1. Pilzreise mit Birdingtours in Mecklenburg
22. – 25. Oktober 2015
Ausgehend vom Rehnaer Hotel Stadt Hamburg begann die 1. mecklenburgische Pilzreise am Nachmittag des 22. Oktobers 2015.
Organisiert wurde die Prämieren – Veranstaltung von Christopher und Andrea Engelhardt aus Lübeck. Sie sind Reiseleiter des Veranstalters Birdingtours im Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Wie der Name schon vermuten lässt, geht es bei diesen Reisen, die weltweit unternommen werden, in erster Linie um vogelkundliche Beobachtungen mit ausgebildeten Reiseleitern. So war auch diese Reise kombiniert mit Pilzlehrwanderungen und Vogelbeobachtungen, beispielsweise am Röggeliner See oder an der Wohlenberger Wiek. Aber auch bei unseren Pilzexkursionen, bei denen ich als Fachberater engagiert war, wurde immer wieder den Vögeln gelauscht und so mancher auch beobachtet. Nach kurzer Begrüßung mit ausgiebigem Imbiss brachen wir am Nachmittag des 22. Oktobers gegen 14.30 Uhr zu unserer ersten Pilzexkursion auf. Ziel war der Botelsdorfer Wald. Fichtenforste und Buchenbereiche. Hier einige Bilder:
Bei der Pilzbestimmung spielen auch Gerüche oft eine wichtige Rolle. Der Dunkle Hallimasch riecht nach Camembert. Für ungeübte „Pilzriecher“ dominiert zunächst der allgemeine Pilzgeruch. Erst nach einiger Übung und wiederholtem Geruchstest sind die verschiedenen Nuancen der unterschiedlichen Pilzgerüche besser wahrzunehmen.
Der Dunkle Hallimasch (Armillaria obscura) wächst hauptsächlich an Nadelholz, bevorzugt an Fichte. Gelegentlich aber auch an Kiefer oder sogar an Laubholz, wo in der Regel andere Hallimasch – Arten dominant sind.
Der vorzüglich schmeckende Graublättrige Schwefelkopf (Hypholoma capnoides) ist ausschließlich an Nadelholz – Stubben (Fichte, Kiefer) zu finden, während sein giftiger Verwechslungspartner, der Grünblättrige Schwefelkopf, sowohl an Nadel- wie auch an Laubholz seine individuenreichen Fruchtkörperbüschel ausbildet.
Hier beide Arten im direkten Vergleich.
Der essbare Safran – Schirmpilz (Macrolepiota rhacodes) liebt die Fichtennadelstreu. Er läuft bei Berührung und im Schnitt karottenrot an.
Für einen kurzen Moment standen die Vögel im Mittelpunkt des Interesses.
Die Buckel – Tramete (Trametes gibbosa) besiedelt Laubholz, vorwiegend totes Buchenholz und deren Stubben. Die weißlichen Hutkonsolen sind leicht zoniert und können zunehmend veralgen, die Hutmitte ist oft gebuckelt und die Poren sind länglich.
Reiseleiter Christopher Engelhardt fotografiert ein kleines Büschel Stockschwämmchen.
Die charakteristische, hygrophane Randzone ist bei diesen Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabilis) besonders stark ausgeprägt. Es hatte in den zurückliegenden Tagen oft geregnet.
Gut ist die mehrere Millimeter starke Schale des Dickschaligen Kartoffel – Hartbovistes (Scleroderma citrinum) im Schnitt zu erkennen. Schwach giftig!
Soweit einige Bilder von unserer ersten Pilzexkursion durch den Botelsdorfer Wald. Es ging zurück ins Hotel, wo am Abend nochmals in gemütlicher Runde erlerntes vertieft wurde. Ich fuhr allerdings wieder nach Wismar.
2. Tag – Zunächst besuchte die neunköpfige Gruppe am Vormittag den Röggeliner See und entdeckte neben weiteren, interessanten Vogelarten sogleich zwei Seeadler, die offensichtlich im Fluge nach Beute Ausschau hielten. Danach kehrten sie in den Alten Landgutshof in Demern zu Mittag ein, wo auch ich mit ihnen gegen 13.30 Uhr verabredet war. Bevor wir von hier aus zu unserer 2. Pilzexkursion in den Woitendorfer Wald aufbrachen, bat uns die Chefin des Gasthofes, einen kurzen Blick in den zugehörigen, parkartigen Außenbereich zu werfen, denn dort wachsen derzeit sehr viele Pilze und vielleicht wären diese sogar essbar.
In der Tat, stellenweise konnte man vor Pilzen kaum treten. Es handelt sich um Hallimasch. Ich sagte Bescheid, dass die Pilze gegessen werden könnten und vielleicht sogar eine kleine Bereicherung auf der Speisekarte darstellen würden.
Es handelt sich um den Gelbschuppigen Hallimasch (Armillaria bulbosa), was besonders bei den jüngeren, nicht im Bild zu sehenden Fruchtkörpern, gut zu erkennen war.
