die Kälte noch nicht ganz vom Tisch!
Sonnabend, 15. Oktober – Eine öffentliche Lehrwanderung führte heute zurück in meine Kindheit. In den Wald, in dem ich meine ersten Begegnungen mit Pilzen hatte. Zwischen Demen und Buerbeck im Landkreis Ludwigslust – Parchim. Damals wahrscheinlich zum Kreis Schwerin im gleichnamigen Bezirk der DDR gehörig. Ich entsinne mich an gelbe Teppiche mit Eierschwämmen und bunten, großen Pilzen, in deren vertiefter Mitte das Regenwasser stand. Alles Giftpilze wurde mir gesagt und Fußballspielen mit ihnen war angesagt und es hat Laune gemacht! Nun ja, was weiß ein kleiner Erdenbürger schon, der gerade das Licht der Welt erblickt hat. Heute denke ich, es waren vor allem Täublinge, also keineswegs Giftpilze, und teils sicher sogar essbar. Als Stadtkind konnte ich es damals kaum erwarten, wenn es hieß, wir fahren zur Oma nach Demen. Nächte vorher bekam ich kaum ein Auge zu, so sehr freute ich mich darauf. Später half ich in der Ernte, es wurde geangelt und natürlich in den nahen Wald zum Pilze suchen gegangen. Manchmal auch mit getrübter Freude, wenn meine mit Stolz entdeckten Steinpilze statt in der Bratpfanne, auf dem Misthaufen landeten. Auf den Tisch kamen nur Pfifferlinge, sonst nix!
So starteten wir heute genau am Familieneigenen Waldgrundstück am Ortsrand von Demen. Genau 1 ha Wald erhielt die Familie Krakow 1946 im Ramen der Bodenreform, welcher auch heute noch in unserem Besitz ist. Überwiegend Kiefernforst. Es fanden sich gut 30 Pilzbegeisterte aus nah und fern am Waldrand in Demen ein und wir brachen bei wunderbar goldenem Oktoberwetter zu einer pilzreichen Wanderung durch die auf sandigem Untergrund stehenden Mischwälder, mit Dominanz von Kiefern und Fichten, auf.
Das Angebot war recht vielseitig und von einigen Röhrlings – Klassikern wie Rotfüßchen, Marone oder Stein- und Hexen – Röhrlingen, standen beispielsweise Perl- und Pantherpilze im Mittelpunkt des Interesses. Sie konnten heute wirklich in allen Altersstufen und Variationen vorgestellt werden. Vertreter der Riesenschirmpilze waren dabei und einiges mehr. Am Ende der Tour waren die meisten Körbe gut gefüllt. Herzlichen Dank auch an dieser Stelle an Phillip Müller, der mich tatkräftig unterstützte, denn mit einer so ansehnlichen Zahl an wissbegierigen Pilzfreundinnen und Freunden wäre es sonst doch sehr anspruchsvoll geworden.
Im Anschluss an unsere Wanderung fuhr ich noch mit Catrin aus Bützow und Martin aus Hamburg in die Aufforstung am Kiestagebau bei Perniek. Wir steuerten den Sonderstandort mit Kiefern und Fichten an, um vielleicht noch ganz besonders interessante Arten zu finden. Es wuchs auch reichlich, aber nicht so üppig wie beispielsweise im Oktober des letzten Jahres. Es liegt hier an den noch relativ trockenen Kiesböden. Aber dennoch waren beispielsweise die Unmengen von Marzipan – Schnecklingen überwältigend. Immerhin eine Art der Wachsblätter, die eigentlich auf montanen Lagen zu finden ist und bei uns im Flachland nur selten einmal vorkommt. Es gab natürlich auch schöne Edel – Reizker und manches mehr.
Sonntag, 16. Oktober – Eigentlich wäre ich heute wieder ausgebucht gewesen. Eine individuelle Pilzwanderung im Raum Ratzeburg und am Nachmittag mit einem Drehteam von Wismar – tv in den Wald. Corona sei Dank oder Fluch, die individuelle Geschichte musste eben wegen diesem Virus abgesagt werden. Der Vormittag war plötzlich frei. Was fangen wir (ich) mit ihm an. Eine Option wäre gewesen, Phillip Müller auf seiner heutigen Lehrwanderung zu begleiten und etwas zu entlasten, so wie er es bei mir gestern getan hat, oder aber die noch ausstehende Mittwochsexkursion im vierten und damit letzten Quadranten des MTB Mestlin nachzuholen. Das Wetter war schön und ausgesprochen mild und bis in das Kartierungsgebiet ist es von Wismar aus nicht gerade ein Katzensprung. Da ich immer an frischer Luft mobil auf meinem Zweirad unterwegs bin, fand ich es einfach vernünftig, dieses Wetter auszunutzen. Es wird schon noch früh genug ungemütlich. Außerdem habe ich es nicht gerne, wenn ich noch eine Veranstaltung in der Warteschleife habe.
Gedacht und getan, ich fuhr in die Sehlsdorfer Tannen. Vor einigen Jahren schon einmal zu den Mittwochsexkursionen und ebenfalls im Oktober das Ziel. Heute war es dort wesentlich pilzreicher. Frischpilze sozusagen als Bodendecker. Nur die Artenvielfalt ließ etwas zu wünschen übrig. Das relativ kleine Waldgebiet ist von landwirtschaftlichen Nutzflächen umgeben und auf weite Strecken entsprechend mit Nährstoffen angereichert. So ziemlich verkrautet, allen voran mit Him- und Brombeeren. Dort, wo sie nicht so wucherten, dicke saftig grüne Moospolster in den Fichten und Kiefern. Viele Helmlinge, Zapfen – Rüblinge, Kahle Kremplinge und Falsche Pfifferlinge sowie manches mehr. Die vorhandenen Maronen – Röhrlinge größtenteils überständig. Überhaupt hat es hier nicht gereicht, etwas für den Gefrierschrank oder für das Dörrgerät einzusammeln. Aber das war auch nicht das vordergründige Ziel, wäre aber schön gewesen, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu erschlagen. Viel Zeit hatte ich ohnehin nicht und nach knapp 2 Stunden hieß es bereits wieder aufsitzen und zurück nach HWI. Pünktlich um 15.00 Uhr traf ich am verabredeten Treffpunkt am ZOB mit dem Team von Wismar – t-v zusammen. Wir fuhren in einen Stadtnahen Wald, um vor Ort einige Szenen zum Thema Pilze – Sammeln zu drehen.
