Öffentliche Pilzlehrwanderung
Ostseeküstenwanderung von Brook bis Steinbeck
An frischer Ostseeluft führte uns unsere heutige Pilzwanderung direkt in Küstennähe von Brook bis Steinbeck.
Der Morchel – Aspekt erreicht dieser Tage seinen Höhepunkt. Grund genug, um zu einer weiteren Pilzwanderung einzuladen. Treff war am Sonnabend, dem 30. April 2016, gegen 08.00 Uhr auf dem schmalen Parkplatz am ZOB, in der Wismarer Wasserstraße, Ecke Kopenhagener Straße. Da hier keine Interessenten auszumachen waren, fuhr ich sogleich mit meinem Roller zum 2. angegebenen Treffpunkt am Strandparkplatz direkt an der Ostsee bei Brook. Hier fanden sich gegen 09.00 Uhr dann tatsächlich noch 13 Pilzfreunde ein, um unter meiner Führung eine Frühjahrswanderung an der Ostsee zu unternehmen. Bevor es los ging, mussten noch Fahrzeuge zum Endpunkt der Tour, nach Steinbeck gefahren werden. Als wir vor sechs Jahren schon einmal von hier aus diese Frühlingswanderung starteten, konnte niemand ahnen, was uns damals erwartete. Es wurde die Morchel Wanderung schlechthin. Nicht nur an die 20 riesige Dickfußmorcheln, nein auch viele Käppchen Morcheln, Maipilze, Schildrötlinge und einige andere Frühaufsteher säumten unsere Wanderroute. Ein unvergessliches Erlebnis, dass schwerlich überboten werden konnte. Überboten haben wir es hinsichtlich der damaligen Prachtexemplare und der Artenvielfalt auch nicht, aber dennoch war es eine ausgesprochen schöne und erfolgreiche Morchel Wanderung. Unter dem Motto „Morcheln, Morcheln und nochmals Morcheln“ zogen sich Funde dieser leckeren Speisepilze wie ein roter Faden durch die gesamte Wanderung. Von den ersten Schritten bis zu den letzten waren sie nahezu allgegenwärtig. Dazu herrlichstes, angenehm temperiertes Wetter. Hier einige Impressionen:
Gleich zu Beginn, auf der Rasenfläche am Parkplatz, fiel uns dieser kreisförmige Streifen mit besonders üppig wachsenden Gräsern auf. Pilze zeichnen dafür verantwortlich. Maipilze oder Nelkenschwindlinge verraten so ihre Plätze, auch ohne Anwesenheit von Fruchtkörpern. Es sind sogenannte Hexenringe, passend zum Vorabend der Walpurgisnacht
Wenige Schritte weiter der erste Hinweis auf die Anwesenheit von Morcheln. Eine frische Schnittstelle im Rasen unter Eichen!
Dann ging es auch schon los, kaum dass wir den Küstensaum erreicht hatten. Speisemorcheln (Morchella esculenta) in einer Qualität, wie man sie sich besser kaum wünschen kann.
Hier konnte jeder fündig werden und besonders der Morchel – Neuling kommt in`s fast ungläubige Staunen.
Freude und Erstaunen auch bei diesen beiden Rostocker Studenten, die auf fast schon abenteuerlichem Wege den Weg zu uns gefunden haben.
Ein Morchel Gedicht und das schon nach wenigen Minuten!
Ist ja auch kein Wunder, der Löwenzahn steht in voller Blüte!
Eine kurze Pause und schnell noch einige der schönen Pilze im Schatten fotografiert.
Und weiter geht es den Ostsee – Radwanderweg durch die etwas anspruchsvolle, hügelige Landschaft. Ja, das Land ist bei uns nicht nur Platt!
Ein Ansehnlicher Blätterpilz an Laubholz – Stubben. Fleischrötliche, frei stehende Lamellen, keine Scheide am Stielgrund und auch kein Ring oder Manschette am Stiel.
Die Hutoberfläche rehbraun gefärbt – es ist ein Rehbrauner Dachpilz (Pluteus atricapillus). Essbar, aber Geschmackssache!
Auch die junge Dame ist an Laubholz fündig geworden.
Auch wenn es oberflächlich betrachtet so aussieht, es sind keine Habichtspilze, sondern die im Frühjahr häufigen Schuppigen Porlinge (Polyporus squamosus). Solange sie zartfleischig sind, können sie gegessen werden und schmecken noch nicht einmal schlecht. Auf der Unterseite besitzen sie Poren, ein Habichtspilz hätte Stoppeln!
Ein Blick die Steilküste hinunter auf das seichte Ostseewasser. Leider ist es heute etwas dunstig.
Ein müder Pilzwanderer macht es sich unter einem Küstenbaum gemütlich. Mann ist ja nicht mehr der Jüngste!
Und eine Eidechse macht es ihm gleich, auf seiner Jacke, die ihm zu warm geworden ist.
