Ein Pilzwochenende in Mecklenburg
Mit diesem schönen Steinpilz – Stimmungsfoto von Andreas Okrent aus dem letzten Herbst, lud der Steinpilz-Wismar zu einem Pilzwochenende in Mecklenburg ein.
Nach unserem Frühlingsseminar haben wir zu bester Pilzzeit noch einmal zu einem herbstlichen „Pilzwochenende in Mecklenburg“ eingeladen. Es fand in der Zeit vom 18. – 20. Oktober 2013 wieder in Keez, bei Brüel, statt. Die Sommerpilze waren weitgehend abgeklungen und wir konnten uns nun voll auf die Artenvielfalt des Herbstes stürzen. Wir fanden eine Vielzahl jahreszeittypischer Pilzarten. Insbesondere Holz- und Humusbewohner liefen zur Höchstform auf. Die weitläufigen Laub- und Nadelwälder der Umgebung boten ein reichhaltiges Betätigungsfeld und hielten auch so manche Überraschung für uns bereit.
Das Programm:
- Freitag, den 18.10.2013 – Theorietag. Gegen 14.30 Uhr eröffnete unser Pilzexperte Ulrich Klein das Herbstseminar mit einer allgemeinen Einführung in die Pilzkunde. Im Anschluss nahm er speziell auf die herbstliche Pilzflora Bezug. Zwischendurch gab es Kaffee und selbst gebackenen Kuchen und wer bei uns übernachtete, erhielt selbstverständlich auch ein reichhaltiges Abendbrot von unserer guten Seele Irena serviert.
Ulrich Klein während seiner ausführlichen Einführung in die Pilzkunde. Hier ist auf der Leinwand leider nur ein weißes Fenster zu sehen, der Leser kann aber unbesorgt sein, dort wurden auch Inhalte vermittelt und es handelt sich um eine Überbelichtung des Fotos.
Eine stichpunktartige Übersicht über die einzelnen Kapitel seines Vortrages. Das Fragezeichen bezieht sich darauf, ob wirklich alles echte Herbstpilze sind, die wir zu dieser Jahreszeit finden können. Schwerpunktmäßig ja, aber es sind auch Mitte Oktober noch letzte Sommerpilze, Pilze die die gesamte Vegetationsperiode über wachsen und schon erste Winterarten zu finden. Selbst vereinzelte Frühlingspilze können im Herbst auftauchen.
Einige Stichpunkte zum Geschmacks- und Nährwert unserer essbaren Großpilze.
Sehr interessant dürfte auch gerade für uns Pilzfreunde diese These aus einem Ärzteblatt sein, die Bezug nimmt auf die Problematik des Fuchsbandwurms!
In der Pause wurde dann gefachsimpelt über Pilze, die ich kurz zuvor aus dem Wald geholt hatte und zu einer kleinen Ausstellung auf einer Moosfläche aufgebaut habe.
Nach etwa fünf Stunden, mit zwei kleinen Pausen zwischen durch, endeten Ulrich` seine interessanten Einführungen über das immer noch geheimnisumwitterte Reich der Großpilze. Ich überreichte ihm als Dankeschön, stellvertretend für alle Zuhörer, ein kleines Blumenpräsent.
- Sonnabend, den 19.10.2013 – Exkursionstag: Nach dem Irena uns Frühstück serviert hatte, starteten wir zu unserer ersten Exkursion. Ziel war der Haushalt Forst. Ein überwiegend mit Buchen bestandenes Waldgebiet auf teils kalkhaltigen Böden.
Im Haushalt Forst angelangt, ging es sogleich auf die Pirsch durch dieses sehr interessante Gebiet mit vielen eingestreuten Feuchtbiotopen.
Gehaltvollen Buchenwaldboden braucht der stattliche Braunfleckende Milchling (Lactarius fluens). Seine weißliche Milch schmeckt brennend scharf und er ist daher ungenießbar. Sehr änhlich kann der ebenfalls ungenießbare Graugrüne Milchling aussehen.
Der Wässrige Mürbling oder das Weißstielige Stockschwämmchen (Psathyrella hydrophila) wächst meist in großen und dichten Büscheln an Laubholzstubben. Der Pilz kann gegessen werden, es wird aber vereinzelt von Unverträglichkeiten berichtet.
Der Kalk liebende Schwefel – Ritterling (Tricholoma sulphureus) zeichnet sich durch einen gasartig – stechenden Geruch aus und gilt als ungenießbar bis schwach giftig. Er kann mit dem Grünling verwechselt werden.