Ich hatte das Sophienholz ausgesucht. So gleich beim Einparken im Wald begrüßte uns der Pilz des Jahres 2022. Genau an einer mir bekannten Steinpilz – Stelle und der Pfeffer – Röhrling war ebenfalls anwesend. Wer fehlte, war jedoch der Chef, also der beliebte Herrenpilz. Macht nichts, dafür ein Prachtkerl von einem Perlpilz für die Fernsehkamera, der von mir fachgerecht geerntet wurde und ich machte auf seine markanten Merkmale aufmerksam. Wenige Meter weiter, der wichtigste Pilz überhaupt, eine Gruppe Grüner Knollenblätterpilze! Welch ein Glück, auch ohne Steinpilz ganz wunderbar. Nun sollte der Korb der Moderatorin schließlich auch noch mit Inhalt gefüllt werden. Herrlichste Stockschwämmchen und reichlich frischer Hallimasch boten sich dafür an. Alles im Umkreis von maximal hundert Metern und alles war im Kasten und der Korb gut und fernsehtauglich gefüllt. Der Beitrag soll von Dienstag bis Freitag in der Sendeschleife von wismar-tv laufen. Ich bin gespannt, was ich mir hier zusammen genuschelt habe.
Montag, 17. Oktober – Ich hoffe doch sehr, dass die Hallimasch – Pfanne der Mitarbeiterin von Wismar – tv gut bekommen ist. Bei fachgerechter Zubereitung sollte das auch so sein. Wenn nicht, kann es nach Verzehr von Hallimasch durchaus zu Komplikationen kommen. So bei einer Wismarer Familie heute Morgen. Pünktlich um 09.00 Uhr erwartete mich bereits der Mann der Familie. Er wurde von der Gift – Notrufzentrale in Freiburg an den Steinpilz – Wismar verwiesen. Gestern Abend stand eine üppige Mahlzeit Hallimasch auf der Speisekarte. Im eigenen Garten gesammelt. Nicht angebaut, sondern ganz von selbst an einem alten Obstbaum gewachsen. Die Stiele wurden mit verwertet, obwohl sie strohig und besonders schwer verdaulich sind! Zudem gehe ich davon aus, dass die Pilze möglicherweise nicht lang genug erhitzt worden sind. Trotz allem sollen sie gut geschmeckt haben. Bis heute Morgen, als ihnen schlecht wurde und Erbrechen einsetzte. Die Frau erlitt sogar einen Schwächeanfall. Nun war guter Rat teuer. Noch in die Notaufnahme oder das ganze aussitzen? Wir entschieden uns für letzteres, denn im Garten unter Obstbäumen sind keine hochgiftigen Knollenblätterpilze zu erwarten.
Bedenklich war jedoch die relativ lange Latenzzeit. Diese kann laut Flammer und Horak durchaus eine Spanne von einer viertel bis 24 Stunden betragen! Bei langen Latenzzeiten sollten die Alarmglocken klingeln, da eine Knollenblätterpilzvergiftung nicht ausgeschlossen werden kann. Der Hallimasch gehört in eine Gruppe, die Pilzindigestionen hervor rufen können. Nicht verursacht durch Giftpilze im engeren Sinn, aber durch Arten, die toxisch unter bestimmten Bedingungen wirken können. Diese Bedingungen sind: Rohgenuss, falsche Zubereitung, verdorbene Speisepilze, Schwerverdaulichkeit, übermäßiger Genuss, individuelle Unverträglichkeiten, Allergie auf Pilzeiweis oder auch Intoleranz gegenüber von Pilzeiweiß. Die Pilzgifte werden beim Kochen oder ausreichendem Erhitzen zerstört. Speisepilze können aber auch durch Zersetzung alter Pilzfruchtkörper, Verunreinigung mit Bakterien, Herbiziden, Pestiziden oder Schwermetallen giftig wirken. Erste Symptome sind Völlegefühl, Blähungen, Bauschmerzen, Brechreiz, Brechdurchfälle, rascher Puls, Angstreaktionen. Eine selten auftretende Sonderform ist akuter Hirntod bei Kindern nach Genuss roher Speisepilze! So zu Lesen im Buch „Giftpilze – Pilzgifte“ der Schweizer Autoren Flammer und Horak.
Empfohlen wird bei Hallimasch überbrühen und das Wasser wegschütten. Auch sollen die verschiedenen Hallimasch – Rassen unterschiedlich giftig sein. Der Honniggelbe Hallimasch soll der giftigste unter ihnen sein und um diesen handelte es sich auch bei dem heutigen Geschehen. Auch soll der Giftgehalt des rohen Pilzes je nach Standort schwanken können. Ich friere ja für unsere Pilzsuppen auch im größeren Stil Hallimasch ein. Ich säubere die Pilze ohne Stiel, wasche sie kurz und fülle sie in eine Kochtopf ohne Wasser. Hebe die Pilze dort hinein und füge ein wenig Speiseöl dazu. Dann lasse ich sie mindestens eine halbe Stunden auf mittlerer Hitze köcheln, ohne den Sud weg zu schütten. Es geht mir darum, nicht zu viel Geschmack zu verlieren. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Unbedingt sollte aber eine ausreichende Garzeit von mindesten 20 Minuten eingehalten werden! Übrigens liegt die abführende Wirkung des Hallimasch bereits in seiner Namensgebung, abgeleitet von Heil im A…
Auch Phillip Müller berichtete mir heute von einer Vergiftung nach Hallimasch – Genuss! Wir wissen nicht, ob die oben genannten Regeln eingehalten wurden, oder ob es sich um individuelle Unverträglichkeiten handelt. Diese können praktisch bei jedem Speisepilz auftreten. Auch bei Steinpilzen oder Pfifferlingen. Ganz besonders aber auch bei Butterpilzen und Körnchen – Röhrlingen. Das hat dazu geführt, dass die beliebten Butterpilze in jüngerer Literatur bereits als giftig geführt werden. Wer also Unverträglichkeiten gegen bestimmte Wildpilze an sich beobachtet, sollte diese zukünftig meiden.
Dienstag, 18. Oktober – Heute war ich nochmals mit einer 4. Klasse im Rahmen des Schulunterrichtes im Wald unterwegs. Selbstverständlich wieder mit Schülern der Schule am Rietberg in Steinhausen – Neuburg. Wie immer waren die Kinder mit voller Begeisterung dabei und sie haben wohl selten in ihrem noch jungen Leben derart viele Pilze gesehen. Hallimasch ohne Ende und haufenweise! Die Körbe und Eimerchen füllten sich in Windeseile. Aber unser Augenmerk lag natürlich auch auf andere Vertreter des Pilzreichs. So wurde, welch ein Glück, auch heute, wie schon vor 14 Tagen auch, der Grüne Knollenblätterpilz gefunden. Ich rief alle Schüler zusammen und stellte den wichtigsten aller Giftpilze ausführlich vor. Es schloss sich, wie üblich, eine Auswertung der Pilzexkursion im Klassenzimmer an.
