Öffentliche Pilzwanderung
Es ging durch die Friedrichsthaler Forst
Der Friedrichsthaler Forst am heutigen Sonnabend. Die Buchen und Eichenwälder sind vielfach auch mit Altkiefern und Fichten durchmischt und besonders zu den Hängen des Neumühler Sees ist bei günstigen Bedingungen eine für unsere breiten enorme Artenvielfalt vorhanden.
Mitten im Hochsommer statteten wir heute einem der besten und vielseitigsten Pilzreviere in Westmecklenburg einen Besuch ab. Dem Friedrichsthaler Forst bei Schwerin – Neumühle. Im Zentrum des Laub- und Nadelwaldes befindet sich der langgezogene Neumühler See. Besonders dessen Hangterrassen sind aus mykologischer Sicht sehr interessant. Neben gängigen Speisepilzen wie Steinpilzen und Maronen finden wir hier beispielsweise auch Semmelporlinge, die in unserer Region eine absolute Rarität darstellen. Auch seltene Korallen – Pilze, Stachelpilze und auch interessante Röhrlinge wie beispielsweise der Glattstielige Hexen – Röhrling sind hier zu hause. Auch heute überzeugte uns dieses Revier wieder. Es war eine für die Jahreszeit schon sehr vielfältige Pilzflora vorhanden, mit reichlich Sommer- und auch Herbstarten. Einiges möchte ich in diesem Rückblick mit einbinden, alles würde aber den Rahmen sprengen. Hier also einige Impressionen von unserer sehr gut besuchten Wanderung. Übrigens konnten wir auch Vertreter des Rehnaer Pilzvereins in unserer Mitte begrüßen, angeführt natürlich von ihrem Vorsitzenden Diplom – Biologe Torsten Richter.
Zu Beginn, wie so oft, eine kleine Einführung und Vorstellung bereits mitgebrachter Pilzfunde. Foto: Erika Wittenhagen.
Wir starten.
Hier sehen wir zwei wichtige Vertreter der Rettich – Helmlingsgruppe. Links die helleren Rosa – Helmlinge (Mycena rosea) und rechts die düsteren Schwarzschneidigen Rettichhelmlinge (Mycena peliathina). Rettichhelmlinge sind schwach giftig und riechen alle rettichartig.
Christopher Engelhardt aus Lübeck demonstriert eine Möglichkeit zur Erkennung des Flachen Lackporlings.
Man kann auf der grauweißen Porenunterseite schreiben. Der Fruchtkörper war aber leider zu klein, um meinen ganzen Vornamen darauf unter zu bekommen.
Gern längst der Waldwege, also ein typischer Wegrandpilz, ist der häufige Gelbbräunliche Trichterling (Clitocybe gibba). Er ist essbar, aber Vorsicht! Trichterlinge sollten nur von Kennern zum essen gesammelt werden, da es einige stark Muskarin haltige und somit giftige Arten gibt!
In der Nadelstreu der Fichten wuchsen auch einige Champignons. Dieser verfärbte sich stark gelb und roch deutlich anisartig. Das starke gilben ist typisch für den Dünnfleischigen Anis – Champignon (Agaricus silvicola). Der leckere Speisepilz ist ausschließlich im Wald oder zumindest unter Bäumen anzutreffen.
Neben dem allseits bekannten Violetten Lacktrichterling war heute auch der gleichfalls häufige Fleischrote Lacktrichterling (Laccaria laccata) vertreten. Lacktrichterlinge oder auch Bläulinge genannt, dürfen ein Mischpilzgericht bereichern. Für Kenner – es handelt sich hier nicht um Laccaria bicolor, auch wenn das durch die auf dem Foto blaugrüne Stielbasis so erscheinen mag.
Ein noch junges Exemplar des Wurzel – Schleimrüblings (Xerula radicata). Der Hut ist nicht nur schleimig, sondern auch gerunzelt und die Stielbasis geht meist in eine bis zu einem halben Meter lange Pfahlwurzel über, die aber oft abreißt. Die Hüte dieses leicht kenntlichen Blätterpilzes sind essbar.
Jürgen, Erika und Christopher begutachten einen Grauen Wulstling.
Steil stürzen die Hänge zum Neumühler See ab. Gerade hier sind aber oft die interessantesten Pilzarten zu finden. Allerdings gehört dann auch ein wenig Kondition und bergsteigerische Erfahrung dazu, will man nicht unfreiwillig ein erfrischendes Bad in diesem auch im Hochsommer immer kühlen Waldsee nehmen.