Hier sehen wir links ein intaktes Derbes Rotfüßchen (Xerocomus pruinatus). Daneben ein Fruchtkörper der gleichen Art, der vom parasitischen Goldschimmelpilz befallen ist. Der Schimmelpilz befällt nur Röhrlinge und äußert sich zunächst durch einen grauen Belag, der schnell in weißen Schimmel übergeht. Bei der Sporenreife des Schimmelpilzes verfärbt sich alles goldgelb. Beim geringsten Anzeichen des Schimmelbefalls dürfen die Wirtspilze (Röhrlinge) nicht mehr verzehrt werden, da der Goldschimmel giftige Substanzen bildet.
Tommi aus Berlin zeigt stolz einen Laubholzast, der von zahlreichen Fruchtkörperkonsolen der Schmetterlings – Tramete besetzt ist. Er wird sie mitnehmen, trocknen und Teepulver daraus herstellen, da der Schmetterlings – Tramete heilende Wirkung zugesprochen wird.
Der wohlschmeckende Frauen – Täubling (Russula cyanoxantha) kann sehr unterschiedliche Hutfärbungen aufweisen. Die Palette reicht von graublau über stahlblau, violett bis hin zu grün. Die geschmeidigen Lamellen und sein elastisches Fleisch kennzeichnen ihn jedoch immer sehr gut. Der Fruchtkörper links oben gehört zum ähnlichen Purpurschwarzen Täubling, der spröde Lamellen besizt und nicht besonders schackhaft ist.
Der Weißstielige Leder – Täubling (Russula romelii) gehört zu den größten Täublingen und ist ein Ockersporer. Er kann bereits ab Mai in den kalkhaltigen Buchenwäldern auftauchen. Guter Speisepilz.
Der leicht giftige Seifen – Ritterling (Tricholoma saponaceum) ist eigentlich in den sandigen und sauren Nadelwäldern beheimatet. Gelegentlich taucht er aber auch im besseren Buchenwald auf. Sein grünlicher Hauch am Fruchtkörper, der nach unten rötende Stiel und sein Waschküchengeruch kennzeichnen ihn recht gut. Er ist allerdings sehr variabel und kann in Habitus und Färbung sehr verschieden aussehen.
Auf Buchen mit Kalk im Boden ist der Schärfliche Ritterling (Tricholoma sciodes) angewiesen. Er schmeckt beim Kauen zunächst bitter und schließlich brennend scharf. Aus diesem Grunde ist er ungenießbar.
Recht urwüchsig präsentiert sich hier der geringwertige Dickblättrige Schwarztäubling (Russula nigricans).
Hallimasch war stellenweise in Mengen vertreten. Hier sehen wir voll entwickelte Fruchtkörper des Gelbschuppigen Hallimasch (Armillaria lutea). Essbar, aber roh giftig!
Gleich zwei Pilzarten wachsen hier auf Holzunterlage dicht zusammen. Ganz links sehen wir ein Büschel des Anis – Zählings (Lentinellus cochleatus). Der große Rest besteht aus Fruchtkörpern des Pinsel – Schüpplings (Pholiota jahnii).
Der Anis – Zähling (Lentinus cochleatus) zeichnet sich durch seine braunen, tütenförmigen Fruchtkörper mit den weit herablaufenden Lamellen, dem Vorkommen an morschem Laubholz und seinen Anis – Geruch aus. Nicht selten kommen allerdings auch geruchlose Formen vor. Geringwertig!
Bei diesem Korallenpilz handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Kammkoralle (Clavulina cristata). Kein Speisepilz.
Dieses schöne Stimmungsfoto zeigt ein Büschel Tintlinge (Coprinus spec.) das sich gerade in Auflösung (Autolyse) befindet.
Egon Schmeißer aus Berlin freut sich über die ersten Herbsttrompeten seines Lebens. In den sandigen Wäldern um Berlin und in der Mark Brandenburg sind sie kaum zu finden.
Die dunkelbraunen bis schwarz gefärbten „Füllhörner“ sind hervorragend zum trocknen geeignet und geben eine vorzügliche Pilzwürze.
Der Gilbende Erdritterling (Tricholoma argyraceum) wächst unter Laub- und Nadelbäumen. Im Alter beginnt er an verwesenden Stellen und am Hutrand zu gilben. Standortfoto im Haushalt Forst.