Wir befinden uns inzwischen in der Aspekt Abfolge eines Pilzjahres bereits im Spätherbst. Dieser wird charakterisiert durch zahlreiche Milchlinge, Ritterlinge, Rötelritterlinge, Trichterlinge und Helmlinge. Röhrlinge und Wulstlinge treten den Rückzug an, werden aber nicht ganz von der Bildfläche verschwinden. Täublinge dünnen aus, aber einige Arten halten bis zum Winter durch. Typisch für diesen Aspekt sind laut Michael – Hennig – Kreisel folgende Arten: Schmutzbecherling, Staubfüßiger Trichterling, Weicher Trichterling, Winter – Fälbling, Dunkelscheibiger Fälbling, Frost – Schneckling, Marmorierter Rötelritterling, Graukappe, Violetter Rötelritterling, Lilastieliger Rötelritterling, Überhäuteter Helmling, Buchen – Schleimrübling, Orangeroter Kammpilz, Kaffeebrauner Scheintrichterling, Gelbstieliger Muschel – Seitling, Grünling, Schnee – Ritterling und der Graue Erdritterling. Einige Arten, die wir bereits aus dem Frühling kennen, tauchen nun wieder auf: Graublättriger Schwefelkopf, Ziegelroter Schwefelkopf, Zäher Faden – Helmling oder der Fichten – Zapfenrübling. Letzterer erlebt zur Zeit ein fast bodendeckenden Wachstumsschub. In der Fülle anderer und ansehnlicherer Arten geht dieser leckere Winzling fast unter. Im Frühling ist er jedoch sehr willkommen und für ein Pilzsüppchen immer gut.
Das Wetter scheint sich allerdings noch nicht bewusst zu sein, dass wir in Richtung Spätherbst gehen. Es hat anderes mit uns vor. Laut GFS und anderer Wettermodelle verbleiben wir den Rest des Monats in einer ausgesprochen milden Südwestströmung, mit der immer wieder subtropische Luftmassen zu uns gelenkt werden. Nur kurzzeitig bekommen wir nordöstlich der Elbe einen Streifschuss kühlerer Polarluft ab. So ist in der übernächsten Nacht verbreitet mit Bodenfrost zu rechen. Es kann stellenweise bis auf minus 4 oder minus 5 Grad am Erdboden kalt werden! Das sollte den Frostschnecklingen gefallen, andere Arten werden es übel nehmen. Aber der kurze Kälteschock wird schnell vergessen sein. Es soll meist 5 – 8 Grad zu warm für die Jahreszeit weitergehen. Der Nachmittagslauf des GFS hatte heute sogar zu Beginn des Novembers noch Werte bis 20 Grad berechnet. Das wird der spätherbstlichen Pilzflora sicher nicht sonderlich gefallen. Vielleicht gibt es ja nochmals einen leichten Schub von Champignon, Steinpilz und Co.?
Mittwoch, 19. Oktober – Im Bauernregelbuch „Abendrot – Schönwetterbot“ von Bernhard Michels fand ich diese Bauernweisheit: „Ist der Oktober um den 18. herum zu warm, so wird der Januar meist sehr kalt“ Weiter heißt es: „Ist der Oktober mild und warm, kommt ein Winter, dass Gott erbarm“.
Nun, wir werden es erleben, was der kommende Winter für uns bereit hält. Noch ist es nicht soweit. Zunächst schickt sich der diesjährige Oktober an, einer der wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zu werden. Ja, es besteht sogar die Möglichkeit, das er der Wärmste überhaupt werden könnte. Grund ist die eingefahrene Großwetterlage. Wir bleiben sehr wahrscheinlich mindestens bis zum Monatswechsel auf der Vorderseite eines sich immer wieder regenerierenden und weit nach Süden austrogenden Tiefdrucksystems über dem Ostatlantik und vor den Küsten Westeuropas. Hoher Luftdruck östlich von uns. Dabei werden mit eingelagerten Störungen immer wieder warme Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Mitteleuropas geführt. In Spanien war deshalb heute bei 36 Grad nochmals Schwitzen angesagt. Von solchen Temperaturen bleiben wir zu dieser Jahreszeit natürlich verschont. Aber mit Werten zwischen 15 und 20 Grad lässt sich der Oktober durchaus aushalten. Örtlich ist sogar in den wärmsten Regionen Deutschlands noch mal ein Sommertag mit 25 Grad möglich.
So brauchen wir am kommenden Wochenende, während unseres Pilzwochenendes in Mecklenburg, nicht frieren. Allerdings ist das Wetter nicht ganz beständig. Am Freitag und in der Nacht zum Sonnabend kann es zeitweise mal kräftiger regnen und gewittern. Aber zu unseren Exkursionen sollte es meist trocken bleiben. Trocken war es auch heute zu meiner obligatorischen Mittwochsexkursion. Sie führte mich in den 2. Quadranten des Messtischblattes Boltenhagen = 2033/2. Da das Quadrat zu etwa 90 % mit Ostseewasser gefüllt ist, blieb nicht viel Festland zur Bestandsaufnahme übrig. Am interessantesten wäre es sicher im NSG Tarnewitzer Huk geworden. Leider ist der dortige Wald als Sperrzone ausgewiesen, da wegen langjähriger, militärischer Nutzung, noch mit Gefahren für Leib und Leben zu rechnen sein soll.
So blieb nur ein kleines Küstenzipfelchen zwischen dem Campingplatz Beckerwitz und Hohen Wieschendorf, an der Wohlenberger Wiek, übrig. Ein Küstenschutzstreifen von etwa 1 Kilometer Länge. Laubmischwald mit viel Ahorn, aber auch Erlen, Weiden und Pappeln. Ich war gespannt, was der Spätherbst hier für mich bereit halten würde. Kenne ich das Revier doch meist nur aus dem Frühling. Und ich muss schreiben, ich war enttäuscht! Sehr wenige Frischpilze! Keine Streuzersetzer wie Rötel – Ritterlinge oder Trichterlinge, keine Helmlinge oder was sonst noch so zu dieser Jahreszeit zu erwarten wäre. Vielleicht ist es für diese Arten noch zu trocken, da der permanente Seewind die Oberböden immer noch gut abtrocknen kann. Ich finde, im Winter und Frühling ist es hier interessanter! Dafür herrschte sehr schönes Wetter mit tollen Stimmungen am Ostseestrand und im Küstenwald.
