Öffentliche Pilzlehrwanderung
Es ging durch das Strohkirchener Holz
Das Strohkirchener Holz von Bernstorf aus am 16. Mai 2015.
Am Sonnabend, dem 16. Mai 2015, war es wieder soweit. Das mykologische Informationszentrum Steinpilz – Wismar ludt zu einer öffentlichen Pilzlehrwanderung ein. Treff war gegen 08.00 Uhr auf dem Parkplatz am ZOB in der Wasserstraße, Ecke Kopenhagener Straße. Mit einem PKW und einem Motorroller fuhren wir nach kurzer Begrüßung zu unserem Zielgebiet. Dieses war heute das Strohkirchener Holz, südwestlich von Grevesmühlen. Am 26. Juni des Jahres 2011 waren wir hier schon einmal unterwegs. Es gab damals recht wenige Frischpilze, auch auf Grund relativer Trockenheit. Heute waren es noch weniger. Der Wald war praktisch Pilz leer, zumindest was Arten betrifft, die auf einer normalen Pilzwanderung gefunden, erläutert und eventuell auch in den Sammelkorb gelegt werden können. Das änderte sich aber, als wir Torsten Richter und Christopher Engelhardt vom Rehnaer Pilzverein trafen. Sie waren auf der Suche nach einem kleinen Waldtümpel, um den Uferbereich nach winzigen Großpilzen, insbesondere nach Schlauchpilzen zu durchsuchen. Anstatt durch den halben Wald zu laufen, konnten wir hier einiges interessantes auf kleinem Raum entdecken. Natürlich nichts für Kochtopfmykologen, sprich Speisepilzsammler. Darum geht es bei einer solchen Kartierungsaktion, die es letztendlich wurde, auch nicht. Aber wer seinen Horizont erweitern möchte und sich die im ersten Moment unscheinbaren Winzlinge aus dem Pilzreich etwas näher anschaut, wird begeistert sein von ihrer filigranen Schönheit. Lupe ist in solchen Fällen fast unerlässlich und vieles muss zu hause einer weiteren Vergrößerung unter einem Mikroskop unterzogen werden. Zugegeben, ohne die Rehnaer Pilzfreunde wäre die heutige Tour mehr als bescheiden ausgefallen. Sie retteten sozusagen unsere Pilzwanderung und am Ende wurde es doch noch ein lohnender Ausflug in das Strohkirchener Holz.
Aufbruch einer kleinen Truppe bei maikühlem, novembergrauen Wetter.
An einem alten Buchenstubben eine Handvoll Grünblättriger Schwefelköpfe (Hypholoma fasciculare). Im Geschmack Galle bitter und obendrein auch noch giftig!
Zu den Schlauchpilzen gehört der Brandfladen (Hypoxylon deustum).
Wie in fast allen unserer Wälder wird auch hier derzeit massiv Holz eingeschlagen.
Ganze Wände von Stapelholz säumten den Waldweg. Wie lange halten unsere Wälder diesem Raubbau noch stand?
Ein kleiner Schuppiger Porling (Polyporus squamosus). Ich habe ihn auf den Holzstapel gelegt, um ein Foto zu machen. Jung essbar.
Tiefe furchen verursacht durch die schwere Erntetechnik der Forstwirtschaft.
Weiter geht es durch die hoch aufgetürmten Wände eingeschlagenen Holzes.
Schließlich ging es ein Stückchen direkt an der A 20 entlang. Hier war nichts mehr von stiller Waldesruhe zu spüren. Unglaublich welch ein Gebrüll diese Schnellstraßen von sich geben.
Wieder im Waldesinneren angelangt eine alte Buche mit Echten Zunderschwämmen (Fomes fomentarius). Das von diesem Pilz befallene Holz soll in früheren Zeiten zur Herstellung von Bleistiften Verwendung gefunden haben.
Und dann eine handfeste Überraschung. Zwei alte Bekannte vom Rehnaer Pilzverein (Torsten Richter und Christopher Engelhardt) waren ebenfalls hier unterwegs um einen kleinen Waldtümpel zu umrunden und aus mykologischer Sicht ab zu Kartieren. Jetzt wurde es richtig interessant!
Dieses Gewässer b. z. w. die Uferzone hatte es ihnen angetan.
Interessante Pflanzen wuchsen zahlreich im Wasser. Es handelt sich um die Wasserfeder (Huttonia palustris), eine Rote Liste Art in der Kategorie 3 = gefährdet.
