Ein Pilzwochenende in Mecklenburg
Herbstliches Pilzseminar in Keez – Teil 2
Neben 10 erwachsenen Pilzfreunden waren auch diese beiden Kinder von 6 und 8 Jahren mit dabei. Neben Henrik auch ein weiterer Jonas. Da unser Sohn auch mit von der Partie war, gab es Jonas gleich in doppelter Ausführung. Natürlich war neben der Beschäftigung mit Pilzen auch Fußballspielen und toben angesagt. Foto: Bernd Sambeth.
- Sonntag, 20. Oktober – Nach einem ausgiebigen Frühstück war heute Bestimmungsarbeit und der Aufbau einer Ausstellung angesagt. Wir haben gut 140 Arten zusammengetragen. Ich hatte auch einige Sporenbilder vorbereitet und es konnte durchs Mikroskop geschaut werden. Am Mittag gab es, wie bereits zu unserem Frühjahrsseminar, eine kleine Pilzverkostung mit Bewertung. Am Nachmittag lud ich dann alle, die noch Zeit und Lust hatten, zu einer Abschlussexkursion in die Kiefernforst bei Neukloster ein. Hier konnte sich jeder mit Edel – Reizkern eindecken.
Bereits am Vorabend haben wir uns in kleiner Runde zusammengesetzt, um einige Bestimmungsübungen durchzuführen. Besonders spannend wurde es bei einzelnen Täublingen. Beim rechten Exemplar war ich mir auch nicht ganz sicher. Ich schwankte zwischen Weißstieligem Leder – Täubling und Lederstiel – Täubling. Die chemische Reaktion lässt letzteren vermuten. Das linke Exemplar war für mich von vorn herein der Rotstielige Leder – Täubling (Russula olivacea). Der Stiel ließ aber nicht das geringste an rot erkennen, so dass auch hier die Chemie zu rate gezogen werden musste. Die Phenol – Reaktion bestätigte diese Vermutung eindrucksvoll mit einer prächtigen, heidelbeersaftähnlichen Farbreaktion.
Meine letzte Amtshandlung am späten Sonnabend Abend war die Vorbereitung einiger Sporenbilder. Dazu legt man die abgeschnittenen Hüte der jeweiligen Pilzart auf weißes oder farbiges Papier und deckt sie gegen Schutz vor Luftzug mit einem Schälchen ab.
Am nächsten Tag erhält man das Ergebnis. Hier handelt es sich um das Sporenbild eines Weißsporers, genauer gesagt um einen Vertreter der Ritterlinge, nämlich des Strohblassen Ritterlings (Tricholoma stiparophyllum).
Auf Papptellern wurden die Pilze zunächst nach Arten sortiert und bestimmt sowie nach gattungszugehörig geordnet und beschriftet, bzw. beschildert.
Dabei wird auch so manches wissenswertes notiert.
Für Einsteiger in die Welt der Sprödblättler gibt so mancher Täubling noch Rätsel auf, zumal dieser Rotstielige Leder – Täubling überhaut keinen Hauch von rot am Stiel erkennen lässt.
Vielleicht hilft hier ein Blick durch das Mikroskop weiter.
Auch ohne Mikroskop und Chemie ist der Große Rettich – Fälbling (Hebeloma sinapizans) ganz einfach vom kleineren Bruder, dem Gemeinen Rettich – Fälbling, gut zu unterscheiden. Im Längsschnitt ragt von oben ein spitzer Zapfen in den enghohlen Stiel hinein.
Die schönsten, wichtigsten und attraktivsten der ca. 140 Großpilzarten, die wir auf unseren Exkursionen fanden, stellten wir auf der vorbereiteten Moosfläche zu einer kleinen Pilzausstellung zusammen.
Während einige Pilzfreunde weiter mit Bestimmungsarbeiten beschäftigt sind, putzt ein anderer Teil schon die Pilze für die Verkostung.
Verkostet wurden u. a. diese Pappel – Ritterlinge ohne Rotkappe. Sie wurden von unseren Hamburger Pilzfreunden gesammelt und zur Verfügung gestellt. Beim Putzen muss die Huthaut entfernt werden, da sie Bitterstoffe enthält. Sie wurden recht gut beurteilt, allerdings erwies sich als Fehler, sie vorher blanchiert und das Kochwasser weg geschüttet zu haben. Es geht zu viel Geschmack verloren!