Donnerstag, 20. Oktober – Heute morgen waren die Dächer in Wismar teils mit weißem Reif überzogen. Nicht nur am Erdboden, sondern auch deutlich darüber, gab es den ersten nennenswerten Frost dieses Herbstes. Teils sank die Temperatur in 2 m Höhe bis auf minus 2 Grad. Am Erdboden waren sicher in ungünstigen Lagen bis zu minus 5 Grad dabei. Das dürfte dort so mancher Frischpilz nicht überlebt haben und matschig zusammen gesackt sein. Aber alles nicht dramatisch. Völlig normal zu dieser Jahreszeit! Normal ist aber bis auf diesen Ausrutscher die Großwetterlage bis zum Monatswechsel nicht. Der kurze Gruß kühlerer Luft wird heute Nacht schon wieder Geschichte sein.
Eine Warmfront überquert gerade Norddeutschland mit etwas Regen und morgen liegt auch der Nordosten wieder voll in der Subtropikluft. Der Abendlauf des GFS ändert dann bis zum Monatswechsel kaum etwas daran. Ganz im Gegenteil, es wird Staffelweise immer wärmer. Bis zum Monatswechsel soll demnach Schwitzen angesagt sein, mit Temperaturen bis 20 Grad. In der Südhälfte Deutschlands zum Teil noch deutlich darüber. Dazu wird es wechselhaft bleiben und es können zeitweise immer mal Regenfälle durchziehen, die häufig auch konvektiver Natur sein können, fast wie im Sommer. So tobt sich heute Abend ein Schwergewitter – System über Frankreich aus, welches im Verlauf auch nach Deutschland herein zieht. Freilich unter Abschwächung, aber auch bei uns kann es morgen und in der Nacht zum Sonnabend noch kräftig Schütten, teils mit Blitz und Donner! Schauer und Gewitter werden uns auch bis zum Monatswechsel treu bleiben.
So dürfte der kleine Kälteschock schnell vergessen sein und wir sollten ihn sogar positiv sehen. Frostschneckling und Co. sollten sich sehr darüber gefreut haben und vielleicht bringt die Dauerwärme ja noch so manch andere Überraschung mit sich. Zunächst wird es aber in unseren Wäldern zunehmend miefig. Die vielen Pilzfruchtkörper, die in den letzten Wochen die Böden bedeckten, werden verrotten und verschimmeln. Das Tagebuch macht für einige Tage Pause, da am Wochenende unser kleines Pilzseminar im Warnowtal bei Karnin auf dem Programm steht.
Freitag, 21. Oktober – Heute starte unser diesjähriges Herbstseminar wie immer unter dem Oberbegriff „Ein Pilzwochenende in Mecklenburg„. Austragungsstätte war das Haus der Natur im kleinen Ort Karnin, direkt am dortigen Warnow – Durchbruchstal. Gegen 13.00 Uhr wurden mir die Schlüssel vom zuständigen Hausmeister übergeben und nach und nach reisten die Teilnehmer aus nah und fern an. Aus Hamburg, Berlin und Brandenburg, Schleswig – Holstein oder sogar aus dem fernen China! Nach der Belegung der Zimmer (einige fuhren auch zum Schlafen nach Hause oder übernachteten in einer Pension) starte ich mit einem Beamer – Vortrag zum Thema „Großpilze mit unterschiedlich Bodenansprüchen“. Beispielsweise kalkholde Arten, zu denen der Karbol – Egerling gehört. Zu den kalkfremden Arten zählt die Frühjahrs – Lorchel und der Pilz des Jahres 2022 gehört zu den sandholden Pilzarten. Bodenvag ist der Grüne Knollenblätterpilz und nitrophil liebt es der Riesenbovist. Zu den einzelnen Rubriken gehören selbstverständlich viele weitere Großpilze. Ich möchte es an dieser Stelle aber bei den genannten belassen. Ein großes Dankeschön möchte ich an dieser Stelle unserer Catrin aus Bützow aussprechen. Ohne sie hätte ich meine sperrige Leinwand nicht von Wismar nach Karnin transportieren können. Catrin hatte im Übrigen schon einiges an teils sehr interessanten Frischpilzen mitgebracht, so dass wir am Abend in gemütlicher Runde schon mal einiges vorstellen und besprechen konnten.
Sonnabend, 22. Oktober – Nach dem Frühstück starteten wir zu unseren Exkursionen. Zunächst hatte ich ein Revier in der Nähe von Basthorst heraus gesucht. Einen Bereich der weitläufigen Wälder und Forste südlich der Ortschaften Kritzow und Weberin. Überwiegend Kiefern- und Fichtenforst. Den Böden nach fanden sich in erster Linie kalkfremde und sandholde Arten. An einem nitrophilen Platz erfreute uns der Gift – Riesenschirmpilz. Ansonsten oft typische Pilzarten wie Maronen, Flämmlinge, Täublinge, Trichterlinge und vieles mehr. Leider waren hier die Waldböden häufig von Brombeergestrüpp überwuchert.
Zum Mittagstisch fuhren wir in die Blockhütte am Roten See. Silja aus Hamburg hatte direkt aus dem Wald über Handy reservieren lassen. Beim Pils und herzhaften Speisen ließen wir es uns für ein Stündchen gut gehen, bevor wir gestärkt zu einer Runde um den Roten See aufbrachen. Dazu gesellte sich für mich völlig unverhofft auch Phillip Müller aus Renzow. An interessanten Arten wuchsen hier beispielsweise schöne Seidige Ritterlinge oder auch die fleischigen und ebenfalls essbaren Pappel – Ritterlinge.
Nach dem Abendbrot ging es gemeinsam an die Auswertung und Bestimmung unserer Funde. Auch hier war Phillip noch mit dem ihm eigenen Elan dabei. Ganz zum Abschluss stellte ich die wichtigsten Pilzarten nochmals vor. Wie immer, konnten wir natürlich nicht allen Fundstücken einen Namen geben. So hatten wir bei einer Kollektion durchaus recht markanter Täublinge unsere Schwierigkeiten.