Ankunft im Woitendorfer Wald bei schönstem Oktoberwetter.
Nach wenigen Schritten die ersten Pilze, so wie dieser Fleischbraune oder Schmutzige Rötel – Ritterling (Lepista sordida). Er ähnelt stark dem Violetten Rötel – Ritterling, ist aber im Feld durch unauffälligeren Geruch (nicht süßlich parfümiert), mehr grauviolette Färbung und meist schmächtigeres Wachstum zu unterscheiden. Essbar.
Hier zum Vergleich der Violette Rötel – Ritterling (Lepista nuda). Besonders auf dem Hut gesellen sich zu den violetten Farbtönen rotbräunliche Färbungen.
Eine junge Stinkmorchel erregt das Interesse der Naturfreunde.
Sie schlüpft gerade frisch aus ihrem Hexenei. Die häufige Stinkmorchel gehört zu den exotischen und besonders in den Tropen beheimateten Pilzblumen. Durch ihren starken, aasartigen Geruch, lockt sie Fliegen an, die dadurch unfreiwillig ihre Sporen verbreiten.
Der Zimt – Hautkopf (Cortinarius cinnamomeus) gehört zu der arten- und formenreichen Großgattung der Schleierlinge. Der Farbstoff der Hautköpfe kann zum Färben von Wolle Verwendung finden.
Der unter Fichten häufige Schwarzpunktierte Schneckling (Hygrophorus pustulatus) gehört zusammen mit den Ellerlingen und Saftlingen zu den Wachsblättlern. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schnecklingen, sind seine Fruchtkörper nicht schlüpfrig – schleimig. Sein weißer Stiel ist zart durch schwärzliche Flöckchen punktiert.
Der Fichten – Reizker (Lactarius deterrimus) gehört in die Gruppe der Edel – Reizker mit rötlichem Milchsaft. Er neigt bei Verletzung und im Alter stark zum grünen und schmeckt etwas bitterlich und ist dadurch dem unter Kiefern wachsenden Edel – Reizker geschmacklich unterlegen.
Grünspan – Träuschlinge (Stropharia aeruginosa) sind markante Erscheinungen des herbstlichen Pilzwaldes. Ihre spangrüne Farbe mit weißlichen Schüppchen im Hutschleim, der deutliche Ring am Stiel und die grauen Lamellen grenzen ihn zum nah verwandten Blauen – Träuschling ab, der keinen Ring besitzt und dessen Lamellen eher bräunlich gefärbt sind. Beide Arten sind nach Abzug der Huthaut im Mischgericht verwendbar.
Filigran räkeln sich hier die Verästellungen des häufigen Grauen Korallenpilzes (Clavulina cinerea).
Der ebenfalls häufige Wohlriechende Gürtelfuß (Cortinarius torvus) riecht schwach angenehm aromatisch pflaumenartig. Seine Lamellen stehen auffallend entfernt und eine deutliche Ringzone, der Gürtel, schmückt den Stiel. Kein Speisepilz.
Der Rote Fliegenpilz (Amanita muscaria) ist ein schmuck unserer Laub- und Nadelwälder. Er kann auch in Parkanlagen auftreten. Dieser Knollenblätterpilz geht eine Symbiose mit verschiedenen Baumarten ein. Am häufigsten finden wir ihn unter Fichten und Birken. Hier wächst er unter Buchen. Giftig!
Diese Herbstlorchel (Helvella crispa) macht ihrem Namen alle Ehre. Crispa bedeutet soviel wie kraus. Der auffällige Schlauchpilz säumt im Herbst viele Waldwege und ist ausgesprochen häufig. Essbar, aber roh giftig!
Die Formenvielfalt scheint schier unerschöpflich. Hier ist es ein Halskrausen – Erdstern (Geastrum triplex) der unsere Blicke auf sich zieht. Er gehört zu den Bauchpilzen, ist also mit unseren Stäublingen und Bovisten verwandt. Kein Speisepilz.
Der giftige Grünblättrige Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare) wächst oft in großen Büscheln und da er ein Dunkelsporer ist, sind bei reiferen Pilzen die unteren Hüte des Büschels oftmals grauschwärzlich bestäubt, was hier zumindest zu erahnen ist.
Bei diesen Bauchpilzen, es handelt sich um Birnen – Stäublinge (Lycoperdon pyriforme), beginnt sich die Innenmasse bereits von weiß ins olivgrünliche zu Verfärben. Ein sicheres Zeichen dafür, dass der Reifeprozess begonnen hat, der abgeschlossen ist, wenn die Sporenwolken auf Druck ausgeschleudert werden.
Der Grüne Anis – Trichterling (Clitocybe odora) ist sehr gut an seinem starken Anis – Geruch zu erkennen. Wem der Geruch nichts ausmacht, kann die Pilze in den Speisepilzkorb legen. Dieser fehlte heute allerdings, da es nicht um Esspilze ging, sondern um die Vielfalt und die ökologische Bedeutung der einheimischen Großpilze zu studieren.
Der Kastanienbraune Schirmpilz (Lepiota castanea) ist ein hübscher Vertreter der echten Schirmpilze, die meist viel kleiner sind als die beliebten Riesenschirmpilze. Unter ihnen gibt es einige stark giftige Arten. Auch dieser steht im Verdacht giftig zu sein. Er soll Knollenblätterpilzgifte enthalten und könnte dadurch lebensgefährliche Erkrankungen auslösen.
Die Graukappe (Clitocybe nebularis) zählt zu den Trichterlingen, war aber zeitweise in der Gattung der Rötel – Ritterlinge untergebracht, wo sie mir eigentlich auch viel besser aufgehoben scheint. Sie teilt sich oft den Standort mit dem Fuchsigen Rötel – Trichterling und dem Violetten Rötel – Ritterling und bildet wie diese große Hexenringe aus. Umstrittener, aber ergiebiger Speisepilz.
Etwas ungewöhnlich ist diese Kombination. Ein Buchen Spei – Täubling (Russula mairei) zusammen mit einem Zitterzahn (links unter) an einem Fichtenstubben. Der Gallertartige Zitterzahn (Hydnum gelatinosum) ist traditionell als Saprophyt an Fichtenholz zu beobachten, was der Buchen Spei – Täubling aber als Mykorrhiza – Pilz der Rotbuche auf diesem Nadelholzstubben zu suchen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Immerhin kann er von dieser erhöhten Position aus viel besser seine Sporen dem Wind anvertrauen.
Das Zitronengelbe Reisigbecherchen (Bisporella citrina) überzieht im Herbst feucht liegende Laubholzäste in dichten Kolonien. Es gehört zu den Schlauchpilzen.
Gut sind bei diesem Buchen – Klumpfuß (Cortinarius amoenolens) die spinnwebartigen Schleierreste am Stiel, die so typisch für die meisten Haarschleierlinge sind, zu erkennen. In ihnen verfängt sich der rostbräunliche Sporenstaub.
Inzwischen wurde es bereits schummrig, so dass wir uns in Richtung geparkter Autos begaben. Als würdigen Abschluss der 2. Exkursion begeisterten uns noch diese großen Mönchsköpfe (Clitocybe geotropa). Dieser Hexenringbildner wächst zerstreut in Laubmischwäldern, gern auch unter Ahorn, wo sonst kaum nennenswert Großpilze zu finden sind. In der Hutmitte ist er meist mit einem kleinen Buckel versehen und er kann auch gegessen werden. Eignet sich hervorragend zum trocknen.
Am 3. Tag der Pilzreise ging es in den Börzower Wald zwischen Grevesmühlen und Börzow. Hier schloss sich die kleine Gruppe um Christopher Engelhardt einer vom Steinpilz – Wismar aus geplanten öffentlichen Pilzwanderung an. Sandiger Untergrund mit Laub- und Nadelwald.
Treff im Börzower Wald mit vielen weiteren Pilzfreunden.
Christopher Engelhardt umlagert von zahlreichen wissbegierigen.
Im lichten Mischwald entgeht uns bei so vielen Augenpaaren kaum ein Frischpilz.
Und immer wieder werden interessante Fotomotive entdeckt.
So wie diese Geweihförmigen Holzkeulen (Xylaria hypoxylon) auf einem bemoosten Laubholzstubben. Im Hintergrund sehen wir noch an einem Birkenstamm die Vielgestaltige Kohlenbeere (Hypoxylon multiforme).
Ausführlicheres zu diesem Teil der Pilzreise gibt es in Kürze im Rückblick auf unsere öffentliche Pilzwanderung im Tagebuch.
Im Anschluss fuhr die kleine Gruppe zur Vogelbeobachtung an die Ostsee, genauer gesagt an die Wohlenberger Wiek und anschließend besuchten sie mich noch in unserem mykologischen Informationszentrum in Wismar.
Die Teilnehmer der Birdingtours – Pilzreise in unserem mykologischen Informationszentrum, in der ABC Straße 21.
Ihren Abschluss fand die 1. Pilzreise dann am Sonntag, dem 25. Oktober 2015, in Rehna b. z. w. im Löwitzer Holz, während einer kleinen Abschlussexkursion. Da der erste Versuch, eine Pilzreise in Mecklenburg anzubieten von Erfolg gekrönt war, legten wir umgehend einen Termin für die 2. Pilzreise im nächsten Jahr fest. Sie findet vom 27. – 30. Oktober 2016 wieder in Rehna und den umliegenden Wäldern statt.
Ein noch ausführlicherer Rückblick auf diese Veranstaltung, geschrieben von Chris und Andrea Engelhardt, ist bei den Verlinkungen unter „1. Pilzreise“ zu finden.