Öffentliche Pilzlehrwanderung
Durch das Lankower Holz
Im Lankower Holz bei Rehna befindet sich auch ein Waldkindergarten. Idyllisch gelegen in einem märchenhaften Fichtenbestand können die Kinder hier die Natur, insbesondere den Wald und deren Veränderungen im Wandel der Jahreszeiten hautnah Erleben. Eine wichtige Erfahrung für das ganze Leben, denn nur wer die Natur und deren Zusammenhänge schon im frühesten Kindesalter spielerisch erleben und erlernen darf, wird sie später auch besser verstehen und achten können, denn auch wir sind Teil des Ganzen und ohne unsere Wälder wären wir nicht lebensfähig.
Zu einer weiteren Pilzwanderung lud der „Steinpilz-Wismar“ am Sonnabend, dem 27. Oktober 2012, wieder ganz herzlich ein. Treff war um 08.00 Uhr auf dem Parkplatz am ZOB, in der Wasserstraße/Ecke Kopenhagener Straße. Mit den vorhandenen PKW` s fuhren wir von hier aus zunächst über Gadebusch in Richtung Ratzeburg/Schlagsdorf. In Roggendorf warteten noch weitere Pilzfreunde auf uns. Sie kamen aus Hamburg, Lübeck, Bad Segeberg, Schönberg und Grevesmühlen. Das Wetter war heute morgen schon frühwinterlich und in Wismar rieselten schon die ersten Schneeflocken des bevorstehenden Winters. Das Lankower Holz gehört zum Amtsbereich Rehna und liegt zwischen den Orten Groß Molzahn und Dechow. Als Besonderheit gibt es in diesem Laub- und Nadelforst eine Waldkita. Also eine Kindertagesstätte mitten im Wald. Ein leuchtend gelb bemalter Bauwagen dient als Unterschlupf bei schlechtem Wetter und steht unter der schützenden Krone einer alten Eiche. Daran grenzt ein märchenhafter Jungfichtenbestand. Dieser dient als Spielplatz. Die Kinder können die jahreszeitlichen Veränderungen und Abläufe in der Natur täglich hautnah miterleben. Mit Sicherheit bringt hier jeder neue Tag ein ganz besonderes Abenteuer mit sich. Natürlich werden ihnen die vielen Pilze, die besonders im Sommer und Herbst hier wachsen, nicht entgehen. Da möchte man gerne noch einmal Kind sein! Nun zu unserer Wanderung. Nach frostig kalter Nacht waren die Pilze anfangs zum Teil noch gefroren. Bei den immer noch vorhandenen Derben Rotfüßchen gab ich den Hinweis, wenn sie nach dem auftauen matschig werden, bitte nicht mehr verwenden. Einige Pilze sind nicht frostbeständig und verderben nach dem auftauen sehr schnell. Das Pilzaufkommen war hier noch recht hoch, insbesondere Hallimasch, Graublättrige Schwefelköpfe, Derbe Rotfüßchen, Violette Rötel – Ritterlinge und Fuchsige Rötel – Trichterlinge sowie Graue Erdritterlinge landeten in den teils gut gefüllten Körben der Sammler. Insbesondere ein jüngeren Fichtenbestand war übersät von vielen tausend Fruchtkörpern, vor allem des ungenießbaren Bärtigen Ritterlings. Er landete anstatt von Hallimasch in den Körben einiger Pilzfreunde. Ich riet davon ab, sie als Speisepilze mit zu nehmen, da sie Bitterstoffe enthalten und dadurch die Mahlzeit ungenießbar machen könnten.
Gleich zu Beginn begrüßte uns ein nicht so häufiger Vertreter der Schleierlinge, der Spindelstielige Wasserkopf (Cortinarius duracinus). Sein gelbbräunlicher, konvexer Hut, der am Scheitel oft wie bereift wirkt, der spindellig auslaufende Stiel sowie sein Jod – Geruch kennzeichnen ihn recht gut. Kein Speisepilz.
Hier noch einmal der vorzügliche Graublättrige Schwefelkopf (Hypholoma capnoides) links, zum Vergleich mit dem bitteren und giftigen Grünblättrigen Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare) rechts.
Nicht wenig überrascht waren wir, als uns plötzlich eine weitere Gruppe Pilzsucher folgte. Es war die Truppe um Torsten Richter (Bildmitte) vom Rehnaer Pilzverein. Auch sie hatten sich heute das Lankower Holz ausgesucht, ohne das wir es vorher abgesprochen hätten. Ich Denke aber, der Wald konnte auch einer so großen Schaar an Pilzsuchern genug interessantes bieten.
Interessant ist z. B. der Geruch dieses giftigen Ranzigen Trichterlings (Clitocybe phaeophthalma). Er soll nach Hühnerstall riechen, was uns auch gleich jemand bestättigen konnte!
Ein häufiger und essbarer Spätherbstpilz unter Fichten ist der Schwarzpunktierte Schneckling (Hygrophorus pustulatus).
Wie ein Wattebausch sieht der Weiße Polsterpilz (Oligoporus ptychogaster) aus. Er gehört zu den Saftporlingen, was man ihm jedoch nicht ohne weiteres ansieht. Ungenießbar.
Einen seltenen Fund tätigte Frau Schulz aus Wismar. Sie fand hier im Wald den Salzwiesen – Champignon (Agaricus bernardii). Er ist mir eigentlich von den Salzwiesen entlang der Ostseeküste bekannt, kann vereinzelt aber auch im Binnenland auftreten. Der Pilz riecht sehr unangenehm, daher gelten Pilze aus der Ostseeküsten – Region als ungenießbar, gleichfalls soll er laut Michael – Hennig – Kreisel in der ungarischen Tiefebene ein beliebter Marktpilz sein. Rote Liste 3 = gefährdet!