Eine in Mecklenburg sehr seltene Rote Liste – Art (Rote Liste 3 = gefährdet!) ist der Isabellrötliche Schneckling (Hygrophorus poetarum). Seit vielen Jahren gibt es ihn hier im Haushalt Forst in mindestens zwei Myzelien. Er bildet sogar Hexenringe aus und mit bis zu 20 cm Hutdurchmesser gehört er zu den größten Schnecklingen. Essbar. Standortfoto.
Natürlich durfte der Flockenstielige Hexen – Röhrling (Boletus luridiformis) nicht fehlen. Seit Mitte Mai zählt er kontinuierlich zu den häufigsten Röhrlingen in unseren Wäldern. Der ausgezeichnete Speisepilz wächst in der Regel unter Rotbuchen, Eichen und Fichten.
Der Pinsel – Schüppling (Pholiota jahnii) zählt fast jedes Jahr im Herbst zu den schönsten und auffälligsten Charakterarten dieses artenreichen Waldgebietes. Von Anfängern kann er mit dem Hallimasch verwechselt werden. Auch ähnelt er dem Hochthronenden- und dem Sparrigen Schüppling. Seine spitzen Schüppchen stehen pinselförmig und aufrecht vom schleimigen Hut ab. Der Sparrige Schüppling ist niemals schleimig und der Hochthronende Schüppling wächst oft hoch am Stamm oder an liegenden Stämmen und deren Schnittflächen. Pinsel – Schüpplinge stehen immer scheinbar auf der Erde oder direkt am Fuße der Bäume und deren Stubben. Niemals direkt auf dem Stamm heraus brechend! Standortfoto. Geringwertig und für Speisezwecke nicht zu empfehlen.
Zu den wenigen Röhrlingen, die heute vertreten waren, zählen diese beiden Dickröhrlinge. Vermutlich handelt es sich um ältere Exemplare des hier besonders im Sommer häufigen Anhängsel – Röhrlings (Boletus appendiculatus). Es wurden aber auch Vermutungen laut, dass es sich möglicherweise um den sehr seltenen Sommerröhrling (Boletus fechtneri) oder dem in unseren breiten extrem seltenen Blauenden Königsröhrling (Boletus fuscoroseus) handeln könnte.
Am Wegrand dann eine ganze Reihe dieser urwüchsigen Herbst – Lorcheln (Helvella crispa). Sie gehören zu den Schlauchpilzen. Ihre Sporen sitzen in sogenannten Schläuchen, die unter dem Mikroskop gut sichtbar werden. Sie befinden sich auf der krausen Hutoberfläche. In ihnen reifen die Sporen, die bei bestimmten Impulsen wie Sonnenbestrahlung oder durch Körperwärme beim Anfassen explosionsartig ausgeschleudert werden. Es hat dann den Anschein, als ob der Pilz dampft.
Nicht selten in unseren Buchenwäldern ist der markante Langstielige Schleimfuß (Cortinarius elatior). Er bevorzugt saure Böden und kann auch in Nadelwäldern auftauchen. Ich habe ihn bisher immer unter Buchen gefunden. Sein oft langer Stiel verjüngt sich an beiden Enden und ist oft lila getönt, was bei diesem Exemplar allerdings nicht zu erkennen ist. Sein holzbräunlicher Hut ist immer stark radial – streifig. Essbar, aber von minderer Güte.
Eine imposante Erscheinung in Kalkbuchenwäldern ist der stattliche Rettich – Fälbling (Hebeloma sinapizans). Schneidet man einen Fruchtkörper direkt vom Scheitel nach unter zu auf, ist in der Regel im oberen Bereich des hohlen Stieles ein spitzer Zapfen zu erkennen, der nach unter, in den Hohlraum, hinein ragt. Ungenießbar.
Wie Ohrmuscheln stehen an diesem Laubholzast die Judasohren (Hirneola auriculae – judae) ab. Es geht auf den Winter zu und besonders am Schwarzen Holunder kann man die beliebten Gallertpilze in der feuchten und kalten Jahreszeit in Mengen sammeln. Sie dürfen in der asiatischen Küche nicht fehlen.
Zwischendurch bot sich diese Bank zu einem kleinen Gruppenfoto an, wo allerdings nicht alle Exkursionsteilnehmer zu sehen sind, da sie etwas abseits unterwegs waren.
In Keez angelangt, wurden sogleich die gesammelten Werke auf Pappteller sortiert, um die Körbe für die zweite Exkursion zu lehren.
