Beachtlicher Hochsommeraspekt
Während es in den meisten Wäldern unserer Region in den vergangenen Wochen viel zu trocken war, gab es in einigen Laubwäldern auf besseren Böden im Juli 2010 einen beachtlichen Hochsommeraspekt wärmeliebender Pilzarten. Allen voran trat hier der Haushalt Forst, auf halber Strecke zwischen Schwerin und Wismar gelegen, hervor. Dieser, überwiegend mit Buchen und Eichen ausgestattete Forst, gliedert sich in drei Bereiche. Zum einen westlich von Bad Kleinen. Dann um Lübstorf/Wiligrad bis hinunter zum Schweriner See und zum dritten in einem Dreieck zwischen Neu Lübstorf, Alt Meteln und Zickhusen. Das Gebiet gehört schon seit langem zu unseren „Edelwälder“ und hat schon für viele Überraschungen in Form von tollen, teils sehr seltenen Pilzfunden gesorgt. Vor allem vom Hochsommer bis in den späteren Herbst gibt es hier in manchen Jahren eine überwältigende Artenfülle zu bestaunen. Also vor allem ein lohnenswertes Gebiet für echte Pilzfreunde und Mykologen, die nicht nur die Absicht haben, ihren Korb mit allgegenwärtigen und häufigen Speisepilzen zu füllen. Steinpilze, Rotfüßchen, Stockschwämmchen und Hallimasch sowie andere, beliebte Speisepilze sind hier eigentlich nur langweiliges, aber durchaus willkommenes Beiwerk. Zumindest wenn man sich wirklich für Pilze interessiert. Dann ist dieses Gebiet eine fast unerschöpfliche Fundgrube. Der Haushalt Forst ist ein teils wärmebegünstigter „Sommerwald“, in dem man auch noch bei größerer Trockenheit frische Pilze finden kann. Zahlreiche Feuchtstellen speichern zusätzlich Wasser. Der Boden ist hier teils recht kalkhaltig. Es gibt aber auch Jahre, da ist es hier mehr als trostlos, so wie z. B. im Jahr 2009. Von all den wunderbaren Pilzen dieses Sommers gab es im letzten Jahr kaum eine Spur. Um so besser kann es dann im Vogeljahr werden, wenn die Bedingungen stimmen. Und das war in diesem Jahr der Fall. Möglichst gut gefüllter Wasserspeicher aus dem Winter heraus, dann große, länger anhaltende Hitze im Sommer und ein starkes Niederschlagsereignis, so wie am 12. Juli 2010, und dann nochmals heiß. Das brachte die wärmeliebende Pilzflora so richtig in Wallungen. Nun hat es pünktlich zum Augustbeginn wieder starken Gewitterregen über diesem Gebiet gegeben. Es kann also hier bald mit einer neuerlichen Verstärkung des Pilzaufkommens gerechnet werden und die Artenvielfalt wird voraussichtlich noch deutlich zunehmen. Auch erwarte ich hier in diesem Jahr wieder zahlreiche Herbsttrompeten, so dass wir unsere erloschenen Trockenbestände dieses edlen Würzpilzes endlich wieder auffüllen können. Im Folgenden einige mehr oder weniger gelungene Fotos vom Sommeraspekt im Haushalt Forst des Jahres 2010. Ich habe die Fotos nicht nach Gattungszugehörigkeit geordnet, sondern sie Erscheinen hier in der Reihenfolge, wie ich die Aufnahmen seit Ende Juni in diesem Gebiet gemacht habe.
Der Sklerotienporling (Polyporus tuberaster) ist eigentlich nichts besonderes und zählt eher zu den häufigen Arten in unseren Laubwäldern. Zu Speisezwecken nicht zu empfehlen.
Der Flockenstielige Hexen – Röhrling (Boletus luridiformis) zählt hier seit Juni zu den häufigsten Röhrlingen. Ausgezeichneter Speisepilz, der aber gut gegart werden muss!
Stellenweise kann man dem Stink – Täubling (Russula foetens) begegnen. Der große, gelbbräunliche und schmierige Sprödblättler riecht sehr unangenehm und ist nicht zu genießen.
Der schöne Langstielige Pfeffer – Milchling (Lactarius pargamenus) trat hier in diesem Jahr so zahlreich auf, wie ich es noch niemals zu vor beobachtet hatte. Er ist nur nach besonderer Zubereitung genießbar, zum Beispiel auf Speck gebraten, wie ich der Literatur entnehmen konnte.
Der allgegenwärtige Rotfuß – Röhrling (Xerocomus chrysenteron) trat 10 Tage nach dem Starkregen auf. Guter, säuerlich – aromatischer Speisepilz.
