Öffentliche Pilzlehrwanderung
Sie führte durch die Redentiner Tannen
Die Redentiner Tannen am heutigen Wandertag. Laub- und Nadelwald, aber Tannen gibt es hier kaum, allenfalls Kiefern, Fichten und Lärchen. Als Tannen werden im Volksmund allgemein Nadelwälder bezeichnet. Und in den meisten „Tannen“ gibt es auch Laubwaldbereiche, genauso wie hier.
Zur letzten Pilzwanderung des Jahres lud der Steinpilz – Wismar am Sonnabend, dem 19. November 2016, wieder sehr herzlich ein. Treff war um 09.00 Uhr auf dem schmalen Parkplatz am ZOB, in der Wismarer Wasserstraße, Ecke Koppenhagener Straße. Nach kurzer Begrüßung fuhren wir von hier aus mit den vorhandene Autos in Richtung Insel Poel, bis zur Ortschaft Groß Strömkendorf. Ziel unserer heutigen Pilzwanderung waren die Redentiner Tannen oder auch der Großherzogliche Forst Farpen, wie er früher genannt wurde. Weitere Interessierte, die nicht erst nach Wismar kommen wollten, fanden sich gegen 09.30 Uhr auf dem Parkplatz am Schäfereck in Groß Strömkendorf ein, um sich uns anzuschließen. Sie kamen beispielsweise aus Lübeck, Bargteheide, Boinsdorf, Schwerin und sogar aus dem Brandenburgischen! Da wir bis Krusenhagen wanderten, mussten zunächst noch möglichst viele Fahrzeuge dorthin umgesetzt werden. Dieses Waldgebiet war in den 1970er und 1980er Jahren mein Hauswald. Nicht weit von der Hansestadt Wismar entfernt, war es auch per Fahrrad schnell erreichbar. Besonders im Sommer und Herbst gab es hier so beliebte Speisepilze wie Pfifferlinge, Steinpilze und Birkenpilze zeitweise in großen Mengen. In keinem anderen Waldgebiet habe ich zur damaligen Zeit mehr Steinpilze ernten können als hier. Steinpilze und Pfifferlinge waren heute zwar nicht mehr dabei, aber trotzdem konnte noch allerhand gefunden werden, was zum Teil ohne fachmännische Begleitung nicht in die Sammelbehältnisse der meisten Teilnehmer gelegt worden wäre. Die Tour dauerte bis zum frühen Nachmittag. Hier wie immer einige Bilder:
Vom ländlichen Hotel Schäfereck in Groß Strömkendorf aus, direkt vor den Toren der Ostseeinsel Poel, starteten wir zu unserer letzten Pilzwanderung des Jahres.
Und dazu lachte sogar die Sonne.
Der Blaue Träuschling (Stropharia caerulea), ein naher Verwandter des Grünspan – Träuschlings, ist im Mischgericht essbar. Er unterscheidet sich von letzterem durch den unberingten Stiel, mehr bräunliche Lamellen ohne weißliche Schneiden und den eher blauen als spangrünen Farben am Fruchtkörper.
Die Lamellen des köstlichen Rosablättrigen Helmlings (Mycena galericulata) verfärben sich erst recht spät schön rosa. Bitte nicht Verwechseln mit dem leicht giftigen Rosa – Rettichhelmling.
Der schwach giftige Gelbe Knollenblätterpilz (Amanita citrina) in seiner weißen Form hat durch den vorangegangenen Frost schon sehr gelitten. Er war sehr weich und wässrig.
Noch schlimmer hat es diesen jungen und mastigen Maronen – Röhrling (Xerocomus badius) erwischt. Er war ebenfalls sehr weich, im Fleisch völlig glasig und vollkommen mit Wasser vollgesogen. Derartige Pilze dürfen auf keinen Fall mehr gegessen werden. Vergiftungsgefahr!
Immer wieder wird über die Fundstücke bei besonders interessierten Pilzfreunden diskutiert und philosophiert.
So auch um diese kleinen Amiant – Körnchenschirmlinge (Cystoderma amiathinum). Sie sollen zwar essbar sein, haben aber einen etwas aufdringlichen, fast stechenden Geruch, der nicht gerade Appetit anregend ist.
