Öffentliche Pilzwanderung zur Saisoneröffnung
Wir waren im Wald bei Alt Karin unterwegs
Tiefblauer Himmel, verziert mit einigen Quellwolken und angenehm warmer Sonnenschein begleitete uns heute zu unserer Auftaktwanderung. Gegen 09.45 Uhr starteten wir von diesem idyllisch gelegen See bei Alt Karin aus zu unserer 1. Pilzwanderung des Jahres 2015.
Nun war es wieder soweit. Der Winter liegt hinter uns und wir haben mit unserer heutigen Pilzwanderung die neue Saison ganz offiziell eröffnet. Treff war zunächst um 09.00 Uhr auf dem Parkplatz am ZOB Wismar, in Höhe Kopenhagener Straße. Wir starteten von hier aus mit zwei Autos zum Zielgebiet. Das war heute ein Wald bei Alt Karin. Der Ort liegt etwa 10 Km Luftlinie östlich der Kleinstadt Neubukow oder etwa 10 Km südlich von Kröpelin, in einer waldreichen Umgebung. Geprägt sind die Wälder hier von Fichten- und Lärchenforsten sowie feuchten Erlenbrüchen. Fichtenwälder können zu Beginn der Saison selbst für Speisepilzfans schon recht interessant sein, so auch heute geschehen. In der Nadelstreu, auf Fichtenzapfen, gab es mitunter kleine Blätterpilzchen, die auf den botanischen Namen Strobilurus esculentus hören, was soviel wie die essbaren bedeutet. Es handelt sich um Fichten – Nagelschwämme, die sich bestens für eine Pilzsuppe eignen. An Fichtenstümpfen fanden wir letzte, vorzüglich schmeckende Rauchblättrige Schwefelköpfe aus dem Winter heraus. Aber besonders lohnend gab es Frühlingsboten wie Scheibenlorcheln, die ebenfalls nach ausgiebigem Erhitzen gegessen werden können. Hier einige Impressionen einer sehr schönen Auftaktwanderung:
Nachdem noch weitere Pilzfreunde aus Lübeck und Klütz zu uns stießen und begrüßt wurden, starteten wir von diesem Punkt aus in den vor uns liegenden Wald.
Zunächst ging es die kleine Anhöhe zum Wald hinauf. Foto: Ulrich Klein.
Mit forschem Entdeckerschritt ging es hinein in den noch lichtdurchfluteten Frühlingswald.
Bald tauchten auch die ersten Pilze auf. Diese Warzigen Drüslinge (Exidia plana) waren schon wieder halb vertrocknet, durch den starken Wind der letzten Tage.
Der Runzelige Schichtpilz (Stereum rugosum) ist eine häufige Art an Laubholz. Diese Konsolen habe ich auf einen bemoosten Stubben gelegt, um sie zu fotografieren, da es am Baum ungünstige Lichtverhältnisse durch die starke Sonneneinstrahlung gab.
Dann tauchten in einem lichten Lärchenwald die ersten Blätterpilze auf. Zwei Helmlinge mit weinrotviolettlicher Färbung. Eigentlich Vertreter aus der Rettich – Helmlings – Gruppe, aber der markante Geruch war nicht auszumachen. Also vorsorglich Mycena spec.!
Hier kam Begeisterung auf. An mehreren Fichten gleich etliche wunderschöne Fichten – Porlinge (Fomitopsis pinicola). Vorzuziehen ist aber die allgemeiner gehaltene Bezeichnung Rotrandiger Baumschwamm, da der Pilz keinesfalls auf Fichte beschränkt vorkommt. Der Drahtzaun wurde beim Wachstum gleich mit integriert, so dass wir beim Ernten der Fruchtkörper nicht unerhebliche Probleme bekamen. Die Porlinge werden getrocknet und eignen sich ganz vorzüglich für Adventsgestecke. Natürlich auch zur Osterdekoration!
Und dann stießen wir im Fichtenwald auf eine kleine Oase von Frischpilzen. Sehr ansehnliche und kräftige Exemplare des anisartig riechenden Duft – Trichterlings (Clitocybe fragrans). Trotz des angenehmen Anis – Geruches ist der Pilz giftig. Einige Mykologen unterscheiden noch weitere Arten oder Unterarten dieses Pilzes, so dass es zunehmend verwirrend wird, insbesondere seit der Gentechnik. Ich möchte hier zu bedenken geben, dass die Evolution nicht am Endpunkt angelangt ist und ich Denke und hoffe, dass irgendwann wieder Vernunft eingekehrt und dieser ganze chaotische Irrsinn mit der Aufstellung immer neuer Gattungen, Formen und Arten ein Ende nimmt.
Gleich daneben, in der Fichtennadelstreu, eine kleine Gruppe weiterer, trichterlingsartiger Blätterpilze ohne Anis Geruch. Sie rochen wunderbar angenehm pilzig. Wahrscheinlich ebenfalls Trichterlinge. Es könnte beispielsweise der Wachsstielige Trichterling (Clitocybe candicans) mit seiner glänzenden, kalkweißen Hutoberfläche in Frage kommen. Aber hier herrscht anscheinend ein ähnliches durcheinander, was Standort und Häufigkeit angeht. Nach Bon ist er selten und steht in der Roten Liste Kategorie 2 = stark gefährdet, nach Michael, Hennig, Kreisel wäre es ein häufiger Pilz. Da aber nicht klar ist, ob er es überhaupt ist, soll uns dieses nicht weiter beschäftigen.