Jetzt wurde auch der Anhängsel – Röhrling (Boletus appendiculatus) immer häufiger.
Sollen das auch Frauen – Täublinge (Russula cyanoxantha) sein? Die bräunlichen Hutfarben haben mich etwas irritiert. Ich habe diese Art so noch nicht vorgefunden. Ansonsten spricht alles für ihn.
Der Rosa – Täubling (Russula rosea) war hier mit Abstand der häufigste Vertreter seiner Gattung. Ein wahrer Massenpilz, der zu dem auch noch essbar sein soll, aber nach Erfahrungen einiger Pilzfreunde leicht bitter schmecken soll.
Der Spindelige Rübling (Collybia fusipes) wuchs besonders während der heißen Zeit in großen Büscheln am Fuß von alten Eichen oder deren Stubben. Er ist nicht empfehlenswert.
Zu den ersten Röhrlingen, die 11 – 14 Tage nach dem starken Regen in Mengen erschienen, gehörte der Netzstielige Hexen – Röhrling (Boletus luridus). Er steht im Haushalt Forst besonders gern an den kalkhaltigen Wegrändern. Gut erhitzt und möglichst ohne Alkohol ist er essbar.
Diese Gelbe Lohblüte (Fuligo septica) gehört zu den Schleimpilzen, die das Bindeglied zwischen den Pilzen und dem Tierreich bilden. Sie können sich, ähnlich wie Schnecken, fortbewegen und hinterlassen auf dem Substrat ihre Kriechspur.
An mehreren Stellen im Haushalt Forst kann man den Bronze – Röhrling oder Schwarzhütigen Steinpilz (Boletus aereus) mit viel Glück finden. Die Exemplare hat Pilzfreund Andreas Herchenbach dort gefunden und ich habe sie im Moos meiner Pilzausstellung fotografiert. Die wärmeliebende Art zählt zu den seltensten Röhrlingen im norddeutschen Raum.
Der Breitblättrige Rußmilchling (Lactarius ruginosus) ist ein sehr schöner, dunkelsamtiger Vertreter seiner Gattung und in besseren Buchenwaldgesellschaften kein seltener Gast.
Auch der Hainbuchen Röhrling (Leccinum griseum) liebt warme Sommer. Er wächst dann nicht selten sehr gesellig unter Hainbuchen. Von unkundigen Pilzsammlern kann er schnell mit dem Birkenpilz verwechselt werden. Letzterer läuft aber im Fleisch nicht schwärzlich an. Essbar
Einer der größten, schönsten und auffälligsten Täublinge in kalkreichen Buchenwäldern ist der Rotstielige – Leder Täubling (Russula olivacea). Der mit unter riesige Pilz kann gegessen werden und gilt nach einigen Pilzbüchern als hervorragender Speisepilz. Leder – Täublinge sollen aber manchmal auch Unverträglichkeiten auslösen.
Die Hutfarben des Rotstieligen Leder – Täublings (Russula olivacea) können erheblich variieren. Von schön violett – weinrot bis olivgrünlichgelb. Die Lamellen verfärben sich butter- bis orangegelb. Junge Pilze sind sehr stämmig, fest und kompakt, fast wie junge Steinpilze.
Um den 28. Juli gab es dann einen starken Schub des Anhängsel – Röhrlings (Boletus appendiculatus). Dieser auch Gelbfleischiger Steinpilz genannte Röhrling trat hier so zahlreich und in den schönsten Exemplaren auf, wie ich es bisher noch nie erlebt habe.
Auf dem gelben Stiel befindet sich ein ebenfalls gelbliches Netzmuster, ähnlich wie bei den Steinpilzen.
In der Literatur gilt der Gelbfleischige Steinpilz (Boletus appendiculatus) einhellig als sehr guter Speisepilz mit einem, dem Steinpilz ähnlichen Wohlgeschmack. Laut Testversuchen der Rehnaer Pilzfreunde ist dieser Dickröhrling aber nicht zu genießen!
Vereinzelt traten Ziegenlippen (Xerocomus subtomentosus) auf. Essbar.
Der Sommersteinpilz (Boletus reticulatus) wächst hier schon seit Juni mal mehr, mal weniger zahlreich. Er ist einer der häufigsten Sommerröhrlinge in Mecklenburg. Von Mai – September wächst er schubweise und oft in sehr großen Mengen unter Eichen und Buchen. Mitte August 2010 ist der nächste, stärkere Schub zu erwarten. Das vor allem in den Wäldern, wo es bis jetzt zu trocken war und die ausreichend Regen abbekommen haben. Sehr guter Speisepilz.
