Öffentliche Pilzlehrwanderung
Es ging heute durch das Rühner Holz bei Baumgarten
Ein herrliches Waldgebiet das jedem Pilzfreund, ob Kochtopfmykologe oder fortgeschrittener Pilzkundler, das Herz höher schlagen lässt.
Zu einer hochsommerlichen Pilzwanderung lud das mykologische Informationszentrum Steinpilz – Wismar am Sonnabend, dem 11. Juli 2015, wieder sehr herzlich ein. Nach kurzer Begrüßung starteten wir von Wismar aus gegen 08.00 Uhr mit drei Autos zum Zielgebiet. Wir fuhren bis Neukloster und von hier aus weiter in Richtung Bützow. Bei Katelbogen bogen wir rechts ab und fuhren bis zum Waldrand. Hier erwarteten uns bereits weitere Interessenten aus Bützow und Umgebung sowie aus Hamburg und Berlin. Allen voran Pilzberater Klaus Warning. Er übernahm auch die Führung durch dieses Gebiet, zählt es doch zu seinen Hauswäldern, in denen er schon oft und gerne unterwegs war. So bezeichnete er dieses Gebiet als wahre Fundgrube und er konnte hier im laufe der Jahre schon die schönsten Sachen (Pilze) finden. Damit meint er natürlich nicht nur Steinpilz und co., die es hier zu gegebener Zeit sicher reichlich geben wird, sondern viele andere Pilzarten, die dem interessierten Hobby – Mykologen das Herz höher schlagen lassen. Zunächst mussten aber noch einige Fahrzeuge zum Endpunkt unserer Tour in Richtung Baumgarten gefahren werden. Bei unserem Exkursionsgebiet handelt es sich überwiegend um Buchenwälder, die mit Nadelforsten durchsetzt sind. Im Hochsommer, bei günstiger Witterung, durchaus eine gute Adresse für typische Sommerarten wie Pfeffermilchlinge, Eichhasen, Perlpilze und Täublinge sowie wärmeliebende Dickröhrlinge aus dem Verwandtschaftskreis des Steinpilzes. Wie schon erwähnt, gab es heute allerdings kaum etwas nennenswertes. Trotzdem wie immer ein kleiner Rückblick in Form einiger Bilder:
Unsere jüngste Teilnehmerin entdeckte sogleich an einem alten Baumstubben diesen jungen Porling. In diesem Entwicklungsstadium ist es oft noch recht schwer zu erkennen, um welche Art es sich wohl handeln könnte.
Da am gleichen Buchenstubben diese Flachen Lackporlinge (Ganoderma lipsiense) wuchsen, könnte es sich um ein noch sehr junges Entwicklungsstadium dieses häufigen Holzbewohners handeln.
Ebenfalls an einem Stubben, vermutlich von Buche, wuchs diese Konsole des Wulstigen Lackporlings (Ganoderma adspersum). Die Fruchtkörper wirken kompakter und wulstiger als bei obiger Art und er ist auch weniger häufig. Besonders gerne wächst er beispielsweise auch am Fuße alter Linden in Alleen oder Parkanlagen. Lackporlinge erzeugen im Holz eine Weißfäule, die das Lignin des Holzes verwertet.
Diese gelblichweißen, käseartig vom Holz abbröckelnden Fruchtkörperkonsolen gehören zum Schwefelporling (Laetiporus sulphureus). Schwefelporlinge erzeugen eine Braunfäule, in der die helle Zellulose des Holzes abgebaut wird und es dadurch leichter sowie typisch querrissig wird.
Typisches Braunfäuleholz. Es ist leicht und zerfällt würfelartig zu sogenanntem Würfelbruch.
Leider wird auch in diesem schönen Forst im größeren Stil Holzeinschlag betrieben, was zahllose Holzstapel entlang des Waldweges belegen.
An einer Waldlichtung diese purpurroten Blütenstände von hochgewachsenen Pflanzen. Es könnte sich um das Wald – Weidenröschen (Epilobium angustifolium) handeln.
Und dann an einer feuchten, moorigen Stelle, einige dieser Blätterpilze. Es handelt sich um den überaus häufigen Lilablättrigen Mürbling oder Fasserling (Psathyrella candollena). Dieser gebrechliche und dünnfleische Pilz erscheint etwa eine Woche nach Regenfällen und kann sehr zahlreich am Fundort fruktifizieren. Er darf dann von Kennern eingesammelt werden, denn er soll ein ganz vorzügliches Aroma in einer Pilzsuppe entfalten. Die hier noch blassen Lamellen verfärben später lilagrauschwärzlich. Typisch ist auch der behangene Hutrand und die zarten Faserschüppchen auf dem Hut in der Jugend. Standortfoto.