Kleine Verschnaufpause für die uns begleitenden Vierbeiner.
Hier noch einmal der schwach giftige Rosa – Helmling (Mycena rosea) in einer ungewöhnlich verwachsenen Form.
Der Hornstiel – Schwindling (Marasmius cohaerens) wurde standesgemäß von Jürgen Horn entdeckt. Ockergelblicher Hut und recht langer, hornartig steifer Stiel, der oben weißlich und nach unten zu in dunkelrotbraun übergeht und striegelig filzig mit dem Substrat verwachsen ist. Wir finden ihn hauptsächlich in Nadelwäldern und er gilt als ungenießbar.
Der Gelbe Knollenblätterpilz (Amanita citrina) zeichnet sich durch seine dicke, abgesetzte Stielknolle und den muffigen Kartoffelkeller – Geruch aus. Er ist sehr häufig, vor allem im Herbst, in Laub- und Nadelwäldern zu finden. Sein Giftstoff Bufotenin richtet beim Verzehr keine Schäden im Körper an und er ist also harmlos. Er schmeckt aber nicht und muss wegen Verwechslungsgefahr mit dem Grünen Knollenblätterpilz gemieden werden.
Hier beide im Vergleich. Links der harmlose Gelbe Knollenblätterpilz (Amanita citrina), rechts der tödliche Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides). Er soll gut schmecken und riecht angenehm honigartig! Die letale Dosis für einen gesunden, erwachsenen Menschen liegt bei etwa 50g Frischpilzmasse. Wir finden den Mörder unter Eichen, Buchen, Fichten und Linden.
Einer der farbenfreudigsten einheimischen Großpilze ist der Rote Heringstäubling (Russula xerampelina). Er wächst unter Kiefern, sein Fleisch neigt zum bräunen und der Geruch ist besonders in der Stielbasis im Zusammenspiel mit der Handwärme fischartig nach Heringslake. Essbar, der Geruch soll sich bei der Zubereitung verlieren.
Chris Engelhardt bringt sich und die Kamera in Stellung für ein Standort – Foto vom Blaugrauen Wolkentäubling.
Namensgebend ist die Hutfarbe, die an Schlechtwetterwolken oder Sturmwolken erinnert. Der häufige und essbare Täubling (Russula parazurea) wächst unter Laubbäumen, ganz besonders unter Eichen.
Der große und markante Samtfuß – Krempling (Paxillus atrotomentosus) wächst an alten Fichtenstubben. Sein Kochwasser soll sich blau färben, er ist aber kein schmackhafter Pilz und an ihm sollte sich lieber das Auge satt sehen.
Übrigens gehören Kremplinge trotz ihrer Lamellen zu den Röhrlingen und können daher auch vom Goldschimmel befallen werden. Hier ist es aber ein Filzröhrling und der Parasit hat inzwischen sein Reifestadium erreicht, was die namensgebende Gelbverfärbung anzeigt.
Ein junger und noch wenig aussagekräftiger sowie schwach giftiger Seifen – Ritterling (Tricholoma saponaceum). Zusammen mit dem Schwefelritterling kündigte er heute bereits den Herbst an.
Noch ist der Schirm geschlossen, der Regen setzte erst später ein. Trotzdem natürlich ein freudiger Fund für den Kochtopf. Riesenschirmpilz (Macrolepiota procera).
Die großen, robusten Leder – Täublinge zeichnen sich durch die schon bald ockergelben Lamellen und dem milden Geschmack aus. Sie gelten als hervorragende Speisepilze. Hier sehen wir den Braunen Ledertäubling (Russula integra), den wir unter Kiefern finden können.
Ausschließlich unter Eichen wächst der im Hut etwas gezonte, weiße, milde Milch absondernde Eichen – Milchling (Lactarius quietus). Als Mischpilz kann er Verwendung finden.
Besser ist da schon die Gruppe der Edelreizker mit ihrem rötlichen Milchsaft. Hier sehen wir den etwas bitterlich schmeckenden Fichten – Reizker (Lactarius deterrimus). Scharf gebraten ist er dennoch recht ordentlich, zumindest für den jenigen, der es etwas deftiger liebt.
Ein etwas verwachsenes Exemplar des Blassen Laubwald – Pfifferlings (Cantharellus pallidus).
Neben Steinpilzen waren heute auch einige Exemplare des Flockenstieligen Hexen – Röhrlings (Boletus luridiformis) vertreten und konnten in die Körbe der Feinschmecker gelegt werden.
