Pilzwanderung mit einer 4. Klasse
Als ich gegen 09.00 Uhr an der Schule eintraf, erwarteten mich die Kinder bereits und konnten es kaum erwarten in den nahen Wald aufzubrechen.
Am letzten Schultag vor den Herbstferien, am Freitag, dem 21. Oktober 2016, war ich nochmals mit einer 4. Klasse der Schule am Rietberg in Neuburg, bei Wismar, zu einem Unterrichtsvormittag im Wald verabredet. Der Regen hatte aufgehört und die Luft war angenehm. Gerade richtig für eine kleine Pilzwanderung. Die großen Klassiker wie Maronen, Steinpilze oder Pfifferlinge waren zwar nicht vertreten, aber dennoch konnten die Schüler voller Freude allerhand Kobolde auf dem Waldboden oder an liegenden Baumstämmen und Stümpfen entdecken. Die große Frage, auch schon bei den kleinen, lautete immer wieder „Kann ich den Essen?“. Oft mussten sie leider ein nein hören, aber wenn aus meinen Lippen ein ja ertönte, kannte die Begeisterung keine Grenzen. Hier wie immer einige Bilder von heute.
Kaum das wir im Wald angelangt waren, wurden auch schon die ersten Exemplare entdeckt und kritisch beäugt. In diesem Fall von Andre Weidemann, dem Ehegatten der Klassenleiterin und mein früherer Schulkamerad. Bereits damals waren wir beide schon pilzbegeistert und fuhren in die Wälder um Moidentin und Neukloster. Andre zeigte und erläuterte mir beispielsweise meine erste Rotkappe, die wir damals beim Maronen Sammeln zufällig fanden. Heute war nun in vielen Fällen mein inzwischen tiefergründiges Fachwissen gefragt.
Bei den vielen Blättern auf dem Waldboden ist es gar nicht so einfach, die kleinen Hutträger zu entdecken.
Dieser sieht ja lustig aus, was könnte das wohl sein? Da muss auch ich erst einmal auf die Unterseite schauen.
Es ist ein Skerotien – Porling (Polyporus tuberaster). Wir finden ihn vom Frühling bis in den Herbst an Laubholz und ganz jung ist der sogar essbar. Ein Sklerotium ist ein vom Pilzgeflecht gebildeter, fester Klumpen, aus dem zu bestimmter Jahreszeit oder bei günstigen Bedingungen wieder neue Pilze (Fruchtkörper) wachsen können.
Hier muss doch gleich zugegriffen werden. So viele Pilze auf einmal! Es sind alles Büschelige Mürblinge (Psathyrella multipedata).
Davon möchte doch jeder etwas in sein Körbchen legen.
Ob die wohl essbar sind?
Die Mürblinge sind zwar nicht giftig, aber essen wollen wir sie auch nicht. Trotzdem freut sich das Mädchen sie in den Korb legen zu dürfen. In der Schule werden wir die Funde nochmals besprechen und durchsehen.
Welch ein Glück – der Fliegenpilz ist wirklich schön. Das er giftig ist, weiß schon jedes Kind. Das er aber auch ohne weiße Flocken auftreten kann, leider nicht. Der nächtliche Regen hatte diese abgespült.
Viele kleine Helmlinge, so wie diese Gefleckten Helmlinge (Mycena maculata), Mürblinge, Tintlinge und Schwindlinge bevölkerten heute den Waldboden, oder so wie hier, einen alten Eichen – Stubben. Sie gehören zu den Müllwerkern des Waldes und Leben von abgestorbenen, organischem Material, das sie im laufe der Zeit abbauen und in für die Natur wertvollen Humus umwandeln.
Zu ihnen gehört auch der markante Langstielige Knoblauchschwindling (Marasmius alliaceus). Hier ist es ein besonders großes Exemplar, worauf der Finder entsprechend Stolz war. Er riecht beeindruckend stark nach Knoblauch und die Hüte können als interessante Geschmackskomponente beispielsweise eine Pilzsuppe bereichern.
Besonders auf der Hutunterseite ist der starke Knoblauchgeruch wahrzunehmen. Grundsätzlich sollte der Geruchstest immer an der Unterseite der Fruchtkörper, bei einigen Arten an der Stielbasis oder einer Reibefläche durchgeführt werden. Auch das Aufschneiden des Pilzes kann helfen. Bei manchen Arten offenbart sich ihr spezieller Geruch allerdings erst beim trocknen.
Dieser kleine, gebrechliche Tintling (Coprinus spec.) besteht nur aus Haut und Knochen. Versteht sich von selbst, dass er für die Pfanne untauglich ist.
Hier hat vor gar nicht langer Zeit der Förster eine alte Buche gefällt und den Stumpf stehen gelassen. Der muss nun irgendwann mal weg. Dabei helfen viele Pilze, die nach und nach an ihm wachsen werden. Eine Pilzgeneration löst die nächste ab. Die Buckel – Tramete, ein Porling, macht den Anfang. Sind für ihn nicht mehr genügend Nährstoffe vorhanden, macht er Platz für die nächste Pilzart. Das geht solange, bis der Stubben verschwunden ist. Wer das mal beobachten möchte, kann sich einen Stumpf merken und von Jahr zu Jahr besuchen. Sozusagen eine Baumstumpf – Pilzpartnerschaft übernehmen. Das wird sicherlich spannend!
Auch der Hallimasch (Armillaria spec.) zählt zu den Pilzen, die den Wald aufräumen. Er kann aber auch zum Parasiten werden und Bäume krank machen. Daher sieht der Förster ihn nicht so gerne, aber der Pilzsammler freut sich. Wächst er doch oft in großen Mengen und schnell ist der Korb gefüllt, denn er schmeckt sehr gut! Roh darf er aber nicht gegessen werden, dann ist er giftig.
Genau so wie der Grünblättrige Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare). Er ist aber auch gekocht noch giftig und schmeckt außerdem sehr bitter!
Als wir wieder am Eingangstor der Schule ankamen, fiel uns im Rasen davor ein dunkelgrüner Kreis auf. Den Gräsern geht es hier offensichtlich besser als ringsherum. Verantwortlich sind auch hier Pilze. Man nennt diese Kreise Hexenringe, weil man früher glaubte, nächtlich im Kreis tanzende Hexen hätten hier ihre Spuren hinterlassen. Heute weiß man, dass dafür Pilze verantwortlich sind, die zwar nicht zu sehen waren, aber irgendwann wieder erscheinen werden.
Im Klassenzimmer wurden die Ausbeute nochmal auf der Schulbank geordnet und vorgestellt.
Ich hoffe und denke, es hat allen viel Spaß gemacht und für das zukünftige Leben hoffentlich auch etwas bleibendes hinterlassen. Ich wünsche euch alles Gute und denkt immer daran, Pilze sind nicht nur zum Essen da, sie sind vielmehr ganz wichtig im Gefüge der Natur und ohne Pilze geht es nicht. Auch für uns Menschen sind sie in jeder Hinsicht unverzichtbar und verdienen geachtet zu werden, egal ob essbar, ungenießbar oder giftig!
Individuelle Pilzwanderungen, nicht nur für Schüler, können jederzeit mit dem Steinpilz – Wismar vereinbart werden.