Sonntag, 23. Oktober – Unser kleines Pilzwochenende in Mecklenburg neigte sich heute bereits wieder seinem Ende zu. Nach der Räumung unserer Quartiere im Haus der Natur im Warnowtal Karnin, starteten wir zur Abschluss – Exkursion durch die Jülchendorfer Buchen. Das Wetter war herrlich und angenehm mild, ja warm! Goldener Oktober, wie er im Buche steht. Auch hier war der große Schub bereits durch und viele Pilze waren überständig. Nichtsdestotrotz gab es hinreichend zu entdecken und zu bestimmen. Für mich persönlich war sogar ein Erst Fund dabei. Eine kleine Art, die ich bereits seit meiner Jugend vor Augen, nein, im Kopf gespeichert hatte. Vor Augen kam sie mir tatsächlich heute zum ersten mal. Und das noch ganz zufällig, als ich mir andere Pilze für ein Foto im Moos zurecht legte. Dabei fiel mir im tiefgrünen Moss ein gelbes Etwas auf, das ich beinahe ignoriert hätte. Es hat sich aber gelohnt, das Etwa, etwas näher zu betrachten. Ich traute meinen Augen kaum und musste tatsächlich mehrmals hinschauen, bis sich mein, nun immer konkreter werdender Verdacht, erhärtete und schließlich bestätigte. Ich hatte den Dottergelben Spateling entdeckt! Zwar hatte ich ihn nie direkt gesucht und wusste eigentlich auch nicht, wo ich hätte schauen müssen. Sein Bild, seine Erscheinung, hatte ich aber immer vor Augen. Der Fund des Tages für mich und selbstverständlich weit darüber hinaus!
Nach dem ich am Ende der Exkursion unser Pilzwochenende in Mecklenburg ganz offiziell beendete, brachen die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Heimfahrt auf. Ein kleinerer Rest besuchte im Anschluss noch einen Sonderstandort im Kaarzer Holz. Es ging in erster Linie um Edel – Reizker, die gerne mal mit nach Hause ins Schleswig – Holsteinische genommen werden wollten. Immerhin ein Edelpilz, der über weite Strecken nur mal sporadisch auftaucht. Ein Kiefernstandort, der durch vormalige militärische Nutzung noch reichlich Kalk im Boden aufweist. Ich hoffe, wir leben ja noch, keine anderweitigen Altlasten.
Und unser Besuch war alles andere als umsonst. Ich muss ehrlich eingestehen, dass es hier gelegentlich Reizker noch und noch gibt, ist für mich kein Geheimnis. Aber was uns heute geboten wurde, habe ich noch nicht erlebt. Leider waren viele Lactarius deliociosus schon recht überständig, aber es waren noch genügend junge und frische Exemplare dort, so dass sich jeder bis zum Anschlag bedienen konnte. Dazu herrlich frische Schneepilze und die ersten Frostschnecklinge. Hier gibt es mitunter auch einiges an Grünlingen. Einen derart üppigen Schub der echten Ritterlinge hatte ich aber noch nicht gesehen. Grünlinge als Bodendecker, zu hunderten Exemplaren!
Montag, 24. Oktober – Heute kehrte der Alltag wieder ein. Ganztätig das Info – Zentrum öffnen und nicht nur auf Ratsuchende warten, die meist sogar ausblieben. Und das bei dem schönen Wetter am Wochenende und den vielen Autos, die noch an den Straßenrändern diverser Wälder abgestellt waren. Aber ganz ohne Beratung verstrich der erste Wochentag dann auch nicht. Frische Karbol – Champignons wurden mir vorgelegt. Nach einem Weilchen der Ruhe vor diesen leicht giftigen Vertretern der Egerlinge, scheint es mit ihnen allmählich wieder los zu gehen. Sollten sie den nächsten Wachstumsschub ankündigen? Sicher, den wird es in Kürze geben, denn auch der Mond geht wieder in seine pilzfreundliche Phase über!? Morgen ist Neumond! Blättert man sich durch den Pilzticker von Passion Pilze, so hat es den Anschein, dass es in anderen Regionen bereits soweit ist. Immer wieder werden frische Steinpilze gesichtet oder auch junge Flockenstielige Hexen – Röhrlinge. Letztere unterliegen auch bei uns einem Aufwärtstrend!
Dienstag, 25. Oktober – Wie gestern bereits erwähnt, ist heute Neumond. Das dürfte den Mondtheoretiker wieder auf den Plan rufen. Oder auch nicht, denn einige denken, es gab schon mal Nachtfrost und somit ist ohnehin Schluss. Das ist natürlich Aberglaube! Der kurze Frost in der letzten Woche spielt so gut wie keine Rolle. Ganz im Gegenteil, es ist für die Jahreszeit viel zu warm und so bleibt es auch noch bis mindestens Anfang November. In den nächsten Tagen geht es sogar noch einmal nach oben mit den Temperaturen. Der Oktober ist auf Rekordkurs und ein Kaltlufteinbruch ist weit und breit nicht in Sicht!
In der Schweiz und im Süden Deutschlands tauchen sogar die Sommersteinpilze wieder auf. Ob diese es auch bei uns nochmals wagen, darf eher bezweifelt werden, denn dort kann es durch Föhneinfluss und exponierten Südlagen noch deutlich wärmer werden. Fakt ist jedoch, dass die Sommersteinpilze wegen des trockenen Sommers bei uns in Westmecklenburg ein großes Defizit aufholen müssen. Das wird aber erst im nächsten Jahr möglich sein. Der Gemeine Steinpilz sollte aber in den kommenden 14 Tagen nochmals aus der Reserve gelockt werden können. Dafür kommen zwar keine auslösenden Niederschläge mehr in Betracht, aber die normale, 4 – wöchentliche Rhythmik der Wachstumsschübe. Die Erwartungen sollten jedoch flach gehalten werden. Vielleicht sind es nur Einzelstücke, vielleicht aber auch in einer Anzahl, dass man von einem Schub sprechen kann. So wie es vor drei – vier Wochen war, wird es sicher nicht mehr werden. Muss es ja auch nicht, wir haben Spätherbst und hier sollten andere Arten im Fokus stehen.
Mittwoch, 26. Oktober – Nach dichtem Nebel am Morgen, entwickelte sich wieder ein sehr schöner und goldener Oktobertag. Obwohl die Buchenwälder im heutigen Exkursionsgebiet noch gar nicht so goldig daher kamen. Eher grün wie im Sommer. Nur an den Rändern des Waldes begannen sie sich goldig zu verfärben. Andere Wälder im weiteren Binnenland und auf sandigeren Böden gehen durchaus schon stärker in Richtung Altgolden und werden in Kürze gar kahl daher kommen. Liegt es vielleicht an der Nähe zur noch recht warmen Ostsee oder am besseren, schweren Boden des Klützer Winkels? Die frostige Nacht in der letzten Woche dürfte hier etwas abgemildert gewesen sein.
