Pilzvergiftungen im Jahr 2015
Pilzvergiftungen 2015
16.07.2015 – Ein Anruf einer besorgten und angsterfüllten Familie aus Lübeck. Die Giftnotrufzentrale hat sie an mich Vermittelt. Ein Kleinkind hatte womöglich ein winziges Stückchen eines sehr kleinen Blätterpilzes, der auf einer Rasenfläche, auf der das Kind spielte, wuchs, im Mund gehabt aber wahrscheinlich nichts davon verschluckt. Bäume sollen nicht in der Nähe gewesen sein. Ein Bild stand mir nicht zu Verfügung und nach Wismar wäre es zu weit zu fahren. Ich riet zur Beobachtung des Kindes, schloss aber weitere Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt aus. Es soll auch nur ein Fruchtkörper am Standort gewesen sein, der nahezu noch komplett vorhanden ist. Aufgrund dieser Sachlage, wenn es so ist wie geschildert, gibt es nichts zu befürchten, teilte ich den besorgten Eltern mit. Das Kind beobachten und bei eventuell doch sich einstellenden Symptomen sofort einen Artzt konsultieren.
20.07.2015 – Bei Irena Dombrowa in Keez, Irena ist offizielle Pilzberaterin des Gesundheitsamtes im Kreis Ludwigslust – Parchim, hat sich eine junge Familie mit ihrem putzmunteren Kleinkind eingefunden. Das Kind hat vor kurzem ein winziges Stück eines kleinen Wiesenpilzes im Mund gehabt, aber wieder ausgespuckt. Nun herrscht auch hier große Besorgnis. Irena schickte mir umgehend ein leider sehr unscharfes Foto des Pilzes. Sehr wahrscheinlich ein Düngerling, eventuell Heu – Düngerling. Dieser ist in der Tat giftig. Er enthält in sehr geringer Dosis psychoaktive Substanzen. Er gehört also zu den sogenannten Zauberpilzen, die von Freaks gerne genommen werden um ihren bewußstseinserweiternden Einfluss und bunte Stimmungsbilder auf sich einwirken zu lassen. Allerdings ist der Heu – Düngerling aufgrund der zu geringen Dosis solcher Inhaltsstoffe für solche Zwecke denkbar ungeeignet, denn man müßte unzählige dieser kleinen Blätterpilze verzehren, um überhaupt ansatzweise etwas zu verspüren. Insofern dürfte das bloße in den Mund nehmen solcher Pilze auch für Kleinkinder kaum Gefahren herauf beschwören. Auch hier gilt es, das Kind in den nächsten Stunden, ob möglicher Symptome, die sich anhand der geschilderten Sachlage aber nicht einstellen dürften, zu beobachten. Sollte es dennoch, weil womöglich größere Mengen der Pilze verschluckt worden sind, ohne das die Eltern es mitbekommen haben, Auffälligkeiten geben, sofort einen Arzt hinzuziehen und ihm die von uns genannte und bestimmte Pilzart nennen, damit er eine zielgerichtete Behandlung einleiten kann.
13.08.2015 – Schwere Pilzvergiftung in Lübeck. Am Vormittag bat mich die behandelnde Klinik um Hilfe. Zwei Patienten zeigen deutliche Symptome einer Pantherpilz – Vergiftung mit Rauschzustand, Halluzinationen und Schläfrigkeit. Die Vergifteten waren zeitweise auch nicht ansprechbar. Der behandelnde Arzt schickte mir per Mail Fotos von den Pilzen. Es waren anscheinend Reste der Pilzmahlzeit, also bereits gegarte und matschig – schleimige, aber fast vollständig erhaltene Hüte. Ziemlich sicher konnte ich feststellen, dass es sich um Wulstlinge handelt. Ich konnte keine weinrötlichen Färbungen auf den Fotos erkennen. Demnach könnten ohne weiteres Pantherpilze in Betracht kommen. Um auszuschließen, dass eventuell nicht noch Grüne Knollenblätterpilze am Geschehen beteiligt waren, wurden die Pilzreste im Labor untersucht.
14.09.2015 – Am frühen Abend erhielt ich einen Anruf eines besorgten Ehepaares aus Rerik, die zu Mittag vermeintliche Wiesen – Champignons verspeist haben. Die Pilze wurden beim Putzen auffällig gelb und rochen nach Chemie, insbesondere bei der Zubereitung. Trotzdem wurden sie zu Mittag verzehrt. Während die Frau wegen des Geruchs und eigenartigen Geschmacks nur eine kleine Portion verzehrte, ass der Partner eine ausgiebige Portion. Nach der Mahlzeit kamen ihnen Zweifel daran, ob es wirklich Wiesen – Champignons gewesen waren und zogen in Betracht, dass es womöglich auch Karbol – Champignons oder gar weiße Knollenblätterpilze gewesen sein könnten. Über die Giftnotrufzentrale erhielten sie meine Telefon – Nummer und riefen bei mir an. Da noch reichlich Putzreste und auch ganze Hüte vorhanden waren, bat ich mit diesen in die Beratungsstelle zu kommen. Ich konnte in dem umfangreichen Material nur Karbol – Champignons identifizieren und es war kein Anhaltspunkt auf Knollenblätterpilze dabei. Da die Mahlzeit inzwischen schon gut 6 Stunden her war und sich beide bester Gesundheit erfreuten, ist es möglich, dass ihnen diese leicht giftigen Champignons mit ihren Magen – Darm – Giften offensichtlich nichts anhaben konnten, denn die durchschnittliche Latenzzeit zwischen der Mahlzeit und dem Auftreten der ersten Vergiftungszeichen beträgt nach Flammer/Horak 1/2 – 4 Stunden.