Diese wunderbaren Frost – Schnecklinge steuerten die Berliner Pilzfreunde bei. Sie brillierten in einer Geflügelbrühe ganz hervorragend. Ein wunderbares Pilzaroma, allerdings sind sie für meinen Geschmack etwas sehr weich und schlüpfrig.
Hier sehen wir Egon Schmeißer aus Berlin und meine Wenigkeit beim Putzen der Frost – Schnecklinge.
Diese Glänzenden Lackporlinge (Ganoderma lucidum) wurden aber nicht dem Geschmackstest unterzogen. Sie wuchsen am Fuße eines alten Sauerkrischbaumes im Garten. Sie werden getrocknet und zu Pulver verarbeitet, dem allerhand Heilkräfte nachgesagt wird.
Da Thomas aus Berlin unbedingt auf die Heilwirkung solcher Pülverchen schwört, hat er sich gleich einen Lackporling organisiert, den er wohl schweren Herzens wieder bei Irena abgeben musste. Thomas trinkt jeden Tag über einen Liter Tee aus Schmetterlings- und Birkenporlingspulvern oder Extrakten. Der Glänzende Lackporling soll diesbezüglich die Krönung sein.
Irena und Thomas, unsere Küchenmykologen, stellen uns das Resultat ihrer Kochkünste vor. Die Verkostung und Benotung der ausgewählten Pilzarten kann beginnen.
Der Tisch ist geschmackvoll hergerichtet und es darf zugegriffen werden.
Ich füllte mit zunächst nur jeweils einen Löffel der zur Diskussion stehenden Pilze auf, um danach zu entscheiden, welche von ihnen zur weiteren Sättigung meine Favoriten sein werden. Es gab dazu auch eine sehr wohlschmeckende Frostschnecklingssuppe.
Auf dieser Tafel werden uns Frauen – Täublinge (links) und Isabellrötliche Schnecklinge serviert. Während der Frauen – Täubling uneingeschränkt als ausgezeichneter Speisepilz gilt, dürfte der seltene Isabellrötliche Schneckling, der in Mengen am Standort vertreten war, bisher kaum als Speisepilz genutzt worden sein. Ein im Internet beschriebener Geschmackstest wurde als abscheulich bezeichnet. Mir und Egon schmeckte der Schneckling am besten. Herb bitterlich und kräftig gewürzt sehr gut und relativ bissfest. Der Frauen – Täubling war danach mit seinem lieblichen Geschmack für mich eher gewöhnungsbedürftig. Von den meisten anderen Verkostern aber mit drei Sternchen beurteilt.
Hier sehen wir links unpanniert gebratene Edel – Reizker und rechts Pappel – Ritterlinge. Der Edel – Reizker überzeugte glaube ich alle, wirklich delikat. Bei einigen schnitt allerdings auch der Pappel – Ritterling recht gut ab. Leider ist beim blanchieren zu viel Aroma verloren gegangen. Blanchieren sollte bei dieser Art unterlassen werden, es sei denn, Kochwasser wird nur in kleinen Mengen verwendet und in der Speise mit verwertet.
Ganz besonders möchte ich mich nochmals für dieses originelle Pilz – Präsent bedanken, das mir unsere beiden jungen und sehr netten Kursteilnehmer Paulina und Bernd überreichten. Auch Dorothee und Werner Griffel hatten mir eine süße, Hamburger Aufmerksamkeit mitgebracht, wofür ich mich ebenfalls an dieser Stelle sehr herzlich bedanken möchte.
Bevor einige schon vorzeitig aufbrachen, versammelten wir uns noch hinter der Ausstellungsfläche zu einem Erinnerungsfoto. Leider sind die Kinder hier nicht mit drauf, die gerade irgendwo beim spielen waren. Sie hätten vor uns und der grünen Ausstellungsfläche sicher auch ein gutes Bild abgegeben.
Nachdem schnell das nötigste vom Mittagessen abgewaschen wurde, startete der Rest der verbliebenen Pilzfreunde zu unserer Abschlussexkursion in einen Kiefernwald bei Neukloster.
Im Wald angelangt, standen Edel – Reizker (Lactarius deliciosus) auf dem Programm.