Wie dem auch sei, heute war Mittwoch und meine gleichnamige Exkursion führte in den 3. Quadranten des Messtischblattes Boltenhagen. Hier suchte ich einen kleineren, kompakten Laub- und Nadelwald zwischen den Ortschaften Thorstorf und Parin aus. Nicht das erste Mal Ziel einer Mittwochsexkursion und auch eine öffentliche Lehrwanderung führte hier vor wenigen Jahren schon einmal her. Damals in Begleitung vom Wismar – Fernsehen. Es war an einem 01. November mit spätsommerlichen Temperaturen von knapp 20 Grad! Da konnten wir heute ganz gut mithalten, denn es war ähnlich warm wie damals. Das allgemeine Frischpilzaufkommen war an besagter Lehrwanderung zwar etwas besser als heute, aber dennoch konnten wir ganz zufrieden sein. Wir, das waren außer meiner Wenigkeit drei Urlauberinnen und ein Ehepaar aus Pinnow, bei Schwerin. Ich glaube und denke, es hat allen viel Spaß gemacht, nicht nur nach braunen Hutträgern mit Schwamm unten drunter Ausschau zu halten, sondern nach allem, welches irgendwie nach Pilz aussah. Schließlich galt die Aktion ja vordergründig der Kartierung unserer Großpilze. Aber sowohl meine Gäste und auch ich, hatten am Ende einiges an Küchen – tauglichem in ihren Körben. Einzelne Maronen und Rotfüßchen, kiloweise Hallimasch und wunderbare Stockschwämmchen, um nur einige zu nennen. So konnte ich noch einmal eine ordentliche Ladung an frischem Hallimasch zum Einfrieren einsammeln.
Donnerstag, 27. Oktober – Laut alter Bauernregeln klopft zwischen dem 26. und 29. Oktober oft schon der Winter an die Tür. Nicht in diesem Jahr, denn der Sommer hält noch einen Fuß in jener. Spätsommerliche Wärme bis zum letzten Tag des Monats. Der Oktober befindet sich auf Rekordkurs und könnte sogar der Wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Selbst die Nächte sind dieser Tage ungewöhnlich mild, teils sogar warm. An einigen Nordrändern der Mittelgebirge kann es mit Föhnunterstützung teils kaum unter 20 Grad abkühlen. Das sind selbst im Sommer nicht gerade häufig vorkommende Werte, die einer Tropennacht zugeordnet werden. Morgen kann es in diesen Regionen fast sogar noch einmal heiß werden. Bis zu 28 Grad sind möglich! Natürlich nicht bei uns, aber mit 21 Grad bis hinauf an die Küste sind wir für Ende Oktober mehr als gut bedient.
Mit Beginn des Novembers soll es dann allmählich etwas abkühlen, denn atlantische Wetterfronten können mit frischerer Meeresluft und ihren Regenfronen auf Deutschland übergreifen. Aber auch dann bleibt es noch zu mild für die Jahreszeit. Ein Wintereinbruch ist weiterhin nicht auszumachen. Vor Mitte November ist also kaum mit negativen Temperaturen zu rechnen. Wie sich das viel zu warme Wetter auf die spätherbstliche Pilzflora auswirken wird, bleibt abzuwarten. Für die Klassiker dieses Aspektes ist es einfach viel zu warm und ob die eher wärmeliebenden Arten nochmals etwas zulegen, werden wir sehen. Großes ist selbstverständlich nicht mehr zu erwarten.
Einige Pilzfreunde halten derzeit auch Ausschau nach Herbsttrompeten. Kann gut sein, das vereinzelt mal ein kleines Blasorchester aufspielt, aber ein Trompeten – Herbst wird es genau so wenig, wie es in diesem Jahr in Mecklenburg einen Pfifferlings – Sommer gab. Es ist einfach kein Jahr für Leistlinge. Die brauchen einen wesentlich feuchteren Sommer. Bleibt dieser zu trocken, halten sich auch die Totentrompeten ziemlich bedeckt. Dafür bliesen sie ihre Trauermärsche im letzten Jahr teils gewaltig. Und das bereits ab dem Hochsommer. Soll es ein gutes Trompetenjahr werden, wachsen sie oft schon ab August in größeren Mengen.
Freitag, 28. Oktober – „Am Tag Simon und Juda soll einst die Sintflut hereingebrochen sein; er galt allgemein als Winteranfang“. Ein Zitat aus dem Buch „Abendrot – Schönwetterbot“ von Bernhard Michels. Weiter ist hier zu lesen: „St. Simon und Juda kein Wind und Regen da, so bringt ihn erst St. Cacilia (22.11.)“. Nun, ich denke, so lange brauchen wir nicht auf Wind und Regen zu warten. Ab der nächsten Woche könnte es soweit sein. Zunächst bleibt es aber meist trocken und weiterhin viel zu warm für die Jahreszeit. Heute fühlte es sich tatsächlich noch einmal nach Sommer an. Über das verlängerte Wochenende hinweg bleibt es auch so. Allerdings könnte es morgen von den Temperaturen her bei uns im Norden etwas gedämpfter sein, da uns ein Tiefausläufer mit vielen Wolken und einzelnen Regentropfen streift. Aber am Sonntag soll es nochmals ähnlich warm wie heute werden.
Mitte kommender Woche dürfte sich die Großwetterlage aber umstellen. Die Grundströmung zonalisiert zunehmend und damit wird es deutlich unbeständiger und kühler. Regenfronten könnten durchziehen und zeitweise kann es auch windig werden. Da es zunächst aber bei einer Westwetterlage bleiben soll, kann es vorläufig auch keinen frühwinterlichen Kaltlufteinbruch geben. Es geht eher auf einem der Jahreszeit üblichem Temperatur – Niveau weiter. Wichtig ist dabei, dass es deutlich feuchter werden soll, da immer wieder Regengebiete durchziehen. Dass sollte den spätherbstlichen Streuzersetzern nochmals auf die Sprünge helfen, denn besonders in vielen Laubwäldern ist es weiterhin viel zu trocken. Aber auch in den dichteren Nadelwäldern ist es sehr trocken. Das war heute eindeutig den mir aus dem Everstorfer Forst vorgelegten „Frischpilzen“ anzusehen.
Sonnabend, 29. Oktober – 19 Pilzfreundinnen- und Freunde durchstreiften heute Vormittag im Rahmen einer öffentlichen Lehrwanderung die Wälder um Ventschow. Vom Bahnhof aus ging es los, in einen Bereich, der in früheren Jahren zu meinen Standard – Revieren zählte. Aber es sind mindestens 15 Jahre vergangen, dass ich hier letztmalig unterwegs war. Natürlich hat sich der Bereich verändert. Damalige Jungfichten sind in den Himmel gewachsen oder sind der Trockenheit und schließlich der Säge zum Opfer gefallen. Bereits in meiner Jugend führten uns Pilzwanderungen hier her. Klassiker wie Steinpilze, Maronen und Pfifferlinge waren hier zu hause. Diese gab es heute zwar kaum, aber sie werden auch weiterhin hier zu finden sein. Damals waren hier auch Schnee – Ritterlinge, Grünlinge und Edel – Reizker zu hause. Diese konnten wir heute leider nicht aufspüren, aber für eine spätherbstliche Lehrwanderung gab es dennoch reichlich zu entdecken und zu besprechen. Leider sind viele Pilze bereits überständig, so dass man kritisch aussuchen muss, was noch am Abend im Kochtopf oder in der Bratpfanne landen soll.