Die selbe Art nochmals an einem anderen Standort. Recht sonnig in einer tiefen Fahrspur eines Waldweges. Durch den trockenen Standort ist hier der Hut sternförmig aufgerissen. Wollen Unkundige nun den Pilz anhand eines Pilzbuches bestimmen und gehen nur nach der Abbildung, die möglicherweise ideale Exemplare wie auf obigem Bild zeigt, wird es schwierig. Durch Wind, trockene Luft und Sonne ist die Huthaut verhärtet und dehnt sich nicht mehr mit aus. Sie reißt zusammen mit dem wenigen Hutfleisch sternförmig auf. Zu sehen ist hier auch schon der Lila – Farbumschlag der Lamellen durch Sporenreife- b. z. w. Produktion. Lilablättriger Mürbling (Psathyrella candolleana). Standortfoto.
Die Truppe voraus hat offensichtlich einen Pilz gefunden und wartet auf mein Eintreffen. Es wird spannend!
Ein recht betagtes, Sonne und Wind ausgesetztes Exemplar eines Röhrlings. Keiner traute sich ihn aufzusammeln wegen eines möglichen Fotos meinerseits, das, wie man sieht, sogleich zustande kam. Großes Rätselraten herrschte bei allen Beteiligten. Viele tippten auf Marone, mein Tipp war Hexen – Röhrling, was sich beim umdrehen auch bestätigte. Ein Uraltexemplar eines Flockenstieligen Hexen – Röhrlings (Boletus luridiformis), schon jenseits von gut und böse!
Ein eingetrockneter Schleimpilz auf einem uralten, entrindeten und trocken liegenden Buchenstamm. Um welche Art es sich handeln könnte entzieht sich meiner Kenntnis.
Zwei alte Exemplare des Mai – Stielporlings (Polyporus lepideus). Möchte man diese Fundstücke wiederum nach einem Pilzbuch bestimmen, wird man bei obigem Pilz wohl ins Schleudern kommen, denn so eine lange Wurzel, wie hier zu sehen, wird sicher kaum als Merkmal beschrieben sein. Das er immer eine Holzunterlage braucht, war dieses Stückchen Holz, aus dem er wuchs, tief im Waldboden eingegraben. Um an die Oberfläche zu gelangen bildete er diesen unterirdisch verlängerten Stiel aus. Der untere Pilz fand sich auf Oberflächenholz.
Ob dem Mädchen wohl gelingt, diese äußerst zähen und mit dem Holz verwachsenen Konsolen des Eichenwirrlings mit einem Fußtritt abzubekommen? Es gelang leider nicht! Um die Pilze sauber vom Eichenholz zu Lösen, bedarf es schon Werkzeug, zumindest eines großen, scharfen und stabilen Messers.
Mit seiner dicken labyrinthisch – lamellenartigen Fruchtschicht auf der Unterseite und immer an Eichenholz wachsend ist der Eichen – Wirrling (Daedalea quercina) praktisch kaum zu verwechseln.
Auch der häufige Rotbraune Borstenscheibling (Hymenochaete rubiginosa) ist eine Charakterart alter Eichenstubben.
Selbst der ansonsten im Frühling und Sommer sehr häufige Breitblättrige Rübling (Megacollybia platyphylla) ist in diesem Jahr bisher kaum in Erscheinung getreten. Kein Speisepilz.
Neben dem alten Hexen – Röhrling war dieser essbare Graue Wulstling (Amanita excelsa) der einzige Mykorrhiza – Pilz der heutigen Lehrwanderung. Das soll für Mitte Juli schon etwas heißen! Man achte auf die grauschorfigen Hüllreste auf dem Hut, die geriefte Manschette und die einfache Stielknolle ohne Umrandung, die hier leider stark vermadet ist.
Ist das nicht ein Trauerspiel, einen so herrlichen Pilzwald fast ganz ohne unsere Lieblinge durchwandern zu müssen! Es kann eigentlich nur besser werden!
Wie dem auch sei, es war trotzdem eine schöne Tour bei bestem Wetter und ein Dankeschön an Klaus Warning (Bildmitte mit Hosenträger) für die ortskundige Führung. Rühner Holz am 11. Juli 2015.
Wann steht die nächste Pilzwanderung auf dem Programm? – Siehe unter Termine!