Und es gab an dieser Stelle noch weiteres zu fotografieren. Wir sehen Ulrich Klein mit seinem treuen Begleiter aus dem Tierreich beim Fototermin mit einer Scheibenlorchel aus dem Pilzreich.
Die Schildförmige Scheibenlorchel (Gyromitra ancilis) ist in moos- und totholzreichen Fichten- und Kiefernwälder im westlichen Mecklenburg keine Seltenheit und erfreute durch ihre Ergiebigkeit unsere heutigen Kochtopfmykologen. Sie sollte aber gut durchgegart werden, da alle Lorcheln im verdacht stehen, roh giftig zu sein. Interessanterweise hat unser Raritätenjäger Andreas Okrent die Art in der Rostocker Heide, in ähnlichen Biotopen, noch nicht entdecken können. Standortfoto.
Und weiter geht es bei herrlichstem Frühlingswetter durch diesen von Lärchen und Fichten dominierten Wald bei Alt Karin.
Und die blühenden Lärchen sind eine Augenweide, insbesondere auch im Kontrast zum tiefblauen Frühlingshimmel. Foto: Ulrich Klein.
Aber die Stürme der vergangenen Tage haben uns so manches Hindernis in den Weg gelegt. Fichten sind Flachwurzler und bei stürmischem Wetter besonders gefährdet, eine für sie ungesunde, waagerechte Position einzunehmen. Ungesund auch für Menschen, die sich bei solchen Stürmen im Wald aufhalten und selbst danach ist es eigentlich durchaus noch problematisch, den Wald zu betreten, aber wir haben es ohne Schaden zu nehmen überstanden. Foto: Ulrich Klein.
Das hier der Gemeine Violettporling (Trichaptum abietinum) am toten Holze der Nadelbäume nicht fehlen darf, versteht sich von selbst.
Auch der Graublättrige Schwefelkopf (Hypholoma capnoides) ist nur an Nadelholz zu finden. Er zählt zu unseren schmackhaftesten und vorzüglichsten Speisepilzen überhaupt und ist in der Zeit von Oktober bis April zu suchen.
Ein großer Forstschädling, speziell in Fichten – Monokulturen, ist der Gemeine Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum). Auch er besitzt die Eigenschaft, störendes Beiwerk einfach zu umwachsen.
Schon sein wissenschaftlicher Name esculentus = essbar, weist eindeutig auf seine kulinarische Verwendungsmöglichkeit in der Küche hin. Es ist der Fichten – Zapfenrübling (Strobilurus esculentus). Er wächst mitunter massenhaft in der Fichtennadelstreu aus alten Zapfen heraus, besonders im Herbst und im Frühjahr.
Der Korb von Pilzfreundin Monika Leister aus Lübeck war am Schluss randvoll. Das weckte natürlich auch das Interesse der anderen Pilzfreunde.
Wenn das kein herrlicher Anblick ist! Natürlich war auch ein wenig Osterdekoration für zu hause mit dabei und auch die leicht giftigen Duft – Trichterlinge wurden nicht zum Verspeisen in den Korb gelegt. Sie sollen die Wismarer Pilzausstellung bereichern.
Auch ein Blick in diesen Korb lässt leckeres erahnen. Heute Abend gibt es Brennnesselsuppe mit Scheibenlorchel – Pfanne!
Und damit nicht genug. Praktisch als letzten Gruß des Winters ein ganz frisches, durch Wind und Sonne etwas angetrocknetes Büschel von Samtfuß – Winterrüblingen (Flammulina velutipes). Sicher zum Wachstum animiert durch die immer noch häufigen Nachtfröste. Ein ganz köstlicher Speisepilz!
Wir danken dem Alt Kariner Wald für die reiche Ernte. Es war eine Wohltat, bei diesem schönen Wetter zum ersten mal in diesem Jahr zu einer Pilzwanderung unterwegs gewesen zu sein.
Unser Abschlussfoto im grellen Licht der Aprilsonne. Eigentlich gehörten acht Leute auf dieses Bild, aber eine nette junge Pilzfreundin zog es lieber vor, hinter der Kamera zu stehen und uns abzulichten, dabei hätte sie das Foto ganz gewiss bereichert mit ihrem Scharm. Ein herzliches Dankeschön an die Fotografin und uns allen ein frohes Osterfest!
Weil es so schön ist, nochmals ein Blick in den Speisepilzkorb. Heute wurden Pilze gesucht, morgen werden es Ostereier sein. In diesem Sinne wünschen die Wismarer Pilzfreunde auch allen anderen Lesern dieses Berichtes eine schöne Osterzeit!
Wann steht die nächste Pilzwanderung an? – Siehe unter Termine!