Pilzlehrwanderung zum Saisonabschluss
Wir wanderten von Hohen Viecheln bis Ventschow
Nach der teils offenen, nur locker bewaldeten Döpe – Landschaft, erreichten wir die geschlossenen Wälder zwischen Ventschow und Flessenow. Ein klassisches Pilzsucherrevier mit vielen Fichten und Kiefernbeständen auf sandigen Böden.
Zu einer öffentlichen Pilzwanderung zum Saisonabschluss lud der Steinpilz – Wismar am Sonnabend, dem 21. November 2015, sehr herzlich ein. Treff war um 09.00 Uhr auf dem schmalen Parkplatz am Zentralen Omnibusbahnhof in der Wismarer Wasserstraße, Ecke Kopenhagener Straße. Nach kurzer Begrüßung (es war nur eine junge Dame erschienen) fuhren wir beide von hier aus mit ihrem Auto bis nach Hohen Viecheln. Von dort aus führt ein Wanderweg durch das Naturschutzgebiet Döpe bis zum Ventschower Wald. Am Beginn des Wanderweges erwarteten uns Pilzberater Klaus Warning aus Bützow, zwei Pilzfreunde aus Werder in Brandenburg, sie hatten den längsten Anfahrtsweg, und eine junge Familie aus Maßlow. Später stieß noch ein freier Mitarbeiter von der Schweriner Volkszeitung zu uns, um ein kurzes Interview zu führen. Bevor es aber los ging, mussten noch Fahrzeuge zum Endpunkt unserer Wanderung, nach Ventschow, gefahren werden. Die letzte öffentliche Pilzwanderung durch dieses Gebiet liegt schon 20 Jahre zurück. Damals führte uns Dr. Helmut Stiehler durch die Döpe, die er viele Jahre als Naturschutzbeauftragter betreute. Im Jahre 1995 habe ich hier in seinem Auftrag Kartierungen durchgeführt. 236 Großpilzarten konnte ich damals feststellen. Das Gebiet, dass seit 1941 unter Schutz steht, wird heute vom Naturschutzbund Deutschland betreut, dem auch ich angehöre. Es hat eine Größe von 215 ha. Kern ist der Döpe – See, der durch eine Landbrücke, die wir heute durchwanderten, vom Nordufer des Schweriner Außensees getrennt ist. Im Anschluss ging es dann weiter in den Ventschower Wald. Sandige Nadelwälder, die bei Pilzsuchern sehr beliebt sind. Von den klassischen Speisepilzen war heute aber kaum noch etwas zu sehen. Hier wieder einige Bilder:
Noch im Ort Hohen Viecheln begrüßten uns an einem Grundstückszaun riesige Büschel von ausgewachsenen Austern – Seitlingen (Pleurotus ostreatus). Sie blieben stehen.
Bei grauverhangenem und recht kühlem Wetter starteten wir von hier aus zu unserer Tour. Blick vom Beginn des Döpe – Wanderweges auf die Nordspitze des Schweriner Außensees.
Auf geht es!
4 Km sind es von hier aus bis nach Flessenow, wir hatten am Ende bis Ventschow 6,4 Km zurück gelegt.
Teils sehr üppige Stockschwämmchen begrüßten uns sogleich an einem bereits stark zersetzten Laubholzstumpf am Wegesrand. Die frisch gefallenen Blätter hatten sie größtenteils zugedeckt, so dass sie zu einer ansehnlichen Größe heran wuchsen, um sich Luft zu verschaffen.
Vom Nabu aufgestellte Informationstafeln vermitteln Wissen zum Naturschutzgebiet Döpe. Gleichzeit ein schöner Punkt um Rast zu machen.
Der Rinnigbereifte Trichterling (Clitocybe rivulosa) ist durch seinen hohen Muskaringehalt sehr giftig!
Großflächig sehen wir hier an diesem Holunder den Holunder – Rindenschichtpilz (Lyomyces sambuci). So zusagen, ein weißer „Anstrich“ an Holunderstämmen.
Viel interessanter sind aber für Speisepilz – Fans die besonders im Winterhalbjahr an Holunderstämmen zahlreich wachsenden Judasohren (Hirneola auricula – judae), hier zusammen mit Stockschwämmchen im Sammelbehältnis.
Zwischendurch ein kurzes Interview für die Schweriner Volkszeitung.
Der Reporter hat seine Infos und weiter geht es durch diesen schönen Erlenhain.
Krüppelfüßchen an einem Laubholzzweig. Möglich wäre das Gemeine Krüppelfüßchen (Crepidotus variabilis), aber sicher bin ich mir nicht!
Der Pflaumen – Feuerschwamm (Phellinus tuberculosus) an Prunus spinosa = Schlehe.
Ein gewaltiger Findling markiert sowohl einen geschichtsträchtigen, wie auch sagenhaften Ort.
Sagenhaftes.
Geschichtsträchtiges.
Niklot!?
Zurück zu den Pilzen. Hier sehen wir „Stinki“ Mitunter riecht man diesen, auf der Unterseite von Laubholzstämmen resupinat wachsenden Mottenkugel – Ledererrindenpilz (Scytinostroma hemidichophyticum) schon bevor man sich die umliegenden Stämme dann näher angeschaut hat. Sein markanter Geruch machen ihn unverwechselbar.
Leuchtendes Gelb am Wegesrand. Der Goldmistpilz (Bolbitius vitellinus).
Wunderschön, aber zart und gebrechlich sind sie, die Goldmistpilze (Bolbitius vitellinus). Sie stehen den Tintlingen nahe, lösen sich aber nicht in Sporenflüssigkeit auf und die Lamellen sind bräunlich gefärbt.