Das erste mal in meinem Leben war es mir vergönnt, den Gelben Rauhfuß (Leccinum crocipodia) zu finden. Diese Rote Liste Art ist ähnlich wie der Schwarzhütige Steinpilz in Norddeutschland eine sehr große Rarität. Er wuchs unter einer alten Eiche am trockenen Standort.
Der Grüngefelderte Täubling (Russula virescens) gehört zu den Arten, die in den letzten Jahrzehnten eine Rückgangstendenz erfahren haben. Sein grünschorfiger Hut und der stämmige Wuchs kennzeichnen ihn recht gut. Er soll der beste aller Täublinge sein und gehört somit zu den besten Speisepilzen überhaupt.
Und nochmals Anhängsel – Röhrlinge (Boletus appendiculatus). Sie wachsen oft auch büschelig und ihre Stiele laufen am Grund spitz – spindelig aus. Wie auf dem rechten Exemplar gut zu sehen, verfärben sie auf Druck häufig blau.
In manchen Jahren richtig häufig ist hier der Strubbelkopf (Strobilomyces floccopus). Dieser unverkennbare Röhrling sieht nicht gerade appetitlich aus. Tatsächlich ist er zu Speisezwecken auch nicht zu empfehlen.
Der Dickfuß- oder Schönfuß – Röhrling (Boletus calopus) sieht eigentlich wirklich viel schöner aus, aber die Schnecken haben auch Hunger gehabt. Um den menschlichen Hunger mit Genusswert zu Stillen, ist dieser bittere Röhrling aber leider denkbar ungeeignet.
Zu den Top – Funden zählen auch diese beiden Brätlinge (Lactarius volemus). Dieser seltene Milchling soll gebraten recht wohlschmeckend sein, spielt aber in Mecklenburg aufgrund seiner Seltenheit als Speisepilz keine Rolle.
Aus einem der zahlreichen Moorlöcher fischte ich diesen Knüppel mit Getigerten Sägeblättlingen (Lentinus tigrinus) heraus. Man findet die unverkennbare Art gelegentlich vom Frühling bis in den Herbst an meist im Wasser oder in Wassernähe liegendem Laubholz. Ungenießbar.
Einen starken Wachstumsschub erfuhr Ende Juli auch der Violettstielige Täubling (Russula violeipes) im Haushalt Forst. Wie man sieht, sind die Stiele keinesfalls immer violett angehaucht. Sie können auch völlig weiß sein. Man erkennt ihn aber recht gut an der gelblichen Hutfärbung und der elastischen, gummiartigen Huthaut. Der Pilz soll essbar sein.
Gelegentlich recht häufig kommt hier auch der Rauchfarbene Milchling (Lactarius azonites) vor. Er ist kein Speisepilz.
Violettschwarz punktierte Lamellenschneiden und ein angenehmer Mandelgeruch kennzeichnen den Morse – Täubling (Russula illota). Er gehört in die Gruppe der Stinktäublinge und ist minderwertig. Zu dem ist er eine Charakterart derartiger, guter Laubwaldbiotope.
Nur zwei Tage später fand ich unter der erwähnten Eiche, zusammen mit Andreas Okrent, nochmals zwei Gelbe Rauhfüße (Leccinum crocipodium).
Der Eichhase (Polyporus umbellatus) ist hier nahezu alljährlich zu finden. Dieser vielhütige Porling ist typisch für die Sommerzeit und gilt als guter Speisepilz. Er ist wohl geschmacklich der beste aller Porlinge. Ein echter Edelpilz!
Einen echten „Knallerfund“ tätigte auch Klaus Warning aus Bützow bei seinem Besuch im Haushalt Forst. Er fand den Gold – Täubling (Russual aurata). Einer der seltensten und schönsten Pilze die man bei uns finden kann. Herzlichen Glückwunsch. Leider sieht dieses Exemplar schon etwas mitgenommen aus.
Abschlußfoto mit Pilzfreund Andeas Okrent (links) nach einer gemeinsamen Exkursion durch den Haushalt Forst am 29. Juli 2010. Andreas betreibt auch eine eigene Internet – Seite.
Mein Korb war auch nach dieser Exkursion wieder gut mit den vielfältigsten Ausstellungspilzen gefüllt. 29. Juli 2010.
Soweit eine kleine, bebilderte Zusammenfassung eines außergewöhnlichen Sommeraspektes im Haushalt – Forst des Jahres 2010. Der Anhängsel – Röhrling (Boletus appendiculatus) war die imposanteste Art dieses Wachstumsschubes. Standortaufnahme vom 29. Juli 2010.
Übrigens fand Pilzfreundin Angelika Boniakowski dieser Tage auch das Europäische Goldblatt in diesem Gebiet.