Öffentliche Pilzlehrwanderung
Es ging heute durch den Züsower Forst
Noch gestern Abend befürchtete ich, wir müssen unsere heutige Wanderung durch einen staubtrockenen Wald durchführen, aber das Wetter hatte mit uns ein Einsehen. Kräftiger Gewitterregen ging in der zweiten Nachthälfte nieder und alles war frisch, dunstig und duftig würzig. Es roch förmlich nach Pilzen.
Zu einer weiteren, hochsommerlichen Pilzwanderung, lud der Steinpilz – Wismar am Sonnabend, dem 26. Juli 2014, wieder ganz herzlich ein. Treff war gegen 08.00 Uhr auf dem schmalen Parkplatz am Wismarer Omnibusbahnhof, in der Wasserstraße. Nach einer kurzen Begrüßung fuhren wir los und brachen auf zu einer Lehrwanderung durch eines unserer interessantesten und vielseitigsten Pilzwälder im nordwestmecklenburger Raum, dem Züsower Forst. In unseren langjährigen Pilzkartierungen kommt ihm eine Spitzenposition zu, was die Reichaltigkeit und Vielseitigkeit der bisher festgestellten Pilzflora anbelangt. Gehaltvollere, teils kalkhaltige Böden, bestanden mit ausgedehnten Buchenwäldern mit Eichen, aber auch Fichten und Lärchenbereichen sowie interessante Feuchtbiotope mit Erlen/Eschenbestand und Moore sorgen für Abwechslung und Vielfalt. So manche Rarität konnten wir hier schon feststellen, aber auch der Speisepilzsammler hat dort mitunter seine Lieblingspilze kaum alle wegtragen können. In manchen Jahren, so auch im letzten, gab es hier, so wie in vielen anderen Wäldern, eine Steinpilzschwämme in Größenordnungen, dass einige Pilzfreunde schon die Flucht ergriffen haben, um auch mal etwas anderes in ihren Sammelkorb legen zu können. Da wir heute keinen Rundkurs wanderten, mußten zu Beginn noch Fahrzeuge zum Endpunkt unserer Wanderung gefahren werden. Durch tagelange Hitze und trockenen Ostwind stand es mit dem Pilzwachstum leider nicht zum Besten. Da half auch der nächtliche Regen nichts. Außerdem sind unsere „Edelwälder“ auf besseren Böden bisher ohnehin noch nicht durchgestartet, so dass es hier bis dato kaum Frischpilze gab.
Nachdem sich alle in meine Teilnehmerliste eingetragen und die fünf Euro Teilnahmegebühr entrichtet hatten, ging es los durch herrlichen Buchenwald.
Auf mächtigen Totholzscheiben am Wegesrand entwickelten sich einige ganz frische Buckel – Trameten (Trametes gibbosa). Sie haben eine saprophytische Lebensweise und verursachen im Holz eine Weißfäule. Das die holzigen Fruchtkörperkonsolen nicht essbar sind, versteht sich von selbst.
Auch das ist ein Frauen – Täubling (Russula cyanoxantha). Wir kennen ihn eigentlich bläulich, violett oder grünlich bis graugrünlich, aber dieses olivgrün ist schon etwas ungewöhnlich. Trotz aller Färbungsmuster ist er immer an seiner Größe, der Elastizität seiner Fruchtkörper und den geschmeidigen, verklebenden Lamellen gut zu erkennen. Der Frauen – Täubling zählt zu den besten Speisepilzen.
Diesen Breitblättrigen Großrüblingen (Megacollybia platyphylla) ist die voran gegangene Trockenheit noch gut anzusehen. Sie sind gedrungen und untersetzt, die Hüte durch verhärten der Huthaut recht klein und teils vom Rand her eingerissen. Nicht empfehlenswert.
Wahrscheinlich schon länger am Standort verweilend, waren stellenweise diese kleinen Halsband – Schwindlinge (Marasmius rotula) nach dem Regen wie frisch gewachsen an Holzresten im Buchenlaub zu beobachten. Typisch ist das „Halsband“ zwischen den Lamellen und dem Stiel, eine Art Kragen. Ohne Speisewert.
Hier die Pilze noch einmal typischerweise am Standort. Der Hut wirkt von oben wie ein aufgeschirmter Fallschirm.
Röhrlinge gab es kaum. Dieser Eichen – Filzröhrling (Xerocomus quercinus) und ein kleiner Blutroter Röhrling waren die einzigen auf unserer heutigen Wanderung. Essbar.