Nach dem Mittagessen in Keez starteten wir am Nachmittag nochmals zu einer kurzen Exkursion. Ziel war das heideartige Landschaftsschutzgebiet Obere Seen bei Sternberg. Lückenhaft stehende Gruppen von Kiefern, Birken und Eichen kennzeichnen diese Ginsterheide mit Trockenrasen.
Im Gebiet der Oberen Seen angelangt, begrüßten uns gleich einige stattliche Riesenschirmpilze (Macrolepiota procera). Diese Seminar – Teilnehmerin freut sich ganz besonders über so ein Prachtstück. Ihr erster Parasol, den sie hier in den Händen hält!
Wunderschöne Fliegenpilze (Amanita muscaria) erfreuen das Herz eines jeden Naturfreundes. Sie wuchsen hier zahlreich unter Birken und Kiefern. Giftig! Standortfoto.
Den Violetten Lacktrichterling kennen viele Pilzsammler und er wird auch gerne mitgenommen. Es gibt aber weitere, teils sehr häufige Vertreter dieser Gattung. Hier sehen wir den Braunroten Lacktrichterling (Laccaria proxima). Wir finden ihn in sauren Nadelwäldern. Sein Hut ist auf der Oberfläche meist mit zahlreichen feinen, ähnlich gefärbten Schüppchen bedeckt. Essbar. Standortfoto.
Gleiche ökologische Ansprüche besitzt der Zweifarbige Lacktrichterling (Laccaria bicolor). Er zeichnet sich durch seinen farblichen Kontrast zwischen braunrötlicher Hutoberfläche und lilavioletten Lamellen aus. Auch an der Stielbasis sind meist deutliche Violetttöne zu erkennen. Ebenfalls essbar.
Mühselig gestaltet sich das Ernten der kleinen, aber zahlreich wachsenden Frost – Schnecklinge.
Gut genährt präsentiert sich dieses Pärchen Maronen – Röhrlinge (Xerocomus badius).
Nicht fehlen zu dieser Jahreszeit darf in einem derart armen Kieferngebiet der legendäre Grünling (Tricholoma equestre). Trotz seines Schutzstatus und seiner potenziellen Gefährlichkeit durch Muskelschädigung, erfreut sich dieser Ritterling nach wie vor großer Beliebtheit und wird von vielen Pilzfreunden, trotz aller Warnungen, weiterhin verzehrt.
Für große Heiterkeit, aus welchem Grund auch immer, sorgte dieser schon etwas betagte Steinpilz, den Irena hier in der Hand hält.
Bei Verletzung blutrot verfärbt sich der Echte Waldchampignon (Agaricus silvaticus). Er ist essbar.
Allgemein als Butterpilze eingesammelt werden diese beiden Schmierröhrlingsarten. Es handelt sich um Butterpilze (Suillus luteus) mit meist dunkelbrauner Huthaut und einem weißen Häutchen, das zwischen Stiel und Hutrand gespannt ist und im weiteren Verlauf meist als violettbraune Ringzone am Stiel zurück bleibt. Ganz links sehen wir den helleren Körnchen – Röhrling (Suillus granulatus) ohne Ring, dafür aber jung mit milchigen Tröpfchen an der Röhrenschicht. Beide sind essbar, aber die Huthaut muss unbedingt abgezogen werden!
Der stark giftige Pantherpilz (Amanita patherina) zeichnet sich durch weiße Hüllreste auf dem mehr oder weiniger bräunlichen Hut aus, die allerdings auch fehlen können. Der Hutrand ist deutlich gerieft, dafür die Manschette ungerieft. Das Fleisch rötet nie und an der Stielbasis befindet sich eine gerandete Knolle.
Über und über ist dieser Kiefernstubben mit Fruchtkörperkonsolen des Gemeinen Violettporlings (Trichaptum abietinum ) überzogen. Dieser schöne Porling ist nur an Nadelholz zu finden und gehört in unseren Kiefernwäldern zu den häufigsten Holzbewohnern. Ungenießbar.
Der sehr häufige und auffällige Blutmilchpilz (Lycogala epidendron) zählt zu den Schleimpilzen. Die Myxomyceten, wie ihre wissenschaftliche Bezeichnung lautet, gehören nicht zu den echten Pilzen. Sie bilden das Bindeglied zwischen dem Tier- und dem Pilzreich.
Allmählich setzte schon die Dämmerung ein und bevor es wieder in Richtung Keez ging, wurde bei einem Becher Kaffee und frischem Kuchen noch reichlich gefachsimpelt.
Soweit der erste Teil unseres Rückblicks.