Im Anschluss fuhr ich noch mit Catrin aus Bützow und Martin aus Hamburg in das Kaarzer Holz. Zunächst besuchten wir einen kalkreichen Buchenstandort, der uns mit allerlei, für solche Standorte charakteristischen Arten, verwöhnte. Verschiedene Schleierlinge, Schnecklinge, Täublinge, Milchlinge und manches mehr. Martin packte reichlich zur Untersuchung für zu Hause ein.
Zu guter Letzt begaben wir uns noch zu dem Sonderstandort, der am vergangenen Sonntag mit reichlich edlen Reizkern aufwarten und die Körbe füllen konnte. Heute war leider kaum noch frisches Material zu holen. Der Schub ist nicht nur hier durch. Frisch wuchsen allerdings Frostschnecklinge, aber noch recht zurückhaltend. Angesichts der hohen Temperaturen auch kein Wunder.
Sonntag, 30. Oktober – War das heute wieder ein Wetterchen! Noch einmal goldener Oktober bei mollig warmen Temperaturen! Schaft der Oktober den Allzeitrekord als Wärmster seit Beginn der Wetteraufzeichnungen? Morgen sind wir schlauer! So gab es an einigen Orten in der Mitte und im Süden Deutschlands sogar wieder einen Sommertag mit mehr als 25 Grad im Schatten! Aber damit ist nun Schluss für dieses Jahr. Derartig hohe Temperaturen werden wir wohl frühestens im nächsten Frühling erwarten dürfen. Im April oder Mai, mit ganz viel Glück vielleicht auch schon im März. Zwar bleibt es morgen und auch am Dienstag noch deutlich zu warm für die Jahreszeit, aber ab der 2. Wochenhälfte sollen die Temperaturen auf Talfahrt gehen. Vorübergehend sogar mal auf für die Jahreszeit übliche Werte, bevor es im weiteren Verlauf wieder milder werden kann. Der Abendlauf des GFS hatte für Mitte November mal eine ganz andere, spannendere Variante, zusammen gerechnet. Demnach könnte ein kräftiges Tief einen markanten Kaltluftvorstoß über Westeuropa bis ins Mittelmeer und Nordafrika in Gang setzen. Ungemach für die Anrainer – Staaten des Mittelmeeres. Schwere Regenfälle und Gewitter wären dort die Folge und auch bei uns würde es deutlich abkühlen. Die meisten Wettermodelle rechnen es aber auch im November eher zu mild für die Jahreszeit.
Da heute so wunderbares Wetter herrschte und ich ausnahmsweise keinen offiziellen Termin im Kalender stehen hatte, nutzte ich den Nachmittag zu einem privaten Waldbesuch. Heute stand die Jagd nach unseren Großpilzen mal im Hintergrund. Ich wollte in erster Linie die goldige Oktoberstimmung im Bild festhalten und auch meine hochwertigere Panasonic DMC-GX 80 – Systemkamera austesten, oder besser, mich mal an ihr intensiver versuchen. Ich hatte sie mir bereits vor knapp 3 Jahren zugelegt, aber nur selten mit ihr gearbeitet. Gute Fototechnik scheint einfach nichts für mich zu sein, denn mir geht es in erster Linie um das Dokumentieren und nicht um Super – Geile Foto – Kunstwerke zu schießen. Apropos Schießen, ja, es muss bei mir zügig gehen, mit dem Dokumentieren und ich möchte keine zeitaufwendige Prozedur an den Tag legen, um entsprechende Kunstwerke zu erhalten. So nutze ich am liebsten eine Kompaktkamera, ebenfalls von Panasonic. Die DMC – TZ 71. Ein älteres Modell, mit dem ich sehr zufrieden bin. Vor allem wegen der Tiefenschärfe und ihr ausgesprochen leistungsfähiges Zoom – Objektiv, wenn ich einmal mehr den Mond fotografieren möchte. Und das ist auch der Nachteil dieser Kamera. Das weit ausfahrbare Objektiv ist sehr empfindlich gegen Staub und winzigste Sandkörnchen. Keine Kamera für den Wald, es sei denn, man geht äußerst vorsichtig mit ihr um. So kam es mal wieder, wie es kommen musste. Sie ist defekt. Das Objektiv steckt fest. So nutzte ich in den letzten Wochen ein älteres Vorgänger – Modell, die Panasonic TZ 41. Auch diese Kamera hat schon ihre Störungen und oft werden die Bilder unscharf. So habe ich mich nun wieder stärker der Systemkamera zugewandt. Landschaftsbilder und auch ganz normale Motive werden ganz hervorragend aufgenommen. Nur mit den Pilzfotos war ich bisher nur selten zufrieden. Sicher liegt es nicht an der Kamera, sondern an dem Unvermögen ihres Nutzers.
So hatte ich mir vor einiger Zeit ein hochwertiges Makro – Objektiv von Olympus besorgt und experimentierte in jüngster Zeit immer öfter damit. So auch heute. Immer wieder Objektiv – Wechsel. Für die goldene Oktoberstimmung das normale Standard – Objektiv, für Pilze das Makro. Immer wieder Wechseln, bis schließlich das Makro irgendwo im Wald verschwunden war. Ich wusste ziemlich genau, wo ich das letzte Mal gewechselt hatte, aber in den tiefen Laubschichten des Buchenwaldes entzog sich das schwarze Etwas gekonnt meinen suchenden Blicken. Schließlich dämmerte es und ich fuhr schweren Herzens heim. Fazit: ich brauche so einen Objektiv – Wechsel – Zirkus nicht! Ich brauche eine intelligente Kamera, die alles kann! Mit intelligenter Automatik, wenn es schon seinem Besitzer an solcher mangelt.
Die Garantie meiner TZ 71 ist abgelaufen und wahrscheinlich wäre sie ohnehin nicht auf Garantieleistung repariert worden, weil unsachgemäßer Umgang mit dieser empfindlichen Technik. Also – Makro – Objektiv weg, eine neue TZ 71 muss her! Aber es ist ein älteres Modell, dass gar nicht mehr so einfach zu besorgen ist. Zum Glück habe ich einen Anbieter gefunden, der die Kamera noch im Sortiment hat. Wie gut, dass es den Online – Handel gibt. Ohne funktionstüchtige Kamera brauche ich nicht in Wald und Flur zu gehen. Sicher, ich habe auch ein Handy, dass recht ordentliche Bilder macht, aber auf eine Kamera lasse ich nichts kommen! Einfach die Macht der Gewohnheit.
