Öffentliche Pilzlehrwanderung
Sie führte durch den Forst Farpen bei Neuburg
Aufbruch in die neue Pilzsaison. Es geht die Stufen des Burgwalls hinauf.
Wie man sieht, es war kein Aprilscherz. Die Winterpause lag hinter uns und die neue Saison begann gleich pünktlich mit der ersten öffentlichen Wanderung des Jahres. Die Erwartungen waren nicht all zu hoch angesetzt und das war auch gut so, denn um so freudiger waren wir überrascht, dass doch schon einiges an Frischpilzen erschienen war. Für diejenigen, die nicht nur kulinarische Ambitionen mit einer Pilzwanderung verbinden, gibt es immer etwas interessantes zu entdecken. So geht es auf unseren Wanderungen nicht vordergründig um den Kochtopf, vielmehr soll die heimische Pilzflora etwas näher beleuchtet und die große Aufgabe, die das Reich der Pilze im Gesamthaushalt der Natur zu erfüllen hat, heraus gestellt werden. Leider belächeln viele Zeitgenossen Pilze nur von oben herab, ohne das ihnen bewußt wäre, dass diese vielseitigen Organismen die eigene Existenz erst ermöglichen. Pilze sind weit mehr als nur essbar, ungenießbar oder giftig! Ihnen kommt eine fundamentale Bedeutung im Naturhaushalt zu und jeder von uns ist täglich von ihnen abhängig. Ein weiterer Aspekt einer geführten Wanderung ist die Erlangung von mehr Sicherheit im Umgang mit heimischen Wildpilzen, um dadurch eventuelle gesundheitliche Schäden zu vermeiden und vieleicht auch ganz besondere Leckerbissen kennenzulernen, an die man sich als Laie sonst nicht heran getraut hätte. Jede Jahreszeit hat ihre spezielle Myko – Flora. Wer mit uns durch das Pilzjahr wandert, wird auch in diesem Jahr sicher wieder einiges geboten bekommen. Hier einige Impressionen von heute.
Die ersten Pilze, die uns unter kamen, waren Judasohren (Hirneola auricula – judae). Besser konnte der Einstieg in das neue Pilzjahr kaum ausfallen, denn dieser beliebte Speisepilz, dem auch gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden, ist der Pilz des Jahres 2017!
Wenig später, am Wegesrand zu einem Fichtenbestand, richtige, ansehnliche Blätterpilze mit Hut und Stiel. Der Frühlings – Weichritterling (Melanoleuca cognata) wächst im März und April und dann auch wieder im Herbst unter oder in direkter Nähe zu Nadelbäumen. Im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern seiner Gattung lässt er sich relativ leicht bestimmen. Die beige bis cognacfarbenen Lamellen sind gute Unterscheidungsmerkmale zu anderen Weichritterlingen, die meist ein grauweißliches Fruchtlager aufweisen. Essbar und am Standort fotografiert.
Gleich neben den ansehnlichen Weichritterlingen und leicht zu übersehen, ein kleiner, zarter und gebrechlicher Mürbling. Es könnte sich um den Wegzärtling oder auch Weißschneidigen Strohdung – Mürbling (Psathyrella prona). Eine häufige Art. Wächst vom Frühling bis zum Spätherbst an Wegrändern, einzeln oder sogar büschellig. Auch auf Grasplätzen, Äckern, Gärten, Parks. Gern auch auf altem Stroh und Mist. Auch bei den Mürblingen sind keine Giftpilze bekannt, allerdings bei den nah verwandten Düngerlingen und Kahlköpfen!
Häufig ist auch das Flächige Eckenscheibchen (Diatrype stigma) an Laubholzästen, auf denen es flächige Überzüge bildet, von rotbrauner bis schwarzer Färbung. Es gehört zur den Pyrenomyceten, die ihrerseits zu den Schlauchpilzen gerechnet werden. Also irgendwie verwandt mit unseren Morcheln und Lorcheln.
Frische Fruchtkörperkonsolen des Angebrannten Rauchporlings (Bjerkandera adusta). Die Porenschicht auf der Unterseite ist charakteristisch rauchgrau gefärbt. Der häufige Porling besiedelt sowohl Laub-, wie auch Nadelholz.
Auf alten, verrottenden Fichtenzapfen finden wir vom Herbst bis zum Frühling mitunter in großen Mengen den Fichten – Zapfenrübling (Strobilurus esculentus). Wie der wissenschaftliche Name vermuten lässt, handelt es sich um einen Speisepilz. Aber nicht immer kann der Übersetzung des wissenschaftlichen Namens getraut werden. Die giftige Frühjahrslorchel führt ebenfalls die Bezeichnung esculentus in ihrem Namen!
Besagte Art war dann auch nicht mehr weit. In einem Jungfichtenforst standen etliche Exemplare der vermeintlich essbaren Gift- oder Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta). Das flüchtige Toxin kann bereits bei warmem Wetter und bei intensiver Sonneneinstrahlung beginnen zu verdunsten. Das erklärt auch die potentielle Gefährlichkeit dieses in Finnland und Russland immer noch geschätzten Speisepilzes, der in Deutschland zu den gefährlichsten und im schlimmsten Fall sogar tödlichen Giftpilzen gerechnet wird. Standortfoto.
Ulrich Klein in Gesellschaft etlicher Gift – Lorcheln.
Und gleich der nächste tolle Fund. Ein vorjähriges Exemplar des Kamm – Erdsterns (Geastrum pectinatum). Eine der selteneren Erdsternarten in unserer Region. Die Fundorte sind sehr zerstreut.
Auch die Scheibenlorchel (Gyromitra ancilis) durfte hier natürlich nicht fehlen. Die Fruchtkörper ähneln eher Becherlingen als herkömmlichen Lorcheln mit deutlich abgesetztem Stiel- und Kopfbereich. Sie besiedelt mulmiges Holz von Kiefern und Fichten. Roh giftig, gut erhitzt essbar.
Der Winterstielporling (Polyporus brumalis), mit seinen weit geöffneten Poren, wird nun bald vom engporigen Maistielporling abgelöst. Ungenießbar.
Die Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon) wird nun auch bald verschwinden, um im Spätherbst wieder massenhaft an Laubholz zu erscheinen.
Die Rotbraune Kohlenbeere (Hypoxylon fragiforme) besiedelt ganzjährig totes Laubholz, insbesondere von Rotbuchen.
Bestimmungsarbeit im Feld.
Schönes Stimmungsfoto eines jungen Graublättrigen Schwefelkopfes (Hypholoma capnoides).
Der Graublättrige Schwefelkopf (Hypholoma capnoides) zählt zu unseren schmackhaftesten Speisepilzen. Auch er stellt sein Wachstum in Kürze ein. Ab Oktober dürfen wir ihn dann wieder an Nadelholz – Stubben erwarten.
Es gibt aber auch Pilzarten, die eignen sich bestens zu Schreibübungen. Zu ihnen gehört der Flache Lackporling.
Und zum Schluss waren noch wenige, kleine Morchelbecherlinge (Disciotes venosa) an einer Weg – Böschung zu bewundern. Beeindruckend ist ihr Chlorgeruch, welcher bei der Zubereitung allerdings verschwindet. Er stellt, gut durchgegart, einen zarten und schmackhaften Frühlingspilz dar, der nah mit den beliebten Morcheln verwandt ist.
Und das war die 10 – köpfige Truppe, die heute mit einer Pilzwanderung durch die Forst Farpen die Pilzsaison 2017 eröffnete.
Wann startet die nächste Wanderung? – Siehe unter Termine!.