Damit wären wir bei ein wenig Zoologie angelangt. Hier einige Fotos von unserem universal Naturgelehrten Christopher Engelhardt aus Lübeck. Es liegt so zu sagen auf der Hand, dass wir hier den Asiatischen Marienkäfer (Harmonia axyridis) sehen. Ein eingeschleppter Neubürger, der sich in den letzten Jahren oft massenhaft vermehrt hat, so Christopher Engelhardt.
Das warme und sonnige Wetter lockte heute, neben weiteren Insekten, auch diesen Aurorafalter (Anthocharis cardamines) hervor. Die Männchen sind an ihren orangen Flügelspitzen leicht kenntlich, so Chris Engelhardt.
Zu diesem Foto schreibt Chris: Auch einige Sandbienen schwärmten heute aus, wie zum Beispiel diese Graue Sandbiene (Andrena cineraria).
Häufig kreutzten heute Schwarzblaue Ölkäfer (Meloe proscarabaeus) unseren Weg. Sie erscheinen nur wenige Wochen im Jahr und sind allgemein selten. Sie brauchen einen sehr speziellen Lebensraum, denn ihre Larven parasitieren in den Nestern von Sandbienen, erläutert Chris sein Foto.
Einmal sahen wir auch den nächsten Verwandten des Schwarzblauen Ölkäfers, den Violetten Ölkäfer (Meloe violaceus). Er schimmert deutlich violett blau und ist auf dem Kopfschild viel feiner punktiert als sein Verwandter, kommentiert Christopher dieses Foto, das auch von ihm heute aufgenommen wurde.
Weiter geht es den Rad- und Wanderweg entlang. Er wird immer wieder von Morcheln und anderen Pilzen gesäumt. In erster Linie sind es nun Käppchen – Morcheln.
Um morschen Stubben herum büschelweise diese Tintlinge. Die glimmerigen Schüppchen sind zwar schon verschwunden, dennoch dürfte es sich sehr wahrscheinlich um Glimmertintlinge (Coprinus micaceus) handeln.
Im Falllaub und zwischen den frischen Kräutern einige Dunkelsporer. Es sind Frühlingsmürblinge (Psathyrella spadiceogrisea). Da es keine giftigen Mürblinge geben soll, könnten sie praktisch zu kulinarischen Zwecken Verwendung finden, was wir auch schon des Öfteren vollzogen haben. Aber bitte nur von Kennern! Sehr ähnlich können auch Düngerlinge aussehen, die durchaus leicht giftig wirken können!
Zumindest giftverdächtig dürfte das Frühlings – Samthäubchen (Conocybe aporos) sein.
Erwiesen giftig ist der Grünblättrige Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare), der hier büschelweise aus den Wurzeln von Schlehdorn heraus wuchs. Orangegelbe Hüte, schwefelgelbe Stiele, grünliche Lamellen und bitterer Geschmack ist die wichtigste Merkmalskombination dieses überaus häufigen Stubbenpilzes.
Käppchen – Morcheln (Mitrophora semilibera) säumten immer wieder unsere Wegstrecke. Sie stehen geschmacklich den wertvollen Speisemorcheln kaum nach, sind allerdings weniger ergiebig.
Käppchenmorcheln gehören (wie alle Morcheln) zu den Ascomyzeten, den Schlauchpilzen, weil sie ihre Sporen in Asci = Schläuchen ausbilden. Hier sieht man einige Asci mit Sporen darin. Zwischen dem dritten und vierten Sporenschlauch befindet sich eine keulig verdickte Paraphyse. Die Sporen der Käppchen Morchel sind um die 22-24 mal 13 – 15 Mikromillimeter groß, so Chris. Als Besonderheit haben sie meist einige kleine Öltröpfchen außen an beiden Enden der Sporenwand, was man auf dem Foto von Christopher Engelhardt gut sehen kann.
Die herrliche Wanderung nähert sich dem Ende.
Die schönsten Morcheln nochmal eindrucksvoll auf der Wiese platziert für ein Stimmungsfoto.
Ebenfalls zur Erinnerung an eine sehr schöne Frühlingswanderung unser Gruppenfoto am Strand von Steinbeck.
Aber wer nun glaubte, das war schon alles, schwer gefehlt! Während des Aufbruchs entdeckte unser Pilzfreund Stephan noch eine ganze Morchel – Plantage auf Rindenmulch. Schätzungsweise zwischen 150 und 200 Spitzmorchel (Morchella elata) lachten ihn an, wobei ein Teil allerdings schon überständig war. Foto: Ulrich Klein.
Danach füllte sich sein Korb sicher noch mit Berg, obwohl diese Speisemorcheln schon alleine eine phantastische Ausbeute darstellen.
Das war definitiv unsere Morchel Wanderung 2016!
Wann geht es wieder in die Pilze? – Siehe unter Termine!