Individuelle Pilzwanderung mit Lübecker Verein
Wir durchwanderten das Radebachtal im Naturpark Sternberger Seenland.
Am Dienstag, dem 24. Juni 2014, war ich mit 10 Mitgliedern des Vereins für Betreuung und Selbstbestimmung in Lübeck e.V. gegen 09.00 Uhr am Radebachtal bei Blankenberg verabredet. Bei ihrem alljährlichen Vereinsausflug stand in diesem Jahr eine Pilzwanderung in Mecklenburg auf dem Programm. Ich habe dafür das Radebachtal ausgesucht, da es zum einen durch seinen landschaftlichen Reiz besticht und zum anderen eines unserer interessantesten Pilzreviere darstellt. Wie in vielen anderen Wälder zur Zeit auch, herrschte hier eine ziemliche Pilzarmut, aber das Eine oder Andere ist bekanntlich immer zu finden und so konnte auch heute jeder etwas wissenswertes und neues aus der Welt der Großpilze vermittelt bekommen. Im Anschluss fuhren wir noch gemeinsam nach Wismar und die Gäste aus Lübeck statteten dem mykologischen Informationszentrum noch einen Besuch ab. Das Wetter spielte mit und bei Kaffee und Kuchen im Kaffee „Glücklich“, gleich neben an, klang der Vereinsausflug für die Lübecker schließlich aus. Hier einige Impressionen von unserer heutigen Wanderung:
Die Organisatorin des heutigen Pilzausfluges, Monika Leister, hatte am Vortag schon einige Pilze gesammelt und anhand des Frischpilzmaterials gab ich eine kleine Einführung in die Pilzkunde und erläuterte zugleich die Fundstücke. Foto: Monika Leister.
Dann ging es aber los durch den herrlich frischen Buchenwald. In der Nacht hatte es geregnet und die würzige Waldluft war eine Wohltat.
Es dauerte nicht lange und der erste Pilz wurde freudig entdeckt. Es ist ein Breitblatt (Megacollybia platyphylla). Eine Art, die bis Anfang der 1980er Jahre als essbar und von gutem Geschmack in einem bekannten Pilzbuch beschrieben wurde. In der Nachauflage des selben Buches von 1981 stand dann nur noch giftig und heut zu Tage wird der Pilz wieder als harmlos beschrieben, aber von minderer Güte. Somit kann sich jeder selber Aussuchen, welcher Interpretation er den Vorrang einräumt.
Der nächste Fund sah schon etwas mitgenommen aus. Die Schnecken taten sich an ihm gütlich. Trotzdem ist er zweifelsfrei als essbarer Perlpilz (Amanita rubescens) zu identifizieren. Essbar nicht, weil die Schnecken an ihm geknabbert haben, sondern weil eindeutig weinrötliche Tönungen und graue Hüllreste auf dem Hut zu erkennen sind. Übrigens fressen Schnecken und andere Lebewesen auch an den giftigsten Pilzen! Fraßstellen sind niemals ein Kriterium der Essbarkeit!
Und nochmals ein Perlpilz (Amanita rubescens) jung und geschlossen. Hier sind die weinroten Tönungen kaum auszumachen. Nun achte man auf die einfache, nicht gerandete Stielknolle und die Riefungen oberseits der Manschette, die hier noch dicht auf der Hutunterseite anliegt. Perlpilze sind gute Speisepilze.
Da kommt natürlich Freude bei der glücklichen Finderin auf.
Freude auch über Großpilze am Fuße einer Buche. Wir haben zu Beginn gelernt, dass wir heute auf die Suche nach Großpilzen gehen wollen und das sind bekanntlich alle Arten, die mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, so auch diese winzigen Schwindlinge, die auf dem Foto kaum auszumachen sind.
Da waren diese Großpilze, die hier zu unzähligen Exemplaren gleich flächig den Stamm einer alten Buche bedecken, schon deutlich auffälliger. Es handelt sich um die Rötliche Kohlenbeere (Hypoxylon fragiforme). Als Schlauchpilz mit den bekannten Morcheln und Lorcheln verwandt.
Hier junge Fruchtkörper der selben Art am gleichen Stamm.