Am Wegesrand unter Eichen und Kiefern wuchsen die beiden einzigen Täublinge der heutigen Wanderung. Es sind ungenießbare Wechselfarbige Spei – Täublinge (Russula fragilis).
Hier eine Mikroaufnahme von Christopher Engelhardt. Die Größenordnungen der Cheilo – Zystiden sprechen für Russula fragilis.
Hier die kugeligen, netzartig ornamentierten Sporen des Täublings: Foto: Chris Engelhardt.
Der schwere Schneefall in der vergangenen Woche hat in unseren Wäldern zu erheblichem Schneebruch geführt. Immer wieder liegen kleinere und größere Äste entweder direkt auf dem Weg oder im Waldesinneren.
Ganze Wände von Rundholz lagern hier entlang der Waldwege. Ein Zeugnis vom immer massiver werdenden Holzeinschlag in unseren Wäldern. Obwohl Wälder ist eigentlich falsch, es sind eben Forste!
Da das Holz offensichtlich schon eine ganze weile hier lagert, haben sich inzwischen ganze Scharen von Pilzen darüber hergemacht, denn sie wollen für Ordnung sorgen und das Totholz entsorgen und nach ihren Bedingungen dem Stoffkreislauf der Natur zuführen. Um so interessanter für uns.
Wie praktisch, wenn man ein Stativ mit biegsamen Beinen hat.
Hier sind es Gallertfleischige Krüpelfüßchen (Crepidotus mollis) die sich über das Lagerholz hergemacht haben.
Und hier Violette Knorpelschichtpilze (Chondrostereum purpureum) und ein junger Samtfuß – Winterrübling (Flammulina velutipes), der sich seinen Platz in der Übermacht der Schichtpilze erkämpft.
Es handelt sich hier um Pappelholz. Es wird vom Violetten Knorpelschichtpilz besonders geliebt und der Pappel – Schüppling (Pholiota destruens) ist nur auf dieses Substrat spezialisiert. Wie die wissenschaftliche Bezeichnung schon vermuten läßt, ist er für sein Zerstörungswerk bekannt (destruens = zerstörend).
Auch der Orangerote Kammpilz (Phlebia radiata) hat es sich hier gemütlich gemacht. Foto: Christopher Engelhardt.
Der nächste Stapel wartet mit Eichenholz auf. Ein gefundenes Fressen für den dekorativen Schmutzbecherling (Bulgaria inquinans).
Um an gute Fotos von ihm zu gelangen sollte man recht sportlich sein. Diese Voraussetzungen erfüllt Christopher Engelhardt nahezu spielerisch. Wie man sieht haben sich über die Eichen – Stämme nicht nur Schmutzbecherlinge hergemacht, sondern auch schon zahlreiche Schichtpilze. Täglich entwerten sie das Holz ein Stückchen mehr, welches offensichtlich noch der Nutzung zugeführt werden soll. Das es bereits länger hier liegt zeigt sich auch am Moos – Besatz.
Durch diese hohle Gasse muss er kommen um auf die Waldlichtung zu gelangen.
Immer wieder war auch Hallimasch dabei. Hier sehen wir ein Büschel noch junger Gelbschuppiger Hallimasch (Armillaria bulbosa). Die linken Fruchtkörper haben noch Frost abbekommen und sind dunkel – glasig verfärbt. Die rechten, helleren Pilze, kamen frisch am bemoosten Stubben heraus und sind unversehrt. Guter Speisepilz, roh giftig und Vorsicht bei den Frostgeschädigten!
Nahezu monströse Größen nahmen bei dem feuchten Wetter die Goldgelben Zitterlinge (Tremella mesenterica) an.
Auch Schichtpilze leben derzeit so richtig auf. Hier sind es Samtige Schichtpilze (Stereum subtomentosum) an einem Birken – Ast.
Neben dem Austern – Seitling ist der Samtfuß – Winterrübling (Flammulina velutipes) der beste Speisepilz der Wintermonate. Durch seine gelborangen, oberflächlich fettig glänzenden Hüte und dem schwarzbraun – samtigen Stiel kaum mit anderen Arten zu verwechseln. Er besitzt ein vorzügliches Aroma.