Gleich drei verschiedene Steinpilz – Arten waren vertreten, wann hat man das schon mal! Hier sehen wir den häufigen Sommersteinpilz (Boletus reticulatus), den wir von Mai bis Oktober ausschließlich unter Laubbäumen wie Eichen und Buchen, ganz selten auch unter Linden finden können.
Der Echte Steinpilz ist von Juni bis November unter Fichten, Buchen, Eichen und Kiefern zu finden. Dadurch ist er die häufigste Steinpilz – Art und kann in Wuchs und Färbung recht unterschiedlich sein.
Ein mit Abstand seltenerer Vertreter dieser Gruppe ist der Rothütige- oder Kiefern – Steinpilz (Boletus pinophilus). Wie der Name schon sagt, finden wir ihn in der Regel unter Kiefern. Trotz großer Kiefern – Areale ist dieser Steinpilz in Mecklenburg eher eine Rarität. Er wächst von Mai bis Oktober und ist durch seine rotbraunen Hut- und Stielfarben gut charakterisiert.
Die Dreifarbene – Koralle (Ramaria formosa) ist giftig, gehört aber zu den besseren, weil selteneren Funden der heutigen Wanderung. Foto: Torsten Richter.
Den Scharfblättrigen Schwarztäubling (Russula acrifolia) treffen wir in Buchenwäldern auf besseren Böden an. Ungenießbar. Foto: Torsten Richter.
Der schmackhafte Trompeten – Pfifferling (Cantharellus tubaeformis) ist in unserem Breiten gegenüber den herkömmlichen Eierschwämmen als Speisepilz weniger bekannt. In Skandinavien ist er allerdings ein Kultpilz und ihn dürfte dort fast jedes Kind als Speisepilz kennen. Foto: Torsten Richter.
Ganz zum Schluss wurde es nochmal richtig interessant für Christopher Engelhardt und Torsten Richter. Auf Sägespänen haben sich verschiedene Arten angesiedelt, so kleine Tintlinge und Ascomyceten.
Da braucht es schon ein gutes Auge, um die Winzlinge, die immerhin noch zu den Großpilzen zählen, zu entdecken.
So zum Beispiel erreicht der Derbstachelige Rundsporschildborstling (Scutellinia crinita) nur weniger Millimeter im Durchmesser. Da es weitere, augenscheinlich sehr ähnliche Vertreter der Gattung gibt, muss mikroskopiert werden, um die Art sicher ansprechen zu können. Standortfoto: Chris Engelhardt.
Hier das zugehörige Sporenbild. Gut sind auch die Schläuche zu erkennen, in denen die Sporen gebildet werden und bei Reife durch mechanische Reize als mitunter gut sichtbare „Dampfwolke“ ausgeschleudert werden. Foto: Chris Engelhardt.
Hier noch die Wimpernhaare am Rande der Fruchtkörper unter dem Mikroskop, die bis zu 1 000 Mikromillimeter lang sein können, septiert und mehrfach verwurzelt sind. Foto: Chris Engelhardt.
Geradezu riesige Apothezien kann hingegen der Buchenwald – Becherling (Peziza arvernensis) ausbilden. 10 cm Durchmesser sind keine Seltenheit. Foto: Christopher Engelhardt.
Auch zu dieser Art hat Chris uns ein schönes Mikrofoto angefertigt. Typisch für den Buchenwald – Becherling, so schreibt er, sind die feinwarzigen Sporen. Rechts unten im Bild noch ein Hinweis auf die Sporengröße.
Auch diese schönen Hasenpfoten (Coprinus lagopus), die zu den Tintlingen gehören, wuchsen auf diesem Sägemehl – Standort, Foto: Christopher Engelhardt.
Aber auch richtige Großpilze befinden sich im Sammelkorb des Rehnaer Pilzvereins. Sie werden im dortigen Schaukasten ausgestellt, der im Zentrum Rehna´ s direkt an der B 104 aufgestellt wurde.
Zum Schluss noch eine kleine Stärkung mit Kaffee und Kuchen, serviert von unserer Pilzfreundin Monika Peter, Mitte links. Dafür ganz herzlichen Dank!
Unser Erinnerungsfoto. Leider waren nicht mehr alle dabei, denn bei so einer großen Gruppe gibt es immer einige Pilzfreunde, die vorzeitig, teils auch wegen terminlichen Verpflichtungen, abbrechen müssen. 22.Juli 2017 im Friedrichsthaler Forst.
Wann startet die nächste Wanderung? – Siehe unter Termine!