Massenhaft kleine Ascomyceten auf verrottenden Pflanzenresten. Mit maximal 2 – 3 mm Durchmesser der Einzelfruchtkörper fast schon kleine Riesen unter den Winzlingen.
Es handelt sich um Mollisia pilosa (Crossland) Baral & T. Richter, einem Weichbecherchen, der, wie man sieht, u. a. von Torsten Richter beschrieben und in die Gattung Molisia gestellt wurde. Foto: Torsten Richter.
Wahre Giganten mit etwa 1 cm Durchmesser sind diese prächtigen Schildborstlinge. Gut zu erkennen sind die schwärzlichem Wimpern (Borsten) am Rande der Apothezien. Es handelt sich um den Gemeinen Schildborstling (Scutellinia scutellata). Laut Torsten Richter müssen diese Pilze mikroskopiert werden, da es weitere Arten aus der Gattung gibt, die nicht mit dem bloßen Auge auseinander zu halten sind. Dieses hat Christopher Engelhardt für und getan.
Hier die bis zu 1000 Mikrometer langen Wimpernhaare von Scutellinia scutellata in starker Vergrößerung. Foto: Christopher Engelhardt.
Unter dem Mikroskop sind die arttypischen, nicht grobwarzigen Sporen und keuligen Paraphysen – Enden der schönen Art gut zu erkennen. Foto: Christopher Engelhardt.
Hier noch einmal besonders gut zu sehen die keuligen, bis 10 Mikrometer dicken Paraphysen – Eenden des Gemeinen Schildborstlings (Scutellinia scutellata). Foto: Christopher Engelhardt.
Mit dem bloßen Auge, besonders aber mit der Lupe, sind die Wimpern am Fruchtkörperrand auch im Feld schon gut zu erkennen.
Der Zugespitzte Kugelpilz (Leptosphaeria acuta) wächst auf vorjährigen Stängeln der Großen Brennnessel (Urtica dioica).
Die Buchenfruchtschalen – Holzkeule (Xylaria carpophila) wächst auf abgefallenen Fruchtschalen von Buchen, insbesondere wenn sie feucht unter der Rohhumusauflage liegen.
Der Stachelsporling (Trechispora mollusca) gehört zu den Prachtrindenpilzartigen.
Auf nassen Holzstückchen gab es auch Schleimpilze. Hier sehen wir Trichia decipiens in starker Vergrößerung in der Fruktifikationsphase. Schleimpilze sind keine echten Pilze. Sie bilden Übergänge vom Pilzreich zum Tierreich und sind einzellige Organismen. Foto: Christopher Engelhardt.
Aber es gab an diesem Feuchtbiotop, aus Sicht des gemeinen Pilzsammlers, auch richtige Pilze. Aus einem braunfilzigem Ozonium schiebt sich ein Blätterpilz empor. Es könnte sich um den Haus – Tintling (Coprinus domesticus) handeln, aber um sicher zu gehen, sollte auch hier lieber das Mikroskop zu rate gezogen werden.
Ein alter, bemooster Eschenstamm war von zahlreichen, dieser dekorativen Pilzchen besetzt. Nach mikroskopischer Untersuchung von Torsten Richter handelt es sich um den Gesäten Tintling (Coprinus disseminatus), einer häufigen Art. Eigentlich ein leicht kenntlicher Pilz, gäbe es nicht einen wesentlich selteneren Doppelgänger aus der Gattung der Mürblinge, der im Zweifel eine mikroskopische Untersuchung sinnvoll erscheinen lässt. Foto: Torsten Richter.
Hohe Luftfeuchtigkeit und am besten Laubholz, das im Wasser liegt, benötigt der Getigerte Sägeblättling (Lentinus tigrinus). Leider auch kein Speisepilz, obwohl die Gruppe für eine kleine Mahlzeit ausgereicht hätte.
Besonders bei den jungen Exemplaren ist die namensgebende, getigerte Struktur an Stiel und Hut besonders gut ausgeprägt.
Unser Gruppenbild. Nur eine kleine Truppe waren wir heute, aber Dank der Rehnaer Pilzfreunde wurde es doch noch recht interessant, denn wir hätten den Waldtümpel einfach links liegen gelassen und hätten natürlich auch nicht gezielt nach den verschiedenen Winzlingen geschaut, die an fast jedem alten Kräutlein und Hölzlein zu finden sind.
Wann geht es wieder in die Pilze? – Siehe unter Termine!