Öffentliche Pilzlehrwanderung
Es ging heute durch den Großen Wohld bei Bad Doberan
Durch den Großen Wohld zwischen Bad Doberan und Heiligendamm führte uns heute die 16. Pilzwanderung des Jahres.
Am Sonnabend, dem 09. November 2013, starteten wir zu einer spätherbstlichen Pilzwanderung durch den Großen Wohld bei Bad Doberan. Zu dieser geführten Lehrwanderung lud das mykologische Informationszentrum „Steinpilz – Wismar“ wieder sehr herzlich ein. Treff war um 08.00 Uhr auf dem Parkplatz am ZOB in Wismar – Wasserstraße. Mit den vorhandenen Autos fuhren wir auf der B 105 bis Bad Doberan und dann weiter in Richtung Ostseebad Heiligendamm. Kurz hinter Bad Doberan erstreckt sich rechter Hand zur Straße der sogenannte Große Wohld, unser heutiges Zielgebiet. Dort wartete noch eine pilzbegeisterte Dame aus dem Erzgebirge auf uns, die dort derzeit einen Kuraufenthalt an frischer Ostseeluft verlebt. Durch die Terminankündigung auf unserer Homepage wurde sie auf diese Wanderung aufmerksam. Im Gespräch erfuhr ich, dass sie auch Pilzberaterin ist. Insgesamt waren wir 13 Pilzfreundinnen und Freunde, die bei stürmischen Winden dieses interessante Waldgebiet auf der Suche nach spätherbstlichen Pilzen durchstreiften. Das Pilzaufkommen war der späten Jahreszeit entsprechend schon stärker reduziert, aber wir konnten dennoch einiges entdecken. Unser Gast aus dem Erzgebirge war noch richtig überrascht, was zu dieser Jahreszeit bei uns noch alles wächst. Im Erzgebirge ist es zu dieser Zeit oft schon deutlich schlechter, sicherlich auch abhängig von der jeweiligen Höhenlage. Bei uns wärmt auch bei relativ kalten Wetterlagen die Ostsee noch ganz gut, so dass die im tieferen Binnenland mitunter schon auftretenden Nachtfröste zumindest in Küstennähe noch auf sich warten lassen. Die Tour dauerte bis zum frühen Nachmittag.
Nach einer kurzen Begrüßung ging es dann los. Da uns ein starker Wind an der Westkannte des Waldes um die Ohren blies, waren wir froh, als der erste Weg ins Waldesinnere auftauchte.
Als einer der ersten Pilze begrüßte uns hier der dekorative Specht – Tintling (Coprinus picaceus). Für unseren Gast aus dem Erzgebirge eine absolute Rarität! Standortfoto.
Dann fand Jonas sogleich einen Knüppel mit wahrlich riesigen Judasohren.
Diese sorgten für kollektive Bewunderung.
Und mussten nicht nur von mir fotographisch festgehalten werden.
Judasohr (Hirneola auricula – judae). Darf in der asiatischen Küche nicht fehlen!
Und dann punktete Irena mit einem frischen Anis – Champignon, was das Pilzfieber erst so richtig anfachte.
Die kleinen und filigranen Gelbmilchenden Helmlinge (Mycena crocata) sind immer von besonderer Schönheit mit ihrem orangeroten Milchsaft, der bei Verletzung reichlich aus der Stielbasis austritt.
Der stark giftige Bleiweiße Trichterling (Clitocybe phyllophila) wächst oft in Hexenringen oder Halbkreisen in Laub- und Nadelwäldern. Gern in der Nadelstreu von Fichten. Er enthält erhebliche Mengen Muskarin. Der firnisartige Reif auf seinem Hut kann leicht mit den Fingern abgewischt werden. Standortfoto.
Der Butter – Rübling (Collybia butyracea), mit seinen schön rotbrauen Farbtönen, ist im Vergleich zum sehr ähnlichen Horngrauen Rübling in Mecklenburg wesentlich seltener zu finden. Essbar.
Der Orange – Becherling (Aleuria aurantia) ist im Herbst ein wahrer Schmuck unserer Wälder. Er könnte zwar gegessen werden, aber er ist unergiebig und zweitens bereichert er um diese Jahreszeit die immer trister werdende Natur mit seinen freundlichen, leuchtenden Farben und erfreut den Wanderer.
Unser am weitesten angereister Gast – Carmen Graupner (links) – ist auch Pilzberaterin. Das sie den Rotgelben Stoppelpilz kennt, versteht sich von selbst. Überhaupt ist ihre Artenkenntnis sehr solide! Es hat Spaß gemacht, mit ihr auf die Pilzpirsch zu gehen! Auch die junge Dame im Hintergrund ist sehr interessiert und ich habe mich gefreut, dass sie trotz ihrer ersten, verregneten Pilzwanderung im Oktober, heute wieder mit dabei war.
Der Rotgelbe Stoppelpilz (Hydnum rufescens) ist der kleinere Bruder des viel bekannteren Semmelstoppelpilzes. Er ist essbar.
Der nahezu schneeweiße und äußerst schleimige Elfenbein – Schneckling (Hygrophorus eburneus) ist ein Charakterpilz unserer herbstlichen Buchenwälder. Da es keine giftigen Schnecklinge gibt, kann er in den Sammelkorb wandern.