Diese Fruchtkörper des Echten Zunderschwamms (Fomes fomentarius) haben sich nach dem Sturz der Buche der veränderten Lage angepasst. Sie bilden vom selben Fruchtkörper ausgehend, neue Hutkannten aus, um somit zu ermöglichen, dass ihre Fruchtschicht wieder nach unten zeigt, um den Sporen den Ausfall wieder zu ermöglichen. Dieses Verhalten wird als Geotropismus bezeichnet. Die Erdanziehungskraft spielt hierbei die entscheidende Rolle.
Die marode gewordenen Brücken über den Radebach wurden kürzlich ausgebessert. Nun dürften noch die Geländer an der Reihe sein, denn Anlehnen oder Aufstützen ist hier nicht mehr möglich!
Genau an diesem Ab- und Aufstieg des Radebachtals wachsen meist im Juni diese Ziegelroten Rißpilze (Inocybe patuoilardii). Sie gelten als Verwechslungspartner des Maipilzes und sind schwer giftig!
An einem alten Stück Buchenholz erfreuten uns diese beiden eleganten Maistielporlinge (Polyporus lepideus). Ungenießbar.
Immer wieder fanden auch die kleineren der Großpilze unsere Aufmerksamkeit und wurden auch im Foto festgehalten. Monika Leister (2. von rechts) präsentiert hier einen Waldfreund – Rübling.
Auch eine schon ziemlich ausgereifte Stinkmorchel landete im Sammelbehältnis zum Vorstellen und Bestimmen. Markant und beeindruckend natürlich vor allem ihr Gestank. Bei der Gelegenheit fiel uns auch ein Lied des leider viel zu früh verstorbenen Liedermachers Ulrich Roski ein. In dem Stück „Des Pudels Kern“ fand auch der Phallus impudicus seinen Platz.
Aufsehen erregte dieser Schuppiger Sägeblättling (Lentinus lepideus), da er direkt aus dem Holz einer weiteren Brücke über den Radebach heraus wuchs. Somit war gleichzeitig klar, welches Holz hier verbaut wurde, denn wir finden ihn an Kiefer. Ungenießbar.
Eine Teilnehmerin fragte mich heute, warum es eigentlich so wenig farbenfrohe und bunte Pilze gebe. Ich Denke, sie ist nur selten im Wald auf Pilzsuche unterwegs, denn in besseren Zeiten kann man durchaus viele bunte Pilze sehen. Allen voran Täublinge, Lachtrichterlinge und die leider eher seltenen Saftlinge, um nur wenige Beispiele zu nennen. Wie der Zufall es wollte, begeisterten uns kurze Zeit später diese wirklich auffälligen Farbtupfer an einem alten, trocken liegenden Buchenstamm. Es handelt sich um den Nördlichen Zinnoberschwamm (Pycnoporus cinnabarinus). Ungenießbar.
Der Graue Scheidenstreifling (Amanita vaginata) ist wesentlich seltener als der häufige Fuchsige Scheidenstreifling. Schlanker, eleganter Wuchs, stark geriefter Hutrand und die Reste (Volva) einer früheren Eihülle an der Stielbasis sind gemeinsame Merkmale. Scheidenstreiflinge sind essbar.
Das Radebachtal ist bekannt für seinen Reichtum an verschiedenen, teils sehr seltenen Korallen. Leider sind einige von ihnen schwer zu Bestimmen. So habe ich auch mit dieser Koralle (Ramaria spec.) meine Probleme. Sie ist die früheste im Jahr und erscheint regelmäßig schon im Mai und Juni an den Hangterrassen des Radebachs unter Rotbuchen.
Auch dieser seltene Dickröhrling ist hier zu hause. Es handelt sich um den bitter schmeckenden und daher ungenießbaren Schönfuß – Röhrling (Boletus calopus).
Zum Schluss versammelten wir uns, wie üblich bei unseren Wanderungen, zum gemeinsamen Gruppenfoto. Ich hoffe, es hat allen Spaß gemacht!
Individuelle Pilzwanderungen können jeder Zeit mit dem Steinpilz – Wismar vereinbart werden.