Hier sehen wir Jonas mit seiner Patentante Sina und Hund Romeo während einer kleinen Rast. Sie haben es sich so gut es geht auf diesem Findling für ein Foto „gemütlich“ gemacht. 27.10.2012.
Auch die anderen sammelten sich nach und nach an einer Wanderhütte mitten im Wald. Die Wismarer Gruppe hatte sich etwas auseinander gezogen und wir beschlossen hier die weitere Ausrichtung unserer Tour.
Wohl durch das warme Wetter der Tage zuvor, wurde dieses Tagpfauenauge wieder aktiv und ist durch die plötzliche Kälte wie gelähmt. Der Schmetterling hatte es sich auf diesen Stockschwämmchen gemütlich gemacht, war aber einfach zu klamm um wieder zu starten.
Altes Buchenholz, besonders aber deren Stubben, werden jetzt im Spätherbst von zahlreichen Geweihförmigen Holzkeulen (Xylaria hypoxylon) besiedelt. Sie gehören zu den Schlauchpilzen.
Jonas und die Freundin von seiner Patentante Sina, haben einen tollen Hallimasch – Fund gemacht. Foto: Sina Mews.
Der Dunkle Hallimasch (Armillaria obscura) bevorzugt als Substrat eindeutig Fichtenholz. Hier kann er als Schwächeparasit Schäden in den Monokulturen anrichten. Guter Speisepilz, aber roh giftig!
Der Schopftintling (Coprinus comatus) ist ein schmackhafter und beliebter Speisepilz mit hohem Erkennungswert. Er sollte noch geschlossen und komplett weiß gefärbt sein, so wie dieses Ideal – Exemplar.
Mit diesem Schopf – Tintling ist leider nichts mehr anzufangen, oder doch? Früher soll man mit der schwarzen Sporenflüssigkeit tatsächlich geschrieben haben, daher auch die Bezeichnung Tintling.
Unter den Fichten wuchsen hier auch diese scharf schmeckenden und damit ungenießbaren Wechselfarbigen Spei – Täublinge (Russula fragilis). Speitäublinge sind klein bis mittelgroß, mit fast reinweiß gefärbten Stielen und Lamellen, sind oft sehr brüchig und schmecken besonders in den Lamellen brennend scharf, zum Speien!
Und wieder eine kleine Pause zum Sammeln am Bauwagen der Waldkita.
Inzwischen haben die vollen Körbe einiger Sammler bereits Kapazitätsprobleme bekommen, so wie hier bei unserem Pilzfreund Hans Jürgen Willsch. Ich konnte aber Abhilfe schaffen und für etwas Luft im Körbchen sorgen, denn einige, dem Hallimasch sehr ähnlichen sehende Bärtige Ritterlinge waren da zwischen geraten. Sie sollen bitter schmecken!
Besonders jung können die Bärtigen Ritterlinge (Tricholoma vaccinum) mit ihren bräunlichen Hüten und den zahlreichen Schüppchen auf den ersten Blick dem Dunklen Hallimasch recht ähnlich sehen.
Diese Ritterlinge wuchsen in einem größeren Fichtenbereich als Bodendecker. Viele tausend Fruchtkörper auf engstem Raum. Da zwischen auch essbare Graue Erdritterlinge, einige Fichten – Reizker und Maronen.
Charakteristisch für die essbaren und schmackhaften Edel – Reizker ist ihr orange bis blutroter Milchsaft, der bei Verletzung mitunter reichlich austritt. Es werden mehrere Arten unterschieden. Hier ist es der leicht bitterlich schmeckende Fichten – Reizker (Lactarius deterrimus).
Und zum Schluss tauchten dann noch einige besonders bizarre Arten auf, so wie diese Bewimperten Erdsterne (Geastrum fimbriatum), die hier ein ausgezeichnetes Fotomotiv boten.
Die Erdsterne gehören zu den Bauchpilzen, sind also mit den Stäublingen und Bovisten nahe Verwandt. Ihre äußere Hülle (Exoperidie) platzt bei der Sporenreife sternförmig auf und legt die innere Umhüllung (Endoperidie) frei, in der die Sporen nun darauf warten, dass sie durch mechanische Reize dem Wind anvertraut werden können.
Ein wunderschöner und markanter kleiner Geselle ist der Gurken – Schnitzling (Macrocystidea cucumis). Er wächst gerne an Waldwegen bei Fichten und ist mit seiner schwarzbrauen Färbung, dem helleren Hutrand und dem Geruch nach frischen Gurken gut charakterisiert. Ungenießbar.
Gut charakterisiert ist durch ihr Erscheinungsbild auch die Gruben Lorchel (Helvella lacunosa). Ihre dunkelgraue bis schwärzliche Färbung grenzt sie gut von der ähnlichen, weißlich gefärbten Herbst – Lorchel ab. Essbar.
Mit 21 Pilzfreunden und drei Hunden waren wir heute eine starke Truppe. Ein Herr aus Hamburg verabschiedete sich schon etwas früher von uns, so dass er auf unserem Erinnerungsfoto leider nicht mehr zu sehen ist. 27. Oktober 2012 im Lankower Holz bei Rehna.
Regionalinfos auch unter: www.rehna.de
Siehe auch unter: www.pilzverein-rehna.de
Wann geht es wieder in die Pilze? – Siehe unter der Rubrik „Termine“ am Beginn unseres Info – Corners!