Montag, 31. Oktober (Reformationstag) – Den heutigen Feiertag nutzte ich dafür, dem Landschaftsschutzgebiet Obere Seen bei Sternberg einen Besuch abzustatten. Regelmäßig bin ich hier Ende Oktober oder Anfang November zu Gast, nicht nur um nach dem ansässigen und interessanten Frischpilz – Aufgebot zu schauen, sondern auch um Material zum nun wieder anstehenden Advents – Basteln zu besorgen. Vor allem ging es mir um die büschelig wachsenden und in Gestecken sehr dekorativen Blaugräser. Aber wie ich es bereits vermutet hatte, gab es diese nur in vertrockneter, brauner Form. Es ist ein sehr sandiger, armer und besonders warmer Kiefernstandort auf blankem Sand. Der Dürre – Sommer lässt grüßen! Zumindest haben die ebenfalls sehr dekorativen Bestände an Rentierflechte nicht sonderlich gelitten. Sie standen mit ihren silbergrauen Teppichen in voller Pracht auf dem Sand. Da ich mich bereits im Sommer, während einer Mittwochsexkursion in der Griesen Gegend, reichlich mit Rentierflechte eingedeckt hatte, nahm ich heute nur noch eine kleine Menge davon mit.
Die großen Zapfen der Schwarzkiefer habe ich im Frühling auf dem Wismarer Friedhof eingesammelt. Kleinere Zapfen der Waldkiefer folgten etwas später. Bucheckern – Fruchtschalen nahm ich kürzlich aus der Schlemminer Staatsforst mit. Fehlt nur noch flaches Moos, wie es sich gerne auf alten Baumstümpfen ansiedelt. Das werde ich sicher während der nächsten Exkursionen noch finden. Weitere Zutaten gibt es in Baumärkten. Vor allem Kerzenhalter, Kerzen und etwas Weihnachtskitsch, der bei mir unbedingt mit eingebastelt werden muss. Völlig naturell gehaltene Gestecke sind nicht mein Geschmack, deshalb bleiben sie bei mir in der Minderzahl.
Und ja, natürlich habe ich mich auch nach den Pilzen umgeschaut. Völlig klar, wenn ich schon mal an diesen Sonderstandort fahre. Aber diese wuchsen nicht in der Üppigkeit, wie ich es hier gewohnt bin. Es fehlt der Regen, denn der Sand ist teils immer noch staubtrocken. Pilze wuchsen meist dort, wo Moos, Gräser und Rentierflechte die Feuchtigkeit binden oder auch in den Nadelpaketen unter den dichter stehenden Kiefern – Gruppen. Milchlinge, einige Täublinge, Horngraue Rüblinge, Mäuseschwänzchen und an Speisepilzen vereinzelt frische Butterpilze, Perlpilze oder auch der eine oder andere Edel – Reizker. Auch einen Steinpilz konnte ich sichten, der allerdings nicht mehr meinem Qualitätsstandard entsprach. Er stand in einem Bereich von vielen Pilzen des Jahres 2022. Auffallend war, und das nicht nur in diesem Jahr, dass hier jemand fleißig am Ernten der Roten Fliegenpilze zu sein scheint. Meist waren die Hüte verschwunden und die Stielbasen lagen heraus gerissen auf dem Waldboden.
Kann das eventuell mit Halloween zusammen hängen? Sollen die Amanita muscaria für einen temperamentvollen Hexentrunk verwendet werden? Oder für eine deftig – heftige Teufelspfanne? Wie dem auch sei, es wird schon einen Grund dafür geben. Ich glaube kaum, dass der Mensch, den ich Fliegenpilz getauft habe, extra dorthin fährt. Der klaut mir die Glückspilze eher von meinen Ausstellungsflächen. Es mag aber auch angehen, dass Wild dafür verantwortlich zeichnet. Ich glaube mal gelesen zu haben, dass Rehwild auch ganz gerne mal Fliegenpilze äst. Außerdem gab es einige Grünlinge und delikate Schnee – Ritterlinge. Inselweise auch schöne Frost – Schnecklinge und das trotz der Wärme!
Mit der Wärme ist es nun aber vorbei. Obwohl, heute war es trotz des auf den November einstimmenden Dauergrau, immer noch recht angenehm. Auch morgen wird zu uns in den Nordosten nochmals etwas Warmluft vor einem schwachen Tiefausläufer verfrachtet. Dann geht es aber nach und nach mit den Temperaturen bis zum Wochenende nach unten. Auch Regen ist in Sicht. Am Freitag könnte möglicherweise sogar ein erster Herbststurm auf der Agenda stehen. Im weiteren Verlauf deutet sich allerdings für die nächste Woche schon wieder ein Temperaturanstieg an. Nach dem Abendlauf des GFS könnte es in den wärmsten Regionen sogar wieder bis in Richtung 20 Grad gehen! Auf jeden Fall aber wohl viel zu warm für den November! Ob dann zum übernächsten Wochenende ein Streifschuss kälterer Luft erfolgen kann, steht noch nicht fest. Ein richtiger Wintereinbruch ist aber nicht in Sicht.
Nun ist es amtlich. Der Oktober war ein Rekordmonat. Gemeinsam mit dem Oktober des Jahres 2001 war er mit einer Mitteltemperatur von 12,5 Grad der Wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Bei uns in M-V aber sicher auch einer der trockensten. Die tiefsten Temperaturen deutschlandweit wurden am 20.10. in M-V gemessen. Minus 2,3 Grad in Karlshagen auf Usedom. Am Erdboden ging auf minus 6 Grad herunter. Die höchste Temperatur wurde mit 29 Grad in Müllheim am 28. Oktober gemessen. Wohl gemerkt, ganz am Ende des Monats!
Und was ist mit dem Pilzaufkommen? Der Oktober 2022 war der Pilzmonat des Jahres schlechthin! Besonders in der ersten Hälfte mit vielen volkstümlichen Klassikern und schließlich mit unglaublichen Massenbeständen von Hallimasch. Der Kochtopf – Mykologe kam also doch noch auf seine Kosten. Der über den Tellerrand hinaus blickende Hobby – Mykologe kann auch von diesem Monat einigermaßen enttäuscht sein. Viele interessante Arten blieben wegen der langen Trockenheit einfach aus. Dennoch gab es auch Raritäten, die das Herz höher schlagen ließen.
Weiter geht es unter „Wetter/Pilze November 2022“.