Zu dekorationszwecken in den Korb gelegt wurden dieser Eichen – Wirrling (Daedalea quercina) und der Braunrote Stielporling (Polyporus badius).
Der Eichenwirrling besitzt auf der Unterseite eine charakteristische Lamellenstruktur, die an einen Irrgarten erinnert. Zum Basteln oder zur Deko ist er ganz besonders gut geeignet, da er auch längerfristig nicht von Käfern oder Insekten zerfressen wird. Die Gerbstoffe der Eiche machen es wohl möglich.
Die Spitzwarzige Tramete (Antrodiella hoehnelli) wächst zerstreut an stärkeren, am Boden liegenden Ästen und Stämmen von Rotbuchen gemeinsam mit dem Knotigen Schillerporling (Inonotus nodulosus). Auf dem Bild sind ebenfalls beide Arten zu sehen. Während A. hoehnelli gerade frisch wächst, stammen die schwärzlichen Reste des Schillerporlings vom Vorjahr. Ungenießbar.
Welcher Tischler hier für das feine Sägemehl am Fuße eines alten Baumes verantwortlich ist, entzieht sich unserer Kenntnis.
Der Grüngefelderte Täubling (Russula virescens) zählt zu den besten Speisepilzen, die unsere Buchenwälder zu bieten haben. Leider ist er nicht besonders häufig und unterliegt einer Rückgangstendenz, so dass wir ihn die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Pilzarten in M-V aufgenommen haben. Er steht in der Kategorie 3 = gefährdet!
Auch heute lagen immer wieder große Stapel gefällter Waldbäume zum Abtransport am Wegesrand. So mancher Stapel scheint aber bestellt und nicht abgeholt zu sein. Neben vielerlei anderen Waldorganismen, machen ihn sich nun verstärkt Pilze zu eigen und versuchen ihn im laufe der Zeit zu entsorgen. Dieser Holzstapel von Eichen und Buchen war über und über von verschiedenen Schichtpilzen besiedelt. Hier sehen wir den Striegeligen Schichtpilz (Stereum hirsutum).
Durch den nächtlichen Regen wieder aufgefrischt erscheinen diese Kerbrandigen Trichterlinge (Clitocybe costata) wie frisch gewachsen. Essbar, aber minderwertig.
Wie schön, dass unser Hauptaugenmerk den Pilzen gilt. Sie können nicht weglaufen oder wegflattern wie dieser Schmetterling. Er ließ sich aber seelenruhig fotografieren. Es könnte sich um den Kaisermantel (Argynnis paphia) handeln. Er fliegt im Juli und August auf blühenden Disteln, Stechdisteln und Brombeersträuchern.
Bei Pinnohof verließen wir kurzzeitig das Dickicht des Waldes und wanderten ein Stück weit durch diesen herrlichen Sommerweg in offener Landschaft.
Durch den Regen wieder aufgefrischt erscheinen auch diese Knopfstielige Rüblinge (Collybia confluens). Büscheliges Wachstum, oft in Hexenringen, sehr dichte Lamellen, ein weißlich bereift wirkender Stiel bei Trockenheit und ein zurückbleibendes Druckknöpfchen am oberen Stielende, wenn man den Hut abzieht, kennzeichnen diesen ungenießbaren Blätterpilz recht gut.
Ein weiterer, recht großer und schlanker Rübling wird durch seine lange Pfahlwurzel und seine schleimige Hutoberfläche recht gut gekennzeichnet. Es handelt sich um den Wurzel – Schleimrübling (Xerula radicata). Der wurzelartig verlängerte Stiel entspringt einer Buchenwurzel im Waldboden. Geringwertig.
Vereinsfreundin Erika Wittenhagen prüft begeistert die Festigkeit des Harten Zinnobertäublings.
Der in besseren Buchenwäldern recht häufige Harte Zinnobertäubling (Russula rosacea) ist in der Tat pochhart. Dadurch ist er von ähnlich gefärbten Täublingen recht gut zu unterscheiden. Die Rottöne des Hutes können aber stark schwanken und auch völlig in weißgelblich entfärben. Der Stiel ist eher selten reinweiß, so wie hier. Meist ist er ebenfalls mehr oder weniger zinnoberrot überlaufen. Essbar, aber minderwertig.
Eigentlich waren wir heute sieben an der Zahl, aber eine nette junge Dame wollte leider nicht mit auf das Bild. Züsower Forst am 26. Juli 2014.
Es wurde eine kleine Teilnahmegebühr von 5.00 € erhoben.
Regionalinformationen auch unter: www.stadt-neukloster.de
Wann geht es wieder in die Pilze? – Siehe unter Termine!