Lang ist die Wandergruppe auseinander gezogen. Der Himmel ist blau und die Sonne lacht, gar nicht so Novemberhaft!
Der Gelbstielige Muschelseitling (Sarcomyxa serotina) kann leicht mit dem Austern – Seitling verwechselt werden. Dieser besitzt aber keine gelbgrünlichen Färbungen auf Hut und Stielansatz. Gezeigte Art ist minderwertig und kann bitter schmecken.
Hier sind es fachgerecht geerntete Dunkle Hallimasch (Armillaria obscura) die einen kleinen Spankorb füllen. Auch sie haben etwas Frost abbekommen, was an den glasigen Schnittstellen gut zu erkennen ist. Solange sie aber druckfest sind, können sie gegessen werden.
Ein Unterstand mit Sitzgelegenheit, den sich hier die Jägerschaft offensichtlich eingerichtet hat, lädt zum Picknick ein.
Eine Gruppe von wunderschönen Blut – Helmlingen (Mycena haematopus) hat es sich auf einem Laubholzast gemütlich gemacht. Ungenießbar.
Der Beringte Buchen – Schleimrübling (Oudemansiella mucida) wächst an Buchenholz und benötigt eine gewisse Luftfeuchtigkeit. Daher auch gerne in feuchteren Auenwäldern, Bachtäler oder Seeuferbereichen. Heute war er allerdings mitten in einem relativ trockenen Waldgebiet. Der glasig – weiße Pilz lohnt kaum zum Essen. Der Stiel ist hart und vom Hut würde nur ein schleimiges Etwas übrig bleiben, dass obendrein wohl noch geschmacklos sein dürfte.
Der Violette Rötel – Ritterling (Lepista nuda) ist ein guter Speisepilz mit etwas süßlichem Aroma. Gut durchgaren, denn roh ist er giftig!
Der Mäuseschwanz – Rübling (Baeospora myosura) war heute einer der häufigsten Großplize. Wir finden ihn an Fichten- und Kiefernzapfen. Ungenießbar.
Der Gelbknollige Sklerotienrübling (Collybia cookei) ist ein kleiner, leicht zu übersehender Blätterpilz, der oft aus einem Sklerotium heraus wächst.
Hier das gelbe Sklerotium in starker Vergrößerung. Sklerotien werden von einigen Pilzarten angelegt. Aus diesen können bei günstigen Bedingungen immer wieder neue Fruchtkörper heraus wachsen. Sklerotien – Rüblinge sind oft in der Nähe alter, mumifizierter Großpilze anzutreffen. Foto Chris Engelhardt.
Regelrecht schon winzig und sehr filigran mutet der Buchenblatt – Helmling (Mycena capillaris) an. Seine Hütchen erreichen etwa einen Durchmesser von 3 mm. Sie sitzen auf recht langen, fadenartigen und glasigen Stielen alten Buchenblättern auf. Foto: Christopher Engelhardt.
Der Kegelige Helmling (Mycena metata) ist ein häufiger Pilz, besonders im Spätherbst in streureichen Nadelwäldern. Foto: C. Engelhardt.
Hier sehen wir eine seiner charakteristischen, aufgeblasenen Cheilo – Zystiden, die wir auf der Huthaut finden. Foto: C. Engelhardt.
Der Große Zystiden Kammpilz (Phlebiopsis gigantea) ist oft großflächig an Nadelholz zu finden. Insbesondere auch an Stapelholz. Seine weiche Konsistenz erinnert etwas an Schleimpilze. Bestimmer und Fotograf ist auch hier Chris Engelhardt.
Auch diese Art legte uns Chris unter das Mikroskop. Hier beeindrucken die großen, kristalschopfigen Lamprozystiden.
Das Gruppenfoto unserer letzten Wanderung in diesem Jahr. 19. November 2016 in den Redentiner Tannen. Foto: Christopher Engelhardt.
Wann geht es wieder in die Pilze? – Siehe unter Termine!