Auf diesem Stimmungsfoto sehen wir eine elegante Gruppe von Rillstieligen Helmlingen (Mycena polygramma) und im Hintergrunde einige Schichtpilze.
Es sind Striegelige Schichtpilze (Stereum hirsutum), die hier in großen Mengen totes, aber noch recht frisches Buchenholz besiedelten.
So auch dieser Buchen – Knüppel, den uns hier Jonas und ein weiteren Teilnehmer der heutigen Wanderung präsentieren. Ich nahm ihn für unsere Winterausstellung mit. Hoffentlich bekomme ich keinen Ärger, da ich ein Stück Holz entwendet habe!?
Der häufige Kaffeebraune Scheintrichterling (Pseudoclitocybe cyathiformis) landete heute des öfteren in den Körben der Speisepilzsammler, denn man kann ihn in einem spätherbstlichen Mischpilzgericht durchaus verwenden.
Eine Klasse besser sind allerdings Trompeten – Pfifferlinge (Cantharellus tubaeformis). Besonders in Skandinavien einer der beliebtesten und gesuchtesten Speisepilze.
Der Pfeffer – Röhrling (Chalciporus piperatus) kann als Würzpilz Verwendung finden. Als alleiniges Gericht ist er ungenießbar und kann dann auch unbekömmlich sein.
Trotz seiner lamellenartigen Strukturen auf der Fruchtkörper – Unterseite gehört der Birken – Blättling (Lenzites betulinus) zu den Porlingen. Neben abgestorbenem Birkenholz besiedelt er auch, so wie hier, mit Vorliebe relativ frisches Buchenholz. Ungenießbar. Standortfoto.
Das zu den Mürblingen gehörende Weißstielige Stockschwämmchen (Psathyrella hydrophila) erfreut sich bei den Wismarer Pilzfreunden recht großer Beliebtheit und landet immer wieder in den Sammlerkörben. Standortfoto.
Etwas unheimlich und düster wirkt diese Gruben – Lorchel (Helvella lacunosa). Sie darf das Sammelsurium der Speisepilzfreunde bereichern. Zu beachten ist, dass wahrscheinlich alle Lorcheln zumindest roh giftig sein können!
Und plötzlich dampfte am Waldrand der Molli entlang. Eine altehrwürdige Schmalspurbahn die zwischen Bad Doberan und dem Ostseebad Kühlungsborn seit vielen Jahrzehnten verkehrt. Da hieß es Fotokamera raus, aber ehe wir soweit waren, blieb uns nur noch der Schall und Rauch der kleinen Dampflock zwischen den Bäumen übrig.
Und dann, welch eine Überraschung, der erste kleine Steinpilz (Boletus edulis) am original Standort fotografiert.
Weitere sollten folgen. Sie standen an der ausgehagerten und trockenen Windkante des Großen Wohldes. Trocken ist es hier nun schon lange nicht mehr, aber zum Zeitpunkt der großen Steinpilz – Schwämme, Mitte September bis Anfang Oktober, waren die Bedingungen hier wohl noch nicht optimal, so dass jetzt noch ein Paar Nachzügler erschienen sind.
Einmal kurz inne halten, aber gleich sind wir ohnehin mit der Runde rum. Was hier so idyllisch und ruhig aussieht war in Wirklichkeit alles andere als dieses. Ein starker Wind blies uns um die Ohren und ließ uns frösteln.
Der Buchen – Schleimrübling (Oudemasiella mucida) liebt luftfeuchte Standorte in Gewässernähe. Hier ist er relativ häufig an Buchenholz zu finden. Seine sehr schleimigen, glasig – weißen Fruchtkörper sind eine Augenweide. Geringwertig.
Die Gemeine Hundsrute (Mutinus caninus) gehört zu den sogenannten Pilzblumen. Besonders in den Tropen gibt es viele Vertreter aus dieser Gruppe. Bei uns ist die Stinkmorchel am häufigsten und bekanntesten, aber auch die Hundsrute ist alles andere als selten. Auf den grünen Käppchen befindet sich die schleimige Sporenmasse, die von Insekten aufgenommen wird und die somit für die Verbreitung der Art sorgen. Ungenießbar.
Ebenfalls an dieser ausgehagerten Waldkannte unter Rotbuchen begeisterten mich diese kleinen, büschelig wachsenden Schleierlinge. Es dürfte sich um den Büscheligen Wasserkopf (Cortinarius damascenus) handeln. Auffallend sind besonders auch die hygrophanen Hüte. Standortfoto.
Nachdem uns Irena mit heißem Tee und Kaffee sowie Butterkeksen versorgt hatte, traten alle noch einmal zu unserem obligatorischen Gruppenfoto an. Dieses mal war es aber nicht ganz so einfach, mit dem Selbstauslöser ein Bild hin zu bekommen. Ich hatte kein Stativ mit und postierte die Kamera auf einer Bank. Zweimal wehte der Wind sie mir herunter. Zum Glück viel sie in` das weiche Laub. Beim ersten Versuch hatte ich statt uns, die Baumkronen der Bäume auf dem Bild. Erst beim dritten Anlauf klappte es endlich. 09. November 2013 im Großen Wohld bei Bad Doberan.
Regionalinformationen unter: www.bad-doberan.de
Wann geht es wieder in die Pilze? – Siehe unter Termine!