Neben delikaten Reizkern wuchsen hier natürlich auch viele andere Pilze. Ein typischer Kiefernbegleiter des Herbstes ist dieser recht häufige Feinschuppige Ritterling (Tricholoma imbricatum). Da er in milden und bitter schmeckenden Former auftreten kann, wird er nicht als Speisepilz empfohlen. Standortfoto.
Auch der süßlich aromatische Violette Rötel – Ritterling (Lepista nuda) ist hier zu hause und wurde gerne mitgenommen. Standortfoto.
Der ausschließlich unter Kiefern vorkommende Leberbraune Milchling (Lactarius hepaticus) sondert bei Verletzung eine weiße Milch ab, die sich nach einiger Zeit, auf einem weißen Tuch sogar sehr schnell, gelb verfärbt.
Schnell füllten sich die Körbe in diesem Gebiet mit wunderbaren Speisepilzen.
Der sehr hübsche Purpurfilizige Holzritterling (Tricholomopsis rutilans) ist zwar auch essbar, soll aber muffig/dumpfig schmecken. Die purpurroten Schüppchen auf Hut und Stiel, seine leuchtend gelben Lamellen sowie sein Vorkommen an Kiefernholz geben kaum zu Verwechslungen mit anderen Pilzen Anlass.
Vor zwei oder drei Jahren wurde dieser Kiefern – Jungbestand durchgeholzt und viel Astmaterial liegen gelassen bzw. Kleingehäckselt. Seit dem letzten Jahr gibt es besonders in den geschlagenen Schneisen den tödlich giftigen Nadelholz – Häubling (Galerina marginata) in unglaublichen Mengen. Der richtige Ort, um diesen gefährlichen Verwechslungspartner des Stockschwämmchens in allen Entwicklungsstadien zu studieren. Standortfoto.
Der Bewimperte Filzkrempling (Ripartites tricholoma) könnte leicht für einen weißlichen Trichterling gehalten werden. Er ist aber kein Weißsporer, sondern streut bräunliches Sporenpulver ab. Sein Hutrand ist in der Jugend feinflockig bewimpert. Standortfoto. Ungenießbar.
Der Alabaster – Kernling (Tremella encephala) lebt parasitisch auf Fruchtkörpern des Blutenden Schichtpilzes (Stereum sanguinolentum). An Stämmen und Ästen von Kiefern und Fichten, auch an Tanne. Der gelatinöse Fruchtkörper enthält im Schnitt einen weißen, festen Kern (Kernling). Standortfoto. Ungenießbar.
Der kleine Kastanienbraune Schirmpilz (Lepiota castanea) zählt zu den echten Schirmpilzen. Er kommt zerstreut in Laub- und Nadelwäldern vor und soll sehr giftig sein! Standortfoto.
Ebenfalls stark giftig ist der Bleiweiße Trichterling (Clitocybe phyllophila). Auf seinem Hut befindet sich ein firnisartiger Reif, der mit den Fingern leicht abgewischt werden kann.
Der Durchscheinendgeriefte Nabeling (Omphalina pyxidata) wuchs in großen Mengen am ausgehagerten Wegrand zwischen kurzen Moosen, Flechten und niedriger Krautschicht auf Kiesboden. Sein brauner, nabelig vertiefter Hut ist stark durchscheinend gerieft und die etwas helleren Lamellen laufen weit am Stiel herab. An geeigneten Standorten nicht selten. Ohne Speisewert. Standortfoto,
Und immer wieder große Trupps und Kreise von Edel – Reizkern. Keiner von uns hatte jemals solche Mengen dieses delikaten Speisepilzes gesehen. Viele waren allerdings schon überständig. Standortfoto.
Am Schluss hatte jeder so viele Reizker im Korb, wie er wollte. Wenn der Korb nicht ganz gefüllt war, dann freiwillig, weil man nicht so viele brauchte oder verarbeiten konnte. Mit diesem Abschlussfoto endete unser diesjähriges Pilzwochenende in Mecklenburg. 20. Oktober 2013.
Ich hoffe, es hat allen wieder sehr viel Spaß gemacht und jeder ist am Ende, mich eingeschlossen, wieder ein Stück schlauer geworden. Wenn nichts dazwischen kommt, soll es auch im nächsten Jahr wieder heißen: Der Steinpilz – Wismar lädt ein zum
„Pilzwochenende in Mecklenburg“