Der Wanderweg durch die Döpe neigt sich dem Ende zu. Rechts ein wohl vergessenes Maisfeld.
An einem Grundstücksrand, unter einer großen Fichte, standen diese Täublinge. Es dürfte sich um den Gerieften Weichtäubling (Russula nauseosa) handeln. Der kleine, gebrechliche Täubling schmeckt fast mild und könnte als geringwertiger Mischpilz Verwendung finden.
Unweit der Fundstelle obiger Täublinge befindet sich die Praxis von Dr. Kurt. Wer also Probleme mit dem Kniegöbeln hat, ist hier bestens aufgehoben. Unklar nur die Sprechzeiten und die Krankheit! Im Internet habe ich als Definition für Kniegöbeln folgendes gefunden: „Zwanghafter Trieb, im alkoholisiertem Zustand die eigenen oder fremde Knie vollzukotzen“. Na dann Prost!
In offenem, sandigen Grasland finden wir den Gelbweißen Helmling (Mycena flavoalba). Ohne Speisewert.
Im Ventschower Wald angelangt unter Kiefern ein frischer und noch fester Beutel – Stäubling (Calvatia excipuliformis). In diesem Zustand, also innen weißfleischig und schnittfest, noch essbar. Standortfoto.
Giftig hingegen die braunwarzigen Dickschaligen Kartoffel – Hartboviste (Scleroderma citrinum). Standortfoto.
Unzählige Gesäte Tintlinge (Coprinus desseminatus) um einen alten, mulmigen Baumstumpf herum.
Sehr dekorativ dieser aus einem am Boden liegenden Birkenstamm heraus gewachsene Birken – Porling (Piptoporus betulinus). Ich nahm ihn für unser Adventsbasteln mit.
Ein sehr fester, rötlicher Täubling des Kiefernwaldes ist der Zedernholz- oder Heimtükische Täubling (Russula badia). Er gehört zu den schärfsten Täublingen und kann sehr leicht mit dem mild schmeckenden Roten Heringstäubling verwechselt werden, der aber meist deutlich nach Fisch riecht.
Und nochmals Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabilis) in bester Qualität!
Mehr als deutlich sind bei diesen jungen Stockschwämmchen die Schüppchen am Stiel zu sehen, die so wichtig zur Abgrenzung zum Gift – Häubling sind.
Ein am Boden liegender Kiefernast ist flächig – resupinat vom Gemeinen Violettporling (Trichaptum abietinum) überzogen.
Ältere, vom vielen Regen völlig aufgeweichte Falsche Pfifferlinge (Hygrophoropsis aurantiaca).
Diese delikaten Graublättrigen Schwefelköpfe (Hypholoma capnoides) sind hingegen ganz jung und frisch und dürfen ein schmackhaftes Stockschwämmchen – Gericht bereichern.
Mal schauen, ob mir zu diesem markanten Blätterpilz noch etwas einfällt.
Von oben ist der leicht gebuckelte, etwa 4 cm breite, stark geriefte Hut violettbräunlich bis sibergraublau gefärbt.
Hier der hochbeinige, schlanke Pilz aus dem Nadelwald nochmal in voller Größe. Was im Bild leider nicht zu erkennen ist, er hatte eine deutlich, gut 4 cm lange Wurzel. Ein Wurzel – Graublatt dürfte aber wohl nicht in Frage kommen, ihm fehlt auch der unangenehm ranzige Geruch. Eher würde ich ihn bei den Helmlingen ansiedeln, wo der Rillstielige Helmling sehr ähnlich sein kann, hier haben wir aber keinen gerillten Stiel.
Heute haben wir es mit den Resupinaten, was soviel bedeutet, das die Pilze ihr Substrat flächig überziehen. So wie bei diesem Striegeligen Schichtpilz (Stereum hirsutum) können sie aber an den Rändern auch abstehende Hutkannten ausbilden.
Weiter geht es durch den Nadelwald in Richtung Ventschow. Das Ziel ist nicht mehr fern.
Im Moos des Fichtenwaldes wuchsen recht zahlreich diese giftverdächtigen Zimt – Hautköpfe (Cortinarius cinnamomeus).
Der Fichtenforst ist hier selbst nach Durchforstungsarbeiten noch sauber und nicht verkrautet durch Brombeeren, Himbeeren oder anderem Unterwuchs.
Vereinzelt wuchs auch noch ein frischer Violetter Rötel – Ritterling (Lepista nuda). Gut durchgegart ein schmackhafter Speisepilz.
Bei ausgereiften Flaschen – Stäublingen (Lycoperdon perlatum) bilden sich auf dem Scheitel kleine Öffnungen, damit durch mechanische Reize, beisüielsweise durch die Erschütterungen von Regentropfen der Sporenstaub heraus geschleudert werden kann. In der Regel sind diese Öffnungen aber nicht so groß, wie hier zu sehen. Dafür scheint der viele, starke und teils großtropfige Regen der letzten Tage verantwortlich zu sein. Standortfoto.
Und das war `s auch schon, wir sind am Ziel angelangt und bevor es Heim geht, noch schnell ein Erinnerungsfoto. Die Truppe war zwar anfangs etwas größer, aber die junge Familie hatte noch ein Baby mit dabei, für das eine längere Tour noch zu anstrengend ist und sie deshalb auf halber Strecke umkehrten. Ventschow am 21. November 2015.
Das war heute gleichzeitig die letzte Pilzwanderung des Jahres. Wenn nichts dazwischen kommt, starten wir im April wieder. Die Terminplanung erscheint im laufe des Winters auf dieser Internetseite, natürlich wieder unter „Termine“!. Allen Pilzwanderern bis